Neue Technologie Klimafreundlicher Fahren mit Kraftstoffen aus Stroh
Hauptinhalt
14. Juni 2022, 16:34 Uhr
Wenn die Getreidefelder abgeerntet sind, bleibt das Stroh. Und das könnte künftig eine größere Bedeutung im Verkehr einnehmen. Denn aus Stroh lassen sich Kraftstoffe herstellen, die von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren laufen. Ein Forschungsteam der Technischen Universität Darmstadt hat dafür eine neue Vergasertechnologie entwickelt, bei der für die Umwandlung keine zusätzliche Energie gebraucht wird. Die große Hoffnung: Die Transportbranche schneller in Richtung CO2-Neutralität zu bewegen.
Es war eine echte Weltpremiere: Einem Forschungsteam der TU Darmstadt gelang es mit ihrer neuen Vergasertechnologie weltweit erstmalig, ohne zusätzliche Energiezufuhr von außen, biogene Reststoffe wie Weizenstroh zu "stofflich nutzbarem Synthesegas" umzuwandeln. Und daraus lässt sich wiederum flüssiger Bio-Kraftstoff zum Betanken von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor herstellen. Damit zielt das Team vor allem auf die Transportbranche. Denn für die ist es kaum umsetzbar, kurzfristig alle Fahrzeuge auf einen E-Antrieb umzurüsten oder sie auszutauschen. Deshalb könnte Bio-Kraftstoff aus Stroh hier ein hilfreicher Kompromiss sein.
Prozesskette mit negativem CO2-Fußabdruck
Die Forscherinnen und Forscher haben im Rahmen des Forschungsprojekts CLARA die Prozesskette von der rohen Biomasse bis hin zum flüssigen Kraftstoff Schritt für Schritt demonstriert. Dafür haben sie eine modulare Pilotanlage mit einer Leistung von einem Megawatt genutzt. In der Pilotanlage findet eine sogenannte Vergasung statt. Dabei werden die Ausgangsstoffe in einem Reaktor (Vergaser) erhitzt und es entsteht ein Gas. Dieses Synthesegas enthält Kohlenstoff, der als Grundlage für neue Chemikalien genutzt werden kann – etwa für den flüssigen Kraftstoff, der in den Tank kommt.
Dieses Vorgehen hat lange Tradition. Doch das Darmstädter Forschungsteam hat die Technologie optimiert. Normalerweise wird für diesen Prozess Sauerstoff benötigt. Doch reiner Sauerstoff ist teuer. Deshalb hat das Forschungsteam ihn durch die "zyklische Reduktion und Oxidation eines reichlich vorhandenen, ungiftigen Metalloxids" ersetzt. Außerdem sei es mit der neuen Technologie möglich, das Kohlendioxid, das während des Vergasungsprozesses entsteht, anschließend in einer Synthesegasreinigungsanlage vom "Produktgas" abzutrennen. Das sorge dafür, so das Forschungsteam, dass die gesamte Prozesskette von der Biomasse Stroh bis hin zum Kraftstoff einen negativen CO2-Fußabdruck aufweise.
Weitere Versuchskampagnen nötig
Doch noch ist das Verfahren nicht marktreif. Zunächst planen die Beteiligten am CLARA-Projekt zwei weitere Versuchskampagnen mit der Pilotanlage in Darmstadt. Sie wollen dabei unter anderem den Vergasungsbetrieb weiter optimieren. Außerdem wollen sie sich mit den weiteren Schritten des Kraftstoff-Herstellungsprozesses genauer beschäftigen – also der Nachbehandlung und Reinigung des gewonnenen Synthesegases sowie der abschließenden Synthese flüssiger Kraftstoffe. Wenn das erfolgreich verläuft, soll das Verfahren großtechnisch umgesetzt werden.
Obwohl das technische Verfahren des Forschungsteams neu ist, sind sie nicht die einzigen, die sich mit der Herstellung von Kraftstoffen aus dem landwirtschaftlichen Restprodukt Stroh beschäftigen. Die Verbio AG zum Beispiel fermentiert das Stroh zu Methan, um daraus Bio-Kraftstoff zu gewinnen. Der große Vorteil am Weizenstroh ist dabei, dass es ohnehin als Restprodukt in der Landwirtschaft anfällt und nicht extra angebaut werden muss auf Flächen, die dann für die Nahrungsmittelproduktion fehlen würden.
(kie)