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Global Carbon Budget 2020Corona-Pandemie sorgt für Rekordrückgang der CO2-Emissionen

11. Dezember 2020, 17:45 Uhr

Die Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus haben dieses Jahr tatsächlich für einen Rekordrückgang der globalen Kohlenstoffdioxid-Emissionen geführt. Das zeigt der jährliche Bericht "Global Carbon Budget" des Forschungsnetzwerks Global Carbon Project. Die Hoffnung: Das Pandemie-Jahr könnte auch ein Wendepunkt für das Klima werden – hin zum Guten. Denn in der Atmosphäre sieht es in Sachen CO2-Konzentration weiterhin schlecht aus.

Wäre nicht die Corona-Pandemie der Hauptgrund für diese Zahlen, wäre das eine perfekte Bilanz des Global Carbon Projects (GCP): So stark wie im Jahr 2020 sind die fossilen CO2-Emissionen weltweit noch nie zurückgegangen. Sie sind im globalen Schnitt um sieben Prozent im Vergleich zum Vorjahr gesunken. Insgesamt wurden im aktuellen Jahr bisher 34 Gigatonnen des Treibhausgases ausgestoßen und damit 2,4 Gigatonnen weniger als noch 2019. Das geht aus dem Bericht "Global Carbon Budget 2020" hervor, der im Fachjournal Earth System Science Data veröffentlicht wurde. Doch es gibt auch eine schlechte Nachricht: Die CO2-Konzentration in der Atmosphäre ist weiter angestiegen.

Was ist das Global Carbon Project?

Das Global Carbon Project ist ein weltweiter Zusammenschluss von 86 Klimaforscherinnen und Klimaforschern. Sie veröffentlichen dieses Jahr zum 15. Mal das jährliche Gutachten "Global Carbon Budget". Außerdem betreibt das Projekt Aufklärungsarbeit zum Thema Kohlenstoff-Emmissionen – zum Beispiel in Form des Global Carbon Atlas – und liefert Wissenschaft und Interessierten aktuelle Daten, zum Beispiel mit dem Carbon Monitor.

Aus Deutschland sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der LMU München, des Alfred-Wegener-Instituts (Bremerhaven), des Max-Planck-Instituts für Meteorologie (Hamburg), des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie (Jena), des Karlsruhe Institute of Technology, des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung (Kiel) und des Leibniz-Instituts für Ostseeforschung (Warnemünde) beteiligt.

Deutlicher Rückgang in USA und Europa

Insgesamt bilanziert das Forschungsteam für den Zeitraum von 2010 bis 2019, dass die Zunahme der fossilen CO2-Emissionen sich verlangsamt hat. Demnach gingen diese in 24 Ländern mit wachsenden Volkswirtschaften deutlich zurück. Die Klimaexperten vom Jenaer Max-Planck-Institut für Biogeochemie, die ebenfalls an der Analyse beteiligt waren, mutmaßen, dass das auch darauf zurückzuführen sein könnte, dass Klimapolitik greife.

Für 2020 hat das GCP-Team errechnet, dass die weltweiten Gesamtemissionen aus fossilem CO2 und der Landnutzung zusammen bei insgesamt 39 Milliarden Tonnen CO2 liegen werden. Um die Pariser Klimaziele nicht zu überschreiten, müssen zwischen 2020 und 2030 jedes Jahr zusätzlich ein bis zwei Milliarden Tonnen CO2 eingespart werden. Der Rekordrückgang der Emissionen in diesem Jahr ist vor allem auf die USA mit einem Minus von zwölf Prozent und Europa mit einem Minus von elf Prozent zurückzuführen.

Hier trafen verringerte Emissionen aus der Kohlenutzung und die Auswirkungen der pandemiebedingten Beschränkungen zusammen. Schon 2019 stiegen die CO2-Emissionen langsamer als in den Vorjahren. Mit der Corona-Pandemie sanken die Emissionen nun deutlich, deshalb ist 2020 ein zentrales Jahr.

