Astronomen sind besorgt Raumstation ISS wirft 2,9-Tonnen-Brocken Weltraumschrott ab
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Die Internationale Raumstation ISS hat eine 2,9 Tonnen schwere Frachtpalette mit alten Batterien abgeworfen. Der SUV-große Weltraumschrott soll nach Angaben der NASA die Erde bis zu vier Jahre umrunden und dann "harmlos" in der Atmosphäre verglühen. Doch Experten bezweifeln, dass die Aktion so ungefährlich ist, wie behauptet wird.
Eher beiläufig berichtete die US-Raumfahrtbehörde NASA am 11. März in ihrem Blog, dass die Missionskontrolleure am Johnson Space Center in Houston am Morgen dem Roboterarm Canadarm2 der Internationalen Raumstation ISS befohlen hätten, "eine externe Frachtpalette mit alten Nickel-Wasserstoff-Batterien in die Erdumlaufbahn zu entlassen". Diese würde sich "sicher" von der Station entfernen und "die Erde zwei bis vier Jahre umkreisen, bevor sie in der Atmosphäre harmlos" verglühe, so der NASA-Statusbericht.
Massivstes Objekt, das je abgeworfen wurde
Wie NASA-Sprecherin Leah Cheshier dem Online-Fachmagazin "Spaceflight Now" bestätigte, hat die Frachtpalette ein Gewicht von 2,9 Tonnen. Dem Magazin zufolge handelt es sich damit um "das massivste Objekt, das jemals von diesem Außenposten in der Umlaufbahn abgeworfen wurde". Auf Nachfrage bestätigte Cheshier auch dem Online-Portal "Gizmodo" per Mail, dass der externe Träger das größte Objekt gewesen sei, das jemals von der ISS abgeworfen wurde. Zugleich betonte die NASA-Sprecherin, dass die Ballistiker der US-Raumfahrtbehörde "keine Gefahr" für Kollisionen mit Objekten im Weltraum sehen würden. Das Objekt werde aber vom U.S. Space Command verfolgt.
Experten sind besorgt
Andere Experten zeigten sich weniger unbesorgt hinsichtlich der in 427 Kilometer Höhe abgelaufenen Aktion. Der Astrophysiker am Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics in Cambridge, Massachusetts, Jonathan McDowell, erklärte in einer E-Mail an "Gizmodo": Früher sei es "keine große Sache" gewesen, Dinge von der ISS zu werfen, weil seinerzeit nur sehr wenige Satelliten unter einer Höhe von 400 Kilometern unterwegs waren. Das sei heute anders. Er habe deshalb "Bedenken".
Auch "harmloses" wird angezweifelt
Auch das NASA-Versprechen, wonach der abgeworfene Batterie-Träger beim Eintritt in die Atmosphäre "harmlos" verglühen werde, sieht McDowell skeptisch. Bei Twitter schrieb der Smithsonian-Astronom mit Blick auf die 2018 über dem Pazifik abgestürzte chinesische Raumstation Tiangong-1, diese sei zwar mit 7,5 Tonnen deutlich schwerer gewesen. Die jetzt abgeworfene Frachtpalette sei aber deutlich dichter. Er würde deshalb sagen, "es ist besorgniserregend, wenn auch am unteren Ende von besorgniserregend".
Auch der Astronom und Fachautor Phil Plait twitterte nach dem ISS-Abwurf, das komme ihm gefährlich vor. Das abgeworfene Objekt sei derart groß und dicht, dass er es für "unwahrscheinlich" halte, dass es bei einem Eintritt in die Atmosphäre "vollständig" verbrenne.
NASA-Sprecherin Cheshier bestätigte zwar gegenüber "Spaceflight Now" noch einmal die Aussage ihrer Behörde, dass der Batterie-Träger "harmlos" verglühen werde, räumte aber zugleich ein, dass die NASA keine Statistik habe, wie viele Teile den Wiedereintritt in die Atmosphäre überleben könnten.
