Ursprung des Coronavirus Nicht das Schuppentier ist Schuld, sondern der Mensch

27. März 2020, 09:48 Uhr

Fast so lange wie das neuartige Coronavirus begleitet uns die Frage, wie es zum Menschen gelangen konnte. Eine Forschungsgruppe ist dieser Frage wieder einen Schritt näher gekommen. Was folgt sind erste Forderungen, unseren Umgang mit Tieren zu überdenken.

Die Prioritäten sind längst geklärt: Erst Betroffene versorgen – besonders die schweren Coronafälle –, die Ausbreitung eindämmen und dann schauen, wie's weitergeht. Trotzdem stellt sich die Frage: Warum das alles? Wo kam Corona her? Und vor allem: Was können wir tun, dass das nie wieder passiert? Jemand, der sich in diesen Wochen und Monaten mit diesen Fragen beschäftigt, ist Edward Holmes, Evolutionsvirologe an der Universität in Sydney.

Schuppentier als Virus-Vermittler

Holmes untersucht das Virus SARS-CoV-2 seit Beginn der Pandemie und hat nun mit einer Forschungsgruppe Beweise gefunden, die eine Vermutung vom Februar untermauern: Das Schuppentier ist Schuld. Diese auch Pangolin oder Tannenzapfentier genannte Art – trotz der schuppigen Haut dürfte sein Aussehen bei den meisten Menschen für Entzücken sorgen – hat eine bedeutende Rolle gespielt, dass es das neuartige Coronavirus von der Fledermaus zum Menschen geschafft hat.

Porträt von Edward Holmes: Mann mit Glatze bzw. sehr kurzen Haare, freundlicher Blick, leicht geöffneter Mund, schwarze Brille, grauem Anzug  mit blauem Hemd, Hintergrund unscharf
Edward Holmes Bildrechte: University of Sydney

"Welche Rolle die Schuppentiere beim Auftauchen des Virus gespielt haben, ist noch unklar. Es ist aber bemerkenswert, dass die Viren in den Tieren genetische Bereiche haben, die denen des menschlichen Virus sehr ähnlich sind", so Edward Holmes. Der wichtigste Bereich sei die sogenannte Rezeptor-Binde-Domäne. "Diese schreibt dem Virus vor, wie es an menschliche Zellen andocken und sie infizieren kann."

Konfrontation mit Wildtieren verhindern

Trotzdem ist es falsch, dem Schuppentier die Schuld an der Corona-Krise in die Schuhe zu schieben. Holmes: "Um solche Pandemien in Zukunft zu verhindern, ist die entscheidende Lektion, die wir aus dieser Pandemie lernen, dass Menschen ihre Konfrontation mit der wilden Tierwelt eindämmen müssen." Als Beispiele nennt er ein Verbot von Frischemärkten wie in Wuhan oder den Wildtierhandel.

Das Schuppentier gilt aber in China und Vietnam als Delikatesse. Zudem werden den Schuppen magische Kräfte zugeschrieben, Informationen von BR24 zu Folge ist der Preis in den vergangenen Jahren massiv gestiegen. So sind alle Arten der Schuppentiere vorm Aussterben bedroht. Und das trotz ihrer stabilen Versorgung mit Nahrung und ihrem guten Schutz vor Fressfeinden, Homo Sapiens mal ausgenommen. Der macht das Tier zu einem der am meisten illegal gehandelten überhaupt.

Die ganze Welt muss ihre Hausaufgaben machen

Ein Thema, das nicht in erster Linie China und Ostasien betrifft, sondern die gesamte Weltgemeinschaft – auch wenn auf westlichen Speisekarten Schuppentiere und Fledermäuse unbekannt sind. Solange unser Konsum und die damit verbundene Art der Landwirtschaft dazu führt, dass Menschen in anderen Ländern tiefer in die Urwälder gedrängt werden, um ihre Existenz zu sichern, wird sich das Risiko nicht minimieren, mit durch Wildtiere übertragenen Krankenheiten konfrontiert zu werden.

Die derzeitige Pandemie ist aber auch die Chance, bisheriges Vorgehen zu überdenken. Die Universität Sydney spricht in diesem Zusammenhang von der Entwicklung einer öffentlichen Gesundheitspolitik, in der auch die leichte Vermehrung von Coronaviren – nicht nur der uns bekannten – berücksichtigt werden muss. Gerade auf diese Virenart, die leicht von einer Art zur anderen springen kann, müssen wir künftig genauer schauen. Wilderei und der illegale Handel mit exotischen Tieren müssen noch stärker unterbunden werden. Und, natürlich: Säugetiere und vielleicht auch Vögel müssen von den Frischemärkten verschwinden.

flo

Link zur Studie

Der Artikel Identifying SARS-CoV-2 related coronaviruses in Malayan pangolins ist am 26. März 2020 in einer Vorab-Version im Fachblatt Nature erschienen.