Prof. Julia Pongratz, LMU München

Auf Platz drei bei den stärksten Emissionsrückgängen landete Indien mit einem Minus von 9 Prozent. China als einer der größten Emittenten weltweit dagegen hatte nur einen Rückgang um 1,7 Prozent zu verzeichnen.

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Bringt 2020 die Trendwende?

Die große Hoffnung: Das Jahr könnte einen Trend eingeläutet haben – einen Trend nach unten. Ob das der Fall sei, hänge allerdings stark davon ab, wie sich die Maßnahmen in den Covid-19-Stimuluspaketen weltweit ausgestalteten, so Klimaforscherin Pongratz. "Wir beobachten bereits, dass die Emissionen sich langsam wieder dem Niveau von 2019 annähern." Jetzt müsse die Chance genutzt und das Schlechte ins Gute gewendet werden, so Pongratz weiter.

So eine Krise wie die Corona-Krise ist immer ein Umbruch und eine Möglichkeit, Dinge anders zu machen. Ich würde hoffen, dass wir diese Möglichkeiten nutzen, jetzt Dinge signifikant anders zu machen. Wir haben die Möglichkeit, es wird sehr viel Geld ausgegeben für die Konjunkturpakete und wenn nur ein geringer Teil dieses Geldes in die richtige Richtung geht, dann wäre schon viel getan.

Prof. Niklas Höhne, New Climate Institute / Wageningen Universität

Doch ein Anstieg auf das Niveau von 2019 dürfte bei steigender Mobilität auch nicht wundern, denn für den größten Teil des Rückgang war 2020 der Transportsektor verantwortlich, bilanziert das GCP-Team. Aufgrund der Pandemie-Beschränkungen liegen die Emissionen aus dem Straßen- und Luftverkehr auch im Dezember noch bis zu 40 Prozent unter den Werten des Vorjahres. Forscherinnen und Forscher warnen deshalb vor zu viel Euphorie: Ob sich der Emissionsrückgang künftig fortsetzen wird, sei fraglich. Schon 2008 zeigte sich nämlich im Zuge der Finanzkrise: Nachdem die Emissionen zurückgegangen waren, sprangen sie 2010 sprunghaft um fünf Prozent in die Höhe, als es der Wirtschaft besser ging.

CO2-Konzentration in der Atmosphäre weiter steigend

Doch auch im Rekordjahr gibt es einen Haken: Der CO2-Gehalt in der Atmosphäre ist nämlich auch 2020 noch immer auf einem sehr hohen Niveau gewesen. Und der Analyse zufolge ließen die weiterhin hohen Emissionen die Werte sogar noch ansteigen: Im Jahresmittel werde der CO2-Gehalt voraussichtlich einen neuen Rekordwert von 412 ppm (parts per million) erreichen, schreibt das Forschungsteam. Das entspreche einer Zunahme von 48 Prozent im Vergleich zum vorindustriellen Wert.

Der wichtige Punkt ist, dass wir jetzt in diesem Jahr eine starke 2,4 Milliarden Tonnen CO2-Reduktion der Emissionen gesehen haben. Das ist die Größenordnung, die wir brauchen, um das 1,5-Grad-Ziel nicht zu übertreffen. Das brauchen wir aber natürlich aus anderen Gründen, als wir es dieses Jahr haben. Und trotzdem, das sollte man vielleicht nochmal betonen, steigt der atmosphärische CO2-Gehalt weiter an. Und dieses Jahr in der gleichen Größenordnung wie letztes Jahr.

Dr. Judith Hauck, Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI)

Erst wenn der weltweite CO2-Ausstoß gegen Null gehe, werde sich der atmosphärische CO2-Gehalt und damit das Weltklima stabilisieren, so das GCP-Team. "Die Emissionen müssen also wirklich nicht nur um einen einstelligen Prozentbetrag sinken", erläutert AWI-Forscherin Hauck. "Sie müssen sehr nahe an Null gehen."

Bildrechte: Global Carbon Project

(kie)

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