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Ein paar Bahnen schwimmen ist nicht nur eine gute Abkühlung im Sommer, sondern auch gut für unser Gehirn. Bildrechte: Colourbox.de

NeurowissenschaftenSchwimmen Sie sich schlau!

19. März 2024, 14:48 Uhr

Wenn im Sommer die Temperaturen steigen, ist es besonders verlockend, ins kühle Nass zu springen und ein paar Runden zu schwimmen. Das sorgt für Abkühlung und ist auch gleich noch ein gutes Herz-Kreislauf-Training. So weit, so bekannt. Doch tatsächlich macht das Schwimmen noch viel mehr mit unserem Körper: Es wirkt sich nämlich auch positiv auf unser Gehirn aus. Denn dadurch wird es nicht nur fitter, sondern es regeneriert sich auch.

Schwimmen ist ein Ausdauersport und wie viele andere Ausdauersportarten – ob Radfahren, Joggen oder etwa Skilanglauf – wirkt es sich positiv auf unseren Körper aus. Die Aktivität bringt das Herz-Kreislauf-System in Schwung und baut Muskulatur auf. Durch den Wiederstand des Wassers ist es außerdem ein echtes Ganzkörpertraining. Aber regelmäßiges Schwimmen fördert offenbar auch unsere Gehirngesundheit auf einzigartige Weise.

Es gibt einige Studien, die deutlich darauf hinweisen, dass Schwimmen die Gehirnfunktionen, die Immunantwort und unsere mentale Gesundheit verbessert. Aber es helfe auch, durch Stress entstandene Schäden zu reparieren, schreibt die auf Gehirnphysiologie spezialisierte Neurobiologin von der University of Mary Hardin-Baylor im US-Bundesstaat Texas, Seena Mathew, in einem Artikel. Regelmäßiges Schwimmen erneuere neuronale Verbindungen im Gehirn. Warum ausgerechnet der Sport im Wasser diesen Effekt habe, das versuchten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler noch zu ergründen, heißt es.

Der Ausdauersport ist ein hervorragendes Herz-Kreislauf-Training. Bildrechte: imago images / ingimage

Neue und bessere Zellen und Verbindungen im Gehirn

Unser Gehirn kommuniziert mithilfe von Signalen. Damit das funktioniert braucht es sogenannte Neuronen bzw. Nervenzellen und synaptische Verbindungen. Diese Zellen kann unser Körper neu bilden. Wie die Forschung gezeigt hat, hilft ihm dabei der Ausdauersport. Und zwar kann er nicht nur zur sogenannten Neurogenese beitragen, sondern in Säugetieren auch Schäden reparieren. Grund dafür ist offenbar ein erhöhter Spiegel eines bestimmten Proteins (Wachstumsfaktor BDNF) nach dem Training, das im Gehirn dafür sorgt, dass sich die Funktion verbessert – inklusive Lernen und Gedächtnis. Zusätzlich hilft er auch, die neuronalen Verbindungen zwischen den Nervenzellen zu stärken.

Die große Frage bleibt jedoch, warum das ausgerechnet beim Schwimmen besonders gut zu funktionieren scheint? Bei Studien im Tiermodell konnten Forschende belegen, dass sich das Gedächtnis von Ratten verbessert, wenn sie täglich eine Stunde Schwimmtraining bekommen. Nach nur sieben Tagen Training konnten Verbesserungen im Kurz- und Langzeitgedächtnis festgestellt werden. Klappt das auch beim Menschen? Forschungsarbeiten deuten zumindest darauf hin, schreibt Neurobiologin Mathew.

Regelmäßiges Schwimmtraining verbessert unsere Gehirnleistung. Bildrechte: imago/photoarena/Eisenhuth

So gebe es eine Studie, die sich mit den Auswirkungen des Schwimmens auf den geistigen Zustand von älteren Menschen befasste. Demnach hatten die schwimmenden Personen im Vergleich eine bessere geistige Geschwindigkeit und Aufmerksamkeit. Kurz gesagt, waren sie etwas fitter im Kopf als ihre nicht-schwimmenden Altersgenossen. Eine weitere Untersuchung widmete sich der Gehirnleistung von Athleten an Land und im Wasser im jungen Erwachsenenalter. Diese ergab, dass schon 20 Minuten tägliches Brustschwimmen in moderatem Tempo die Gehirnleistung der Probandinnen und Probanden verbesserte – sowohl was die Aufmerksamkeitsspanne betraf als auch das Kurz- und Langzeitgedächtnis. Forschende sind sich insgesamt recht sicher, dass Schwimmen tatsächlich auch kognitive Auswirkungen des Alterns verringern kann.

