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EcoRespira-AmazonFreiberger Forscher untersuchen Böden im Amazonas-Gebiet

11. September 2019, 12:48 Uhr

Die heftigen, weitläufigen Brände im Amazonas-Becken bedrohen den Regenwald im Zentrum Südamerikas. Dabei hat der eine weltweite ökologische Bedeutung. Deshalb erforschen Geoökologen der TU Bergakademie Freiberg schon seit 2016 die Böden im brasilianischen Amazonas-Gebiet. Ihr Ziel ist es, mehr zu erfahren über die Landnutzung und den Erhalt der Natur im Regenwald. Bald geht es für die Freiberger für weitere Untersuchungen wieder in den Regenwald.

Der Regenwald atmet, sagt Geoökologie-Professor Jörg Matschullat. Und wenn wir Menschen mithilfe unserer Lungen atmen, dann sei das ein Zeichen für unsere Gesundheit. Und in Analogie können man sagen, dass auch ein Ökosystem, auch der Boden atme. "Und wenn wir diese Atmung untersuchen, können wir herausfinden, wie gesund dieses System ist", ergänzt Matschullat in einem Podcast der TU Bergakademie Freiberg. