Astronomie Schwarzes Loch hat sich versteckt und wurde doch entdeckt

16. Februar 2022, 17:30 Uhr

Die Europäischen Südsternwarte (ESO) hat in der Galaxie Messier 77 eine kosmische Staubwolke beobachtet, hinter der sich ein supermassereiches schwarzes Loch verbirgt. Ältere Vorhersagen wurden damit bestätigt.

Diese Illustration zeigt, wie der Kern von Messier 77 aussehen könnte. Wie andere aktive galaktische Kerne wird auch die zentrale Region von Messier 77 von einem schwarzen Loch angetrieben, das von einer dünnen Akkretionsscheibe umgeben ist, die wiederum von einem dicken Ring oder Torus aus Gas und Staub umhüllt ist. Im Fall von Messier 77 verdeckt dieser dicke Ring den Blick auf das supermassereiche schwarze Loch vollständig. Man nimmt an, dass dieser aktive galaktische Kern außerdem Jets und Staubwinde besitzt, die aus der Region um das schwarze Loch senkrecht zur Akkretionsscheibe ausströmen. 1 min
Bildrechte: ESO / M. Kornmesser, L. Calçada

Mi 16.02.2022 14:50Uhr 00:25 min

https://www.mdr.de/wissen/videos/video-598134.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Diese Illustration zeigt, wie der Kern von Messier 77 aussehen könnte. Wie andere aktive galaktische Kerne wird auch die zentrale Region von Messier 77 von einem schwarzen Loch angetrieben, das von einer dünnen Akkretionsscheibe umgeben ist, die wiederum von einem dicken Ring oder Torus aus Gas und Staub umhüllt ist. Im Fall von Messier 77 verdeckt dieser dicke Ring den Blick auf das supermassereiche schwarze Loch vollständig. Man nimmt an, dass dieser aktive galaktische Kern außerdem Jets und Staubwinde besitzt, die aus der Region um das schwarze Loch senkrecht zur Akkretionsscheibe ausströmen. 1 min
Bildrechte: ESO / M. Kornmesser, L. Calçada
1 min

Mi 16.02.2022 14:50Uhr 00:25 min

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Kennen Sie das Standardmodell aktiver Galaxienkerne? Es besagt, dass alle Galaxienkerne ganz egal, wie unterschiedlich ihr äußeres Erscheinungsbild ist immer dieselbe Struktur haben. Innen befindet sich ein supermassereiches Schwarzes Loch mit etwa 100 Millionen (!) Sonnenmassen. Drumherum gibt es eine Akkretionsscheibe. Und noch weiter außen ist ein Ring aus Staub (auch Staubtorus genannt), der genauso ausgerichtet ist wie die Akkretionsscheibe selbst.

Aber aktive Galaxienkerne haben ganz unterschiedliche Erscheinungsformen, wenn wir sie von der Erde betrachten. Manche senden Radiowellen aus, andere nicht. Manche leuchten sehr hell, andere eher gedämpft. Woran liegt das? Das Standardmodell sagt dazu, dass man mit Teleskopen von der Erde aus immer nur aus einem bestimmten Winkel auf die Galaxienkerne schaut. Was wir sehen, hängt also von der Blickrichtung ab. Auf den einen Kern schauen wir vielleicht "seitlich", und der Staubtorus verschleiert das Schwarze Loch. Einen anderen Kern sehen wir dagegen vielleicht von "unten" oder "oben", und die Staubwolke ist nicht im Weg. Die ESO hat dazu ein kurzes englischsprachiges Erklärvideo veröffentlicht.

Schon seit langem versuchen Astronominnen und Astronomen, diesen Ansatz zu belegen.

Die tatsächliche Beschaffenheit der Staubwolken und ihre Rolle bei der Bestimmung seines Aussehens von der Erde aus waren in den letzten drei Jahrzehnten zentrale Fragen in der Forschung.

Violeta Gámez Rosas, Astronomin, Universität Leiden (Niederlande)

Gemeinsam mit einem großen Team gelang es der Astronomin Violeta Gámez Rosas nun, einen Galaxienkern zu finden, dessen Schwarzes Loch von einer Staubwolke verdeckt wird. Es geht um den Kern der Galaxie Messier 77, auch bekannt als NGC 1068. Diese eindrucksvolle Spiralgalaxie findet man am Himmel (auf der Südhalbkugel der Erde) im Sternbild Walfisch, 47 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt.

