Nachrichten & Themen
Mediathek & TV
Audio & Radio
Klima & UmweltMedizinPsychologieWeltraumGeschichteNaturwissenschaftBildung

Corona-BehandlungSo funktioniert künstliche Beatmung

09. September 2020, 15:55 Uhr

Normalerweise ist es ein Reflex: Eine erwachsene Person atmet etwa zwölf Mal pro Minute – ganz unbemerkt macht unser Körper das einfach, damit wir genug Sauerstoff bekommen. Wenn das nicht mehr richtig funktioniert, wird es kritisch. Und genau das ist das Problem bei den besonders schweren Fällen der Covid-19-Erkrankten. Sie müssen dann auf Intensivstationen künstlich beatmet werden. Aber was passiert eigentlich wirklich bei der künstlichen Beatmung?

von Kristin Kielon

Unsere Lunge hat eine wichtige Aufgabe: Sie nimmt den Sauerstoff aus der Luft auf. In den Lungenbläschen kommt der mit unserem Blut in Kontakt, das den Sauerstoff in all unsere wichtigen Organe bringt. Infiziert sich die Lunge etwa an einem Virus wie SARS-CoV-2, verändert sich das Lungengewebe, Wasser tritt ein und der Sauerstoff erreicht die Blutbahn nicht mehr so einfach. Das kann ganz schnell verlaufen, erläutert Professor Uwe Janssens, Präsident der Deutschen interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin:

Prof. Uwe Janssens Bildrechte: MDR/Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI)

Dann gerät die Lunge in eine furchtbare Unterversorgung. Sie kann ihre Aufgabe nicht mehr wahrnehmen und der Patient oder die Patientin kriegt zunehmend Lufthunger und die Sauerstoffspannung im Blut fällt ab und die Versorgung für die Organe wird zunehmend kritisch.

Professor Uwe Janssens

Die Betroffenen fangen an, schnell und hektisch zu atmen. Der Kreislauf fällt ab, die Herzfrequenz steigt. Diese Luftnot sei eines der schlimmsten Symptome, die ein Mensch überhaupt haben könne, ergänzt Janssens. Sinkt die Sauerstoffsättigung auf unter 90 Prozent, muss ein Patient beatmet werden, erläutert Professor Stefan Kluge von der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin und Leiter der Intensivstation am Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf. Dazu würden zunächst nicht-invasive Methoden benutzt: Eine Sauerstoffgabe über die Nase und eine Maske, durch die der Patient konzentriert Sauerstoff einatmet. Wenn das nicht ausreicht, muss der Patient in ein künstliches Koma gelegt werden. Der Patient bekommt ein Narkosemittel, dann wird ein Schlauch in die Luftröhre eingeführt und der Patient richtig beatmet.

Komplettversorgung mit invasiver Beatmung

Die Mediziner nennen das invasive Beatmung. Der Patient bekommt davon nichts mit. Er ist allerdings auch nicht mehr ansprechbar, so Kluge. Diese schwer kranken Menschen brauchen eine Komplettversorgung auf der Intensivstation und müssen ständig überwacht werden. Sie atmen dann gar nicht mehr alleine, sondern die Beatmungsmaschine drückt den Sauerstoff in die Lunge, erklärt Dr. Christian Hermanns von der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin.

Es ist eine Überdruck-Beatmung: Sobald der Sauerstoff in die Lunge transportiert worden ist, kann er ins Blut übertreten, kann die roten Blutkörperchen sättigen und das Kohlendioxid im Blut dringt dann in die Ausatemluft.

Dr. Christian Hermanns

Schwierigkeiten bei Covid-19-Patienten

Einige dieser Patienten werden auf den Bauch gedreht, damit auch die hinteren Lungenflügel belüftet werden können, wo sich sonst Flüssigkeit sammeln würde. Doch ganz so gut wie sonst hilft das bei Covid-19 Patienten wohl gar nicht, erzählt der Ärztliche Direktor vom St. Elisabeth Krankenhaus in Halle, Dr. Hendrik Liedtke. Das zumindest sei die Erfahrung aus Italien.

Generell müsste bei Covid-19 Patienten schneller invasiv beatmet werden. Bei nicht-invasiver Beatmung und Notfällen werde nämlich zu viel Aerosol frei. Und das enthält die Viren, die dann das Personal krank machen. In Halle versucht man deshalb, kreative Lösungen zu finden. Dr. Hendrik Liedtke: "Wir haben das einfach mal ausprobiert und haben mit einer Schlauch-versorgten Vollschutzmaske aus dem Tauchsportbereich unsere Ärzte ausgestattet, sodass sie also nicht die Raumluft atmen müssen, sondern separierte Luft bekommen und das hat an sich so ganz gut funktioniert und wir werden das mal den Fachkreisen hier so zur Kenntnis geben."