Zwei Wegweiser mit Zeitvertrag und Festanstellung
Der Anteil befristeteter Neueinstellungen in Thüringen war im vergangenen Jahr so gering wie zuletzt 2010. Bildrechte: MAGO/Steinach

Wissen-News Personalmangel: Nur noch ein Viertel der Neueinstellungen in Thüringen befristet

05. November 2024, 09:51 Uhr

Eine Studie hat gezeigt, dass der Anteil der befristeten Neueinstellungen in Thüringen so gering ist wie zuletzt 2010. Grund sei der Personalmangel im Freistaat.

In Thüringen ist der Anteil befristeter Jobs bei Neueinstellungen einer Studie zufolge gesunken. Von den im ersten Halbjahr 2023 eingestellten Arbeitskräften erhielten rund ein Viertel – 27 Prozent – einen befristeten Arbeitsvertrag, wie aus einer vom Thüringer Arbeitsministerium veröffentlichten Untersuchung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervorgeht. Dies sei der niedrigste Wert seit 2010. Das Nürnberger Forschungsinstitut der Agentur für Arbeit sieht einen Zusammenhang zum Arbeits- und Fachkräftemangel. Dieser stärke die Verhandlungspositionen von Arbeitnehmern.

Akzeptanz befristeter Verträge nimmt ab – Bessere Karten für Bewerber

Bestimmte als unattraktiv wahrgenommene Vertragskonditionen, insbesondere befristete Arbeitsverträge, fänden bei Bewerbern eine immer geringere Akzeptanz. Nach Angaben der geschäftsführenden Arbeitsministerin Heike Werner (Linke) hätten 42 Prozent der Betriebe mitgeteilt, ihren Personalbedarf zu einem erheblichen Anteil nicht zeitnah decken zu können. Das IAB hatte in der Zeit vom Juli bis November vergangenen Jahres 1091 Betriebe in Thüringen für sein sogenanntes Betriebspanel unter anderem zu Beschäftigungsentwicklung, Aus- und Weiterbildung und Tarifbindung befragt.

Aus der Untersuchung geht hervor, dass zwei Drittel der Betriebe in attraktiveren Arbeitsbedingungen einen Schlüssel zur Deckung des Fachkräftebedarfs sehen. Jeder zweite Betrieb hält die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und die Weiterbildung von Beschäftigten für wichtig. Allerdings könne der zu erwartende Arbeitskräfterückgang ohne Zuwanderung aus dem Ausland kaum gedeckt werden, so Werner. Fachleute verweisen seit längerer Zeit darauf, dass mit dem Wechsel von Beschäftigten aus den geburtenstarken Jahrgängen ins Rentenalter eine Lücke auf dem Arbeitsmarkt droht.

dpa/jar

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 04. November 2024 | 14:00 Uhr

6 Kommentare

MDR-Team vor 3 Wochen

Hallo Deutscher_Patriot,

der Fachkräftemangel in Deutschland lässt sich nicht allein durch den Abbau von Arbeitsplätzen oder die Entlassung von Beschäftigten in großen Unternehmen lösen. Der Fachkräftemangel bezieht sich vor allem auf die Suche nach spezialisierten Arbeitskräften in zukunftsträchtigen Branchen und Sektoren, in denen es an hochqualifizierten Arbeitskräften mangelt. Die von großen Unternehmen betroffenen Arbeitskräfte sind oft in anderen Bereichen tätig und müssten zunächst umgeschult oder weitergebildet werden.

Das Argument, Bürgergeld zu reduzieren, um mehr Anreize zur Arbeit zu schaffen, greift zu kurz. Studien zeigen, dass die Arbeitsbereitschaft nicht nur durch finanzielle Anreize beeinflusst wird, sondern auch durch Faktoren wie Arbeitsbedingungen, Weiterbildungsmöglichkeiten, den Zugang zu Kinderbetreuung​ etc.

- Das MDR WISSEN Team

MDR-Team vor 3 Wochen

Hallo kleinerfrontkaempfer,

laut Arbeitsmarktstudien haben viele Menschen in der „Stillen Reserve“ durchaus Qualifikationen, aber diese entsprechen nicht immer den spezifischen Anforderungen des Marktes.

Viele der 3,2 Millionen Menschen, die laut Statistik in der „Stillen Reserve“ verzeichnet sind, sind regional gebunden, zum Beispiel in ländlichen Gegenden, wo es weniger passende Stellenangebote oder unzureichende öffentliche Verkehrsanbindungen gibt.

Der Zuzug qualifizierter ausländischer Fachkräfte kann eine wichtige Ergänzung sein. Zudem sorgen sie nicht automatisch für niedrigere Löhne, sondern füllen Lücken, die aufgrund von Überalterung und fehlendem Nachwuchs entstehen.

Die von der Politik und Unternehmen geforderte Qualifizierung ist eine wichtige Maßnahme, die sich jedoch oft nur langfristig auszahlt. Die Einbindung der „Stillen Reserve“ ist daher ein strategischer, aber kein sofort wirksamer Lösungsansatz.

- Das MDR WISSEN Team

MDR-Team vor 3 Wochen

Hallo salzbrot,

die Ergebnisse der Studie beleuchten unter anderem den Rückgang an Arbeitsverträgen sowie die Entwicklung in verschiedenen Branchen und Unternehmensgrößen – was auch strukturelle Veränderungen, wie eine steigende Nachfrage nach Fachkräften und Anpassungen in der Personalpolitik, sichtbar macht. Ein Vergleich zur Veränderung der Gesamtzahl an Arbeitsverträgen ist daher nicht unbedingt erforderlich, um die Relevanz der befristeten Verträge zu erkennen. Der Bericht zeigt, dass die Befristung als gängige Praxis in bestimmten Sektoren weiterhin genutzt wird, oft als Mittel zur Flexibilisierung und zur Erprobung neuer Arbeitskräfte. Dies verweist auf strukturelle Ursachen, die über die bloße Zahl der Verträge hinausgehen, wie etwa der Trend zur Flexibilisierung und dem Bedarf an Arbeitskräften in spezifischen Berufsgruppen, unabhängig vom allgemeinen Anstieg oder Rückgang der Bevölkerung.

- Das MDR WISSEN Team