Solarmodule werden von jungen Frauen auf einem Schuldach in Palästina installiert.
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Klimaschutz Solarzellen sind ansteckend

22. April 2021, 17:00 Uhr

Bei Menschen, die in unmittelbarer Nähe zu Solarzellen wohnen, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass sie selbst Solarzellen auf ihrem Haus installieren. Diesen Ansteckungs-Effekt konnte nun das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung durch Satellitendaten und künstliche Intelligenz nachweisen.

Keine Angst, hier geht es nicht um die nächste Krankheit, sondern um erneuerbare Energien. Auch die sind ansteckend – aber eben auf eine positive Weise. Denn schließlich bewirkt die "Infektion", dass mehr klimafreundlicher Strom produziert wird.

In der neuen Studie, die das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung in der US-Stadt Fresno durchführte, stellten die Forschenden fest, dass die schlichte Nähe von Solarzellen dazu beiträgt, dass auch andere Menschen diese auf ihren Dächern installieren. Dieser Ansteckungseffekt ist sogar wichtiger als andere sozioökonomische und demografische Aspekte.

Man könnte meinen, dass andere Faktoren relevanter sind, zum Beispiel das Einkommen oder der Bildungshintergrund oder die Mund-zu-Mund-Propaganda innerhalb des gleichen sozialen Netzwerks wie etwa in einem Schulbezirk. Wir haben daher all diese verschiedenen Möglichkeiten miteinander verglichen, und das Ergebnis hat uns verblüfft. Es stellte sich heraus: Nein, die geografische Entfernung ist wirklich mit Abstand der wichtigste Faktor. Je mehr Solaranalagen es in einem engen Umkreis um mein Haus gibt, desto wahrscheinlicher ist es, dass ich auch eine habe.

Leonie Wenz, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung

Dieser Vorbild-Effekt hat allerdings eine Begrenzung. Schon über die Länge eines Fußballfeldes halbiert sich die Wahrscheinlichkeit, dass weitere Solarzellen installiert werden.

Der Ansteckungs-Effekt nimmt exponentiell ab, je weiter die nächstgelegenen Solaranlagen von einem Haus entfernt sind.

Anders Levermann, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung

Dieser Effekt ist zwar in einkommensschwächeren Vierteln stärker ausgeprägt, doch die Forschenden halten ihn für allgemein gültig. Doch wie kann man das nachweisen? Dazu haben die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen Zensusdaten der einzelnen Bezirke und hochauflösende Satellitenbilder kombiniert, die alle Solarpanels in Fresno identifizieren konnten.

Dann haben wir verschiedene Algorithmen für maschinelles Lernen trainiert, um den Zusammenhang zwischen dem sozioökonomischen Umfeld der Menschen und der Wahrscheinlichkeit, dass sie ein Solarpanel haben, zu finden.

Anders Levermann, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung

Für die Forschenden sind die Ergebnisse der Studie spannend, weil so gezielt Maßnahmen ergriffen werden könnten, um die Energieerzeugung aus klimaschädlichen fossilen Brennstoffen hin zum Einsatz von klimafreundlichen Solarzellen zu lenken. Das gezielte "Säen" von Solarpanels in Gegenden, in denen es bisher wenige gibt, könnte so ein Stadtviertel oder sogar ganze Regionen verändern. Für die Forschenden ist das eine wichtige und auch hoffnungsvolle Erkenntnis, denn schließlich, so Wissenschaftlerin Leonie Wenz, weist das Klimasystem eine ganze Reihe extrem gefährlicher Kipppunkte auf.

Es ist wichtig, Klimaentscheidungen zu erforschen, um positive soziale Kipppunkte aufzuspüren, sowohl kleine als auch große -  für eine sichere Zukunft für alle.

Leonie Wenz, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung

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