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Tag des KussesWie alt ist das Küssen und was macht es mit uns?

06. Juli 2024, 05:00 Uhr

Wir tun es, aber nicht überall auf der Welt gleichermaßen. An Tagen wie dem 6. Juli, dem Welttag des Kusses, vielleicht öfter. Mancherorts dafür gar nicht. Und seit wann eigentlich? Vermutlich seit mindestens 4.500 Jahren, wie eine Studie zeigt.

Wann gab es eigentlich den ersten Zungenkuss? Direkt dokumentiert ist er nicht. Aber Quellen geben Hinweise. Wie ein Manuskript aus der Bronzezeit, das aus Südasien, dem heutigen Indien stammt und auf 1.500 v. Chr. datiert wird. Doch der erste innige Kuss muss viel früher stattgefunden haben, so Troels Arbøll und Sophie Rasmussen von der Universität Copenhagen. Sie haben als Spezialisten für Quellen des Alten Orients mesopotamische Texte aus dem Jahr 2.500 vor Chr. noch einmal nach bislang übersehenen Indizien untersucht. Ihr Fazit:

Es gibt Hinweise darauf, dass Küssen in der Antike eine gängige Praxis war und möglicherweise einen ständigen Einfluss auf die Ausbreitung oral übertragener Mikroben wie HSV-1 hatte.

Troels Arbøll, Experte für Quellen des Alten Orients

Austausch von Körperflüssigkeiten

Das sexuell-romantische Küssen, wie es die Forschenden nennen, könnte also auch die Übertragung von Krankheiten vorangetrieben haben. Immerhin gab es schon damals durch Speichel übertragbare Krankheitserreger wie das Herpes Simplex-Virus Typ 1, das Epstein-Barr-Virus und das menschliche Parvovirus B19, wie paläogenetische Untersuchungen bestätigen. Auch Arbøll und Rasmussen untersuchten alte DNA, kulturelle Kunstwerke und medizinische Aufzeichnungen aus dieser Zeit und kamen zum selben Ergebnis.

Allerdings ist der Kuss der Liebenden im Gegensatz zum freundschaftlichen Kuss nicht überall gleich verbreitet. Er entwickelte sich in einzelnen Kulturen parallel und über die Jahrtausende hinweg. Daher kann er nicht plötzlich und umfassend für die Ausbreitung bestimmter Erreger verantwortlich sein, so die Experten der Universität Kopenhagen.

Doch Küsse übertragen nicht nur Keime. Sie zeigen uns auch, wo wir hingehören, zu wem wir gehören. Sie können Bindungen stärken und dafür sorgen, dass ein ganzer Cocktail aus Dopamin, Serotonin, Adrenalin und Oxytozin ausgeschüttet wird und uns in einen regelrechten Rausch versetzt.

Und vielleicht ist der Kuss auch viel älter als die jetzt dokumentierten 4.500 Jahre. "Tatsächlich hat die Forschung zu Bonobos und Schimpansen, den nächsten lebenden Verwandten des Menschen, gezeigt, dass beide Arten das Küssen praktizieren, was darauf hindeuten könnte, dass Küssen ein grundlegendes Verhalten des Menschen ist. Das erklärt, weshalb es in allen Kulturen zu finden ist", sagt Ko-Autorin Sophie Lund Rasmussen von der Universität Oxford.

Links/Studien

krm

Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | 13. September 2023 | 17:10 Uhr

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