Sojus-Startfehler brachte Fahrplan durcheinander
Von vornherein geplant war der Abwurf des 2,9 Tonnen schweren Weltraumschrottpakets, das jetzt mit knapp 8 Kilometern pro Sekunde durchs All rauscht, allerdings nicht. Die Frachtpalette mit den alten Nickel-Wasserstoff-Batterien hätte ursprünglich mit einem der japanischen HTV-Versorgungsfrachter weggeschafft werden sollen, die zwischen 2017 und 2020 insgesamt 24 neue leistungsfähigere Lithium-Ionen-Akkus zur ISS gebracht hatten. Durch den Startfehler einer russischen Sojus-Rakete 2018 kam jedoch der gesamte Arbeits- und Missionsplan durcheinander. Ein HTV-Versorgungsfrachter hatte deshalb die ISS ohne Alt-Batterien verlassen müssen, sodass für die letzte Batterie-Ladung kein Transporter mehr zur Verfügung stand.
Über 128 Millionen Teile Weltraumschrott
Deshalb hat man die mit den Alt-Batterien vollgepackte Frachtpalette nun abgeworfen und dem riesigen Weltraum-Schrotthaufen im Orbit damit einen richtigen dicken Brocken hinzugefügt. Laut der Europäischen Raumfahrtagentur ESA schätzen Forscher, dass die Erdumlaufbahn bereits mit etwa 34.000 Trümmerobjekten mit einer Breite von mindestens zehn Zentimetern und 128 Millionen Stücken mit einem Durchmesser von einem Millimeter oder mehr übersät ist.
(dn)
THOMAS H am 19.03.2021
CrizzleMyNizzle: Eigentlich hat ja die Schreiberei zu diesem Thema keinen Sinn mehr, da das Ding ja schon abgeworfen wurde. Aber da die NASA nur hofft, daß das bisher größte von der ISS abgeworfene Objekt, spätestens in vier Jahren beim Eintritt in die Erdatmosphäre verglüht und damit keine Kollissionen mit anderen Objekten passieren, den Batterieschrottcontainer beobachtet (Vorerst für bis zu vier Jahre viel zusätzliches Geld, wobei ein Eingreifen bei eventuellen Zusammenstößen ja auch nicht funktioniert.), wäre es m. M. sicherer, wenn die Altbatterien bei den normalen Rückkehraktionen mit transportiert würden (Bitte nicht auf die fehlgeschlagene Aktion verweisen, da ich lesen kann.), als diese nun mit Unsicherheiten durch das Weltall schwirren zu lassen.
CrizzleMyNizzle am 18.03.2021
Naja die Batterien bewegen sich Richtung Erde und werden/sollen verglühen. Das ist bei dem anderen Schrott nicht der Fall. Von daher sollte das kein Problem sein, sieht ja nicht so aus als ob das ein "Mond" werden wird.
Harka2 am 18.03.2021
Sputnik 4 war leichter und schaffte es dennoch seine Überreste auf eine Straßenkreuzung im US-Staat Wisconsin zu hinterlassen. Der Flug von Sputnik 4 war 1960 an sich ein Erfolg, der Wiedereintritt in die Erdathmosphäre 1962 eher nicht (das Teil war ein Protoyp der Wostok-Raumschiffe). Eine Rückkehr zur Erde war mit Sputnik 4 auch gar nicht vorgesehen, gelang aber leider dennoch, forderte aber keine Opfer. Der erste echte Protop der Wostok-Raumschiffe, mit dem Juri Gagarin im April 1961 als erster Mensch um die Welt flog war Sputnik 5. Mit ihm gelang der kontrollierte Wiedereintritt in die Erdathmosphäre und auch die Landung. Die Passagiere (z. B. Hunde und Ratten) überlebten.
Auch das amerikanische Skylab schaffte es zurück auf die Erde. Die Überreste schlugen in Australien ein ...