Tiger in Nahaufnahme, mit geöffnetem Maul an einem grünen Blatt, Kopf zur Seite geneigt
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Artenschutz Tiger geht's besser, Schweinswal kurz vorm Aussterben

31. Juli 2019, 14:19 Uhr

Die gute Nachricht zuerst: Etwa doppelt so viele Tiger wie noch vor 15 Jahren leben wieder in Indien. Vom Kalifornischen Schweinswal hingegen gibt es nur noch wenige Exemplare. Das zeigen zwei aktuelle Zählungen. Das Problem bedrohter Tierarten ist aber nicht so fern, wie wir denken.

Die Lage ist bitterernst für den kalifonischen Schweinswal. Noch 18-19 Exemplare sind bekannt. Damit gibt es auf der Welt nicht mehr Vaquitas als Menschen in einem mittleren Mietshaus, wie eine aktuelle Studie aus London bestätigt. Die Tiere leben im Golf von Kalifornien an der Westküste Mexikos. Die Frage ist, wie lange noch: Seit dem Jahr 2011 ist der Bestand um 99 Prozent gesunken. Und das, obwohl Mexiko bereits vier Jahre später den Fischfang in Treibnetzen verboten hatte.

Historischer Erfolg für den Tiger

Eine roter Pfeil nach unten, so wird der kalifornische Schweinswal auf der roten Liste bedrohter Arten geführt. In dieser berühmten Datenbank der Weltnaturschutzunion IUCN bedeutet das: Die Population geht deutlich zurück. Die Tiere, die zu den kleinsten Walen gehören, haben das Siegel "CR" erhalten. Das steht für Critically Endanged – vorm Aussterben bedroht – und ist auf der Skala im Prinzip der bedrohlichste Zustand. Nur zwei Kategorien sind schlimmer: "EW" – in freier Wildbahn ausgestorben. Und "EX" – ausgestorben. Vaquita ist damit der am akutesten bedrohte Meeressäuger der Welt.

Skala der IUCN auf der der Grad der Bedrohung eines Tieres zu erkennen ist, auszusterben. Hervorgehoben ist der Status "Critically Endangered CR" mit einem roten Kreis und einer Spitze oben rechts, in der sich das Red-List-Logo befindet.
So stellt die IUCN den Gefährdungsgrad einer Tierart dar. Bildrechte: IUCN

Auch der Tiger hat ein Siegel auf der Ausrottungs-Skala. "EN", endangered, stark gefährdet. Immerhin eine Stufe besser als der Schweinswal, doch nicht weniger bedenklich. In Sibirien leben nur noch um die 500 Tiger. Mit den Beständen in Süd- und Südostasien sind es über 3.000. Vielleicht noch mehr, das lassen aktuelle Zahlen hoffen. Denn allein für Indien hat die Regierung des Landes jetzt fast 3.000 Tiere vermeldet und nennt diese Zahl einen historischen Erfolg. Noch vor 15 Jahren waren es gerade einmal 1.400 Tiere. "Bei einer extrem bedrohten Art wie dem Tiger zählt jedes einzelne Tier", sagte Kathrin Samson, Tiger-Expertin der Umweltstiftung WWF der Deutschen Presseagentur. Mit Indien würde einer der bevölkerungsreichsten Staaten der Erde beweisen, dass Tigerschutz auch in wirtschaftlich aufstrebenden Ländern möglich sei.

Erst im vergangenen Jahr ist mit Sudan das letzte männliche Nördliche Breitmaulnashorn der Welt gestorben. Seitdem gibt es nur noch zwei Exemplare, seine Tochter und seine Enkelin. Für die Art ist es fast zu spät: Die einzige Hoffnung sehen Wissenschaftler darin, die Art durch künstliche Reproduktion zu sichern. Und die Embryos von südlichen Breitmaulnashörnern austragen zu lassen.

Bedrohte Arten zu schützen ist aber kein exotisches Anliegen in Fernost oder -west. Auch in Deutschland sind einige Tiere vom Aussterben bedroht. Da wäre zum Beispiel die Brunnenschnecke, eine winzige Schnecke, die nur in sehr sauberem Wasser überleben kann. Okay, man sieht das Schneckchen kaum: Greifbarer wird die Bedrohung bei der Bayerischen Kurzohrmaus, die auch zeigt, wie empfindlich Populationen auf den Einfluss des Menschen reagieren können. Erst Anfang der Sechziger wurde das possierliche Tier im Süden Bayerns entdeckt, kurze Zeit später galt es als verschollen. In den Siebzigern konnten die Mäuse in Tirol entdeckt werden. Die Lebensräume an beiden Fundorten sind inzwischen zerstört, bisher konnten keine neuen Exemplare nachgewiesen werden.

Auch für deutsche Wildnis ein Problem

Ein bekannter Vertreter ist der Europäische Nerz, der seit 1925 nicht mehr in Deutschland gesehen wurde und einst über große Teile Europas verbreitet war. Bestände scheint es noch in Nordspanien und Westfrankreich sowie am chwarzen Meer, der Ostsee und Osteuropa zu geben. Ihm wurde nicht nur die Bejagung zum Verhängnis, sondern auch die Zerstörung des Lebensraumes und die Konkurrenz durch den Amerikanischen Nerz, der – aus Pelzfarmen ausgebrochen – den einheimischen Nerz oft verdrängt hat.

Artenschutz hört im Übrigen nicht bei Tieren auf. Die Rote Liste der IUCN führt allein für Deutschland 18 bedrohte Pflanzenarten auf. Besonders auffällig: Der niedrige Bestand von Mehlbeeren, 13 Arten werden gelistet. Und mit der exotisch aussehenden Flechte Buellia asterella ist sogar ein Pilz dabei.

Denn auch das zeigt die Rote Liste: Ob nun ein Waldgewächs, das wahrscheinlich jeder beim Spaziergang übersehen oder Füßen treten würde oder ein exotisches Tierchen, dass sich unberkennbar als gutes Plakatmotiv in der WG-Küche eignet, ob als Ursache Wilderei, Beifang oder Zerstörung des Lebensraumes: Lebewesen bleiben Lebewesen – und die beiden Buchstaben CR besorgniserregend.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 12. Juli 2019 | 12:23 Uhr