Gegen die innere Uhr Junge Eltern haben 6 Jahre Schlafentzug
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Dass junge Eltern ihres Schlafes beraubt werden, überrascht nicht. Dass das bis zu sechs Jahre lang andauern kann, jedoch schon. Eine Langzeitstudie des Deutschen Insitituts für Wirtschaftsforschung hat genau das jetzt belegt. Doch Schlafforscher geben Entwarnung: Mit ein paar Kniffen lässt sich diese Durststrecke gut überstehen.
Was viele Eltern längst am eigenen Leib erfahren haben, belegt nun eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DiW) mit Zahlen. Demnach geht die Schlafdauer von Müttern und Vätern in den ersten drei Monaten nach der Geburt rapide zurück. Das ist nicht neu, doch erstmals gibt es dazu auch konkrete Werte: Die Frauen schlafen dann im Durchschnitt eine Stunde, Väter etwa 15 Minuten weniger. Auch dass das erst der Beginn einer längeren Durststrecke ist, zeigt die Studie.
Bis zu sechs Jahren lang kann Junior den Nachtschlaf der Eltern stören. Allerdings dann in geringerem Maße. Müttern fehlen dann nur noch 20 Minuten, Vätern immer noch 15 Minuten Schlaf - im Durchschnitt wohlgemerkt. Nicht betrachtet werden zum Beispiel komplett durchwachte Nächte am Krankenbett oder wenn Schreibabys die Nacht zum Tage machen.
Die Ergebnisse der Studie sind im Fachmagazin "Sleep" veröffentlicht worden.
Verschmerzbares Defizit
Aus Sicht der Schlafforscher besteht jedoch kein Grund zur Sorge. Junge Eltern seien in der Regel körperlich fit und so lange keine ernsthafte Erkrankung vorliege, können sie den versäumten Schlaf in der Regel nachholen.
Man sollte dafür sorgen, dass man innerhalb von 24 Stunden 8 Stunden erholsamen Schlaf bekommt. Das heißt, zum Beispiel den Mittagsschlaf des Kindes nutzen und sich selbst auch hinlegen.
Wichtig sei außerdem, dass der Schlaf, den man bekommt, auch effektiv ist. Am besten in einem abgedunkelten und ruhigen Raum. Außerdem schütze sich der Körper dadurch, dass er in weniger Zeit intensiver schlafe. "Das heißt, wir haben prozentual gesehen mehr Tiefschlaf, mehr Traumschlaf", so Schädlich. "Der Leichtschlaf wird reduziert. Und somit werden bleibende Schäden eben vermieden."
Frauenschlaf ist leichter störbar
Neben der Fähigkeit des Körpers, auch mit weniger und dafür intensiverem Schlaf auszukommen, hat die Natur noch einen Kunstgriff für Mütter parat: Sie sind zwar Störungen und Geräuschen gegenüber sensibler und wachen schneller auf, damit sie ihre Kinder hören. Sie können aber meist auch wieder schneller einschlafen. Auf beides bereitet sich der Organismus schon während der Schwangerschaft durch Hormonveränderungen vor.
Die Umstände sind dem Baby egal
Im Gegensatz zu vielen Ratgebern, die schlaffördernde Umstände wie Ausgeglichenheit der Eltern und Harmonie innerhalb der Familie ins Feld führen, kommt die Studie des DiW zu einem ganz anderen Schluss: Alle Eltern leiden gleichermaßen unter Schlafdefizit, ganz gleich ob alleinerziehend oder verheiratet, ob reich oder arm. Lediglich Hausbesitzer hatten statistisch gesehen einen kleinen Vorteil gegenüber Wohnungsschläfern.
Die Studie, für die 2.514 Mütter und 2.118 Väter zwischen 2008 und 2015 jährlich befragt wurden, ist die erste repräsentative Langzeituntersuchung zum Schlafdefizit bei Eltern. Tipps, mit der Müdigkeit umzugehen, gibt sie allerdings nicht.
Babyschlaf ist einfach anders
Auch wenn in vielen Büchern steht, dass ein Neugeborenes zwischen 16 und 18 Stunden täglich schläft, ist auch das nur ein Durchschnittswert. Es gibt auch Babys, die mit deutlich weniger auskommen. Die Natur sieht auch nicht vor, dass sie tief und fest durchschlafen. Das häufige Erwachen sichert das Überleben: Nahrung aufnehmen und sich vergewissern, beschützt zu sein. Es hat also wenig Sinn, in den ersten Wochen am Schlafrhythmus des Babys zu arbeiten. Da hilft eigentlich nur: sich dem Rhythmus des Babys anzupassen. Bei stillenden Müttern gelingt das fast von allein - zumindest nachts.
Tag-Nacht-Rhythmus erlernen
Ab einem Alter von etwa 6 Wochen kann man beginnen, eine Routine einzuführen. Sie hilft dem Baby, sich zwischen Tag und Nacht zu orientieren. Praktisch heißt das: Im Hellen darf zum Beispiel gespielt, gesungen und getobt werden, wenn es dunkel wird, geht es eher ruhig zu. So kann sich der Neuankömmling Stück für Stück an den Tag-Nacht-Rhythmus der Großen gewöhnen.
Im Zweifelsfall: Hilfe annehmen
Wenn alle guten Ratschläge ausprobiert sind und die Nerven trotzdem blank liegen, ist es gut, sich Hilfe zu holen. Familie und Freunde können einen im Haushalt unterstützten, Einkäufe erledigen oder einem stundenweise das Baby abnehmen. Langfristig hilft auch eine professionelle Beratung, zum Beispiel bei Schreibaby.de oder Trostreich.de. Dort findet man neben verschiedenen praktischen Tipps und Literaturhinweisen vor allem auch konkrete Ansprechpartner vor Ort, sogenannte Schreiambulanzen.
Zwei Stunden Schreien und Wimmern am Tag sind normal
Dass Babys schreien ist übrigens normal und zwar überall auf der Welt. Es ist ihre einzige Möglichkeit, sich mitzuteilen und sich unserer Nähe zu vergewissern, eine Überlebensstrategie also. Wenn wir das wissen, und wenn wir wissen, wie viel denn nun genau "normal" ist, ist das schon die "halbe Miete". In den ersten zwölf Lebenswochen seien das etwa zwei bis zwei einviertel Stunden am Tag, danach würde es mit durchschnittlich einer Stunde und zehn Minuten deutlich weniger. Zu diesem Schluss kam Psychologe Dieter Wolke von der Universität Warwick mit seinem Team. Die Forscher hatten Tagebücher ausgewertet, in denen das Schreiverhalten von Babys in Fünfminutenintervallen dokumentiert worden war. Diese Analyse war Teil einer Studie, die das Schreiverhalten von Babys verschiedener Nationalitäten betrachtete.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Leichter Leben | 13. September 2018 | 17:00 Uhr