Die linke Bildhälfte zeigt einen Blick auf die aktive Galaxie Messier 77, aufgenommen mit dem Instrument FOcal Reducer and low dispersion Spectrograph 2 (FORS2) am Very Large Telescope der ESO. Die rechte Hälfte des Bildes vermittelt einen vergrößerten Blick auf die innere Region dieser Galaxie, ihren aktiven galaktischen Kern, wie er mit dem Instrument MATISSE am Very Large Telescope Interferometer der ESO aufgenommen wurde.
Die linke Bildhälfte zeigt einen Blick auf die aktive Galaxie Messier 77. Die rechte Hälfte des Bildes vermittelt einen vergrößerten Blick auf die innere Region dieser Galaxie und ihren aktiven galaktischen Kern. Bildrechte: ESO / Jaffe, Gámez-Rosas u.a.

Ermöglicht wurden die Beobachtungen durch das "Multi AperTure Mid-Infrared SpectroScopic Experiment" (MATISSE) der ESO, das sich in der chilenischen Atacama-Wüste befindet. MATISSE kombiniert das von allen vier 8,2-Meter-Teleskopen des Very Large Telescope (VLT) gesammelte Infrarotlicht mit einer Technik namens Interferometrie.

Dadurch waren Violeta Gámez Rosas und ihr Team in der Lage, ein breites Spektrum an Infrarot-Wellenlängen zu erfassen, wodurch sie durch den Staub "hindurchsehen" und die Temperaturen genau messen konnten. "Die Bilder, die wir erhalten haben, zeigen detailliert die Temperatur- und Absorptionsveränderungen der Staubwolken um das schwarze Loch", sagt Studien-Mitautor Walter Jaffe, Professor an der Universität in Leiden (Niederlande).

Durch die Kombination der durch die intensive Strahlung des schwarzen Lochs verursachten Temperaturveränderungen des Staubs (von etwa Raumtemperatur auf etwa 1.200 °C) mit den Absorptionskarten konnte das Team ein detailliertes Bild des Staubs erstellen und genau bestimmen, wo das schwarze Loch liegen muss. Damit wurde das Standardmodell aktiver Galaxienkerne bestätigt.

Laut Violeta Gámez Rosas könnten diese Ergebnisse auch helfen, die Geschichte unserer Galaxie, der Milchstraße besser zu verstehen, "die in ihrem Zentrum ein supermassereiches schwarzes Loch beherbergt, das in der Vergangenheit aktiv gewesen sein könnte".

Dieses Bild, das mit dem MATISSE-Instrument am Very Large Telescope Interferometer der ESO aufgenommen wurde, zeigt die innere Region der aktiven Galaxie Messier 77. Aktive galaktische Kerne sind extrem energiereiche Quellen, die von supermassereichen schwarzen Löchern angetrieben werden. Durch außergewöhnlich detaillierte Beobachtungen des aktiven Zentrums dieser Galaxie entdeckte ein Team von Astronominnen und Astronomen einen dicken Ring aus kosmischem Staub und Gas, der ein supermassereiches schwarzes Loch verbirgt. Der schwarze Punkt zeigt die wahrscheinlichste Position des Schwarzen Lochs, während die beiden Ellipsen die Ausdehnung des dicken inneren Staubrings (gestrichelt) und der ausgedehnten Staubscheibe in der Projektion zeigen.
Der schwarze Punkt zeigt die wahrscheinlichste Position des Schwarzen Lochs, während die beiden Ellipsen die Ausdehnung des dicken inneren Staubrings (gestrichelt) und der ausgedehnten Staubscheibe in der Projektion zeigen. Bildrechte: ESO / Jaffe, Gámez-Rosas u.a.

Link zur Forschungsarbeit

Diese Forschungsarbeit wurde in dem in "Nature" erschienenen Artikel "Thermal imaging of dust hiding the black hole in the Active Galaxy NGC 1068" vorgestellt.

(rr)

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