Klimaemissionen Autos: Höherer CO2-Ausstoß bei Tempo 30?

Langsameres Tempo bedeutet weniger Energieverbrauch und damit auch weniger Klimagase – dachte man. Eine neue Studie zeigt: Autos emittieren mehr CO2, wenn sie über lange Strecken 30 Kilometer pro Stunde fahren. Im typischen Stadtverkehr gilt das aber nicht.

Straßenschild auf der Leipziger Strasse in Berlin. Seit dem 09.04.2018 wurde Aufgrund der Luftqualität auf einem Teil der Leipziger Strasse in Tempo 30 eingeführt.
Bildrechte: imago/Marius Schwarz

Tempo-30-Zonen sollen Ruhe schaffen und Anwohner vor Lärm und Abgasen schützen. Der CO2-Ausstoß hat bei dieser Geschwindigkeitsbegrenzung bisher keine Rolle gespielt. Das Ministerium für Verkehr in Baden-Württemberg sah sich 2021 an, wie viel von dem Klimagas emittiert wird und hat damit ganz neue Fragen aufgeworfen. Denn die in Auftrag gegebene Studie zeigt jetzt: Langsam fahrende Autos stoßen mehr CO2 aus als solche, die mit Tempo-50 unterwegs sind.

In der Landesanstalt für Umwelt in Baden-Württemberg möchte sich auf Anfrage von MDR WISSEN dazu aber kein Experte äußern, auch nicht bei der Aviso GmbH, die den Auftrag für die Studie bekam. Wolfram Schmidt, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TU Dresden, kennt die Studie und war selbst an mehreren Messungen in 30er-Zonen beteiligt. Er sagt: "Bei Tempo 30 gegenüber Tempo 50 hat man zwei gegenläufige Effekte."

Problem: Konstant Tempo 30

Die Motoren seien zum Teil so ausgestattet, dass sie bei Tempo 30 einen ungünstigen Betriebspunkt hätten, mit dem Ergebnis, dass sie bei dieser langsamen Geschwindigkeit mehr Sprit verbrauchen und demzufolge auch mehr Schadstoffe inklusive CO2 emittieren. Dies treffe aber nur bei langen konstanten 30er-Strecken zu. Nicht aber in Wohngebieten mit Seitenstraßen und Ampeln. "Wenn sie vor einer Kreuzung stehen und beschleunigen, dann haben sie bei einer Beschleunigung auf eine Zielgeschwindigkeit von 50 km/h ungefähr dreimal höhere Emissionen und Verbrauch, als wenn sie nur auf 30 beschleunigen", sagt er.

Es kommt also auf die Strecke an, auf die Haltepunkte, ob hinten einer drängelt und natürlich auf die technischen Ausstattungen der Motoren, sagt Lars Mönch vom Umweltbundesamt. "Ob die Fahrzeuge Katalysatoren haben oder nicht, ob es sich um Dieselfahrzeuge handelt, welche Schadstoffklassen und so weiter spielt alles eine Rolle."

Lösung: Andere Verkehrsmittel

Grundsätzlich würden Tempo-30-Zonen besser funktionieren, wenn sie kontrolliert werden, sagt Mönch, sprich: regelmäßige Geschwindigkeitskontrollen. "Wenn das richtig gemacht ist, kann ich auch Schadstoffminderungseffekte hinkriegen. Das zeigen die einzelnen Bundesländer, die Tempo 30 zur Schadstoffminderung ausprobieren."

Tempo-30-Zonen machen vor allem Sinn, wenn sich alle dran halten. Lange Strecken konstant 30 zu fahren, scheint hingegen nicht so gut für die Umwelt zu sein. "Die Schlussfolgerung daraus ist, man soll sich gerade im Kurzstreckenbetrieb die Wahl des Verkehrsmittels überlegen und da ist das Auto sicher die schlechte Wahl", sagt UBA-Experte Mönch und fügt hinzu: "Also ganz klare Priorität von Fußverkehr, Radverkehr und Öffentlichem Nahverkehr."

 So wäre das CO2- und das Schadstoffproblem tatsächlich gelöst.

Links/Studien

Umweltbundesamt: "Wirkungen von Tempo 30 an Hauptverkehrsstraßen" (als pdf)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 10. Januar 2023 | 08:00 Uhr