Ein Booster für die psychische Gesundheit

Wenn der Spiegel des Proteins Wachstumsfaktor BDNF durch das Schwimmen besonders hoch getrieben wird, wirkt sich das auch auf unsere mentale Gesundheit aus. Wie Untersuchungen zeigten, reduziert das nämlich Angstzustände und Depressionen. Zusätzlich fördert der Ausdauersport auch die Freisetzung weiterer Botenstoffe – der Neurotransmitter. Einer davon ist das Serotonin, das ja bekannt ist für seine stimmungsaufhellende Wirkung.

Und dann hat auch die Anstrengung großer Muskelgruppen im Körper ihre Folgen. Durch die Anstrengung muss das Herz stark pumpen und dadurch wird wiederum der Blutfluss im Körper erhöht. Das führt dazu, dass sich neue Blutgefäße bilden. Außerdem sorgt die stärkere Durchblutung für die Freisetzung von Endorphinen. Diese Hormone sorgen für das Gefühl der Euphorie, dass Sportlerinnen und Sportler nach dem Training haben.

Schwimmen kann die Lernfähigkeit verbessern

Aber macht Schwimmen uns tatsächlich schlauer? Möglich ist das, denn das Bahnen ziehen im Wasser kann unsere Lernfähigkeit steigern. Dadurch, dass das Wachstum der Nervenzellen angeregt und neue neuronale Verbindungen aufgebaut werden, können wir besser neue Informationen lernen, abspeichern und später wieder präzise abrufen.

Vor allem Kindern kann Schwimmen beim Lernen helfen. Bildrechte: Panthermedia

Wer regelmäßig schwimmt, müsste also zum Beispiel beim Vokabeln pauken einen Vorteil haben. Ob das tatsächlich so ist, hat eine Forschungsgruppe untersucht. Sie brachten dazu 6- bis 12-Jährigen die Begriffe für einige ihnen unbekannte Objekte bei. Anschließend testeten sie, wie genau sie die Worte nach drei verschiedenen Aktivitäten erinnerten. Die Kinder mussten jeweils drei Minuten Malen als Ruheaktivität, Schwimmen als Ausdauersport und CrossFit-ähnliche Übungen als Kraftsport machen. Im Ergebnis konnten sich die Kinder nach dem Schwimmen am genausten an die neuen Wörter erinnern. Das spreche dafür, so Mathew, dass Schwimmen für kurze Zeiträume für junge, sich entwickelnde Gehirne sehr vorteilhaft sei.

Vom Schwimmen allein wird man also nicht automatisch schlauer, es kann aber offenbar dabei helfen, dass wir uns die Dinge, die wir lernen, besser merken. In jedem Fall ist es also durchaus schlau, regelmäßig zu schwimmen.

Links/Studien

Alomari, Mahmoud A. et. al: Swimming exercise improves short- and long-term memories: Time-course changes. In: Physiological Reports. https://doi.org/10.14814/phy2.14851.

Shoermaker, Leena N. et. al.: Swimming-related effects on cerebrovascular and cognitive function. In: Physiological Reports. https://doi.org/10.14814/phy2.14247.

Park, Hye-Sang et. al.: Swimming exercise ameliorates mood disorder and memory impairment by enhancing neurogenesis, serotonin expression, and inhibiting apoptosis in social isolation rats during adolescence. In: Journal of Exercise Rehabilitation. https://doi.org/10.12965/jer.2040216.108.

Just-Borràs, Laia et. al.: Running and Swimming Differently Adapt the BDNF/TrkB Pathway to a Slow Molecular Pattern at the NMJ. In: International Journal of Molecular Sciences. https://doi.org/10.3390/ijms22094577.

(kie)