
Dichter Zervixschleim Starker Antrieb: Wie Spermien durch die Gebärmutter kommen
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20. März 2019, 00:15 Uhr
Säugetier-Spermien müssen auf ihrem Weg zu einer Eizelle dickflüssigen Gebärmutterhalsschleim durchqueren. Jetzt haben Forscher entdeckt, wie sie das hinbekommen: Eine Extra-Schicht gibt dem Schwanz die nötige Kraft.
Es kann ein ganz schön zäher Weg sein: Der Schleim im Gebärmutterhals von Säugetieren ist etwa 100 Mal dickflüssiger als Wasser. Für Spermien auf dem Weg zur Eizelle stellt dieser sogenannte Zervixschleim eines der größten Hindernisse für eine Befruchtung dar. Britische Mathematiker haben nun in einer Simulation untersucht, wodurch die Spermien genügend Kraft bekommen, diese Barriere zu überwinden: Es ist offenbar eine zusätzliche, verstärkende Membran, die die Bewegung der Geißeln verstärkt.
Die Forscher der Universitäten York und Oxford haben Modelle der Spermien von Menschen und anderen Säugetieren am Computer erstellt und sie mit virtuellen Spermien von Seeigeln verglichen. Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie jetzt im Fachjournal "Royal Society Interface".
Bei den Meeresbewohnern läuft die Befruchtung außerhalb des Körpers ab, in gewöhnlichem Salzwasser. Als die Wissenschaftler diese Spermien durch eine Flüssigkeit von der Dichte des Gebärmutterhalsschleims schwimmen ließen, verformten sich deren Schwänze, wodurch sie stecken blieben. Menschliches Sperma wiederum zappelte im gewöhnlichen Wasser wild herum. Erst in dickeren Flüssigkeiten führten deren Geißeln eine rhythmische Bewegung aus.
Spermien sind ein Beispiel für Selbstorganisation
Da Spermien über keinerlei Nervensystem verfügen, das die Bewegung steuert, bleibt der Antrieb in den Geißeln für die Forscher weiterhin wissenschaftlich spannend. Sie wollen wissen, was die Nanobewegungen koordiniert. "Spermien sind ein grundlegendes Beispiel für Selbstorganisation. Die Bewegungen scheinen automatisch zu passieren, wahrscheinlich aufgrund der komplexen Kombination mehrerer Mechanismen", vermutet Hermes Gadêlha von der Universität York.
Die Studienergebnisse könnten außerdem die Erfolgschancen bei künstlichen Befruchtungen deutlich erhöhen. Sie liefern nun ein klares Kriterium dafür, welche Spermien eine Chance haben, überhaupt eine Eizelle zu erreichen. Mit weiteren Tests könnte ein Verfahren entwickelt werden, mit dem sich die Schwimmfähigkeit einzelner Spermien im Zervixschleim besser vorhersagen lässt und so die geeigneteren Spermien für einen Befruchtungsversuch ausgewählt werden.
(ens)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 16. Januar 2018 | 05:21 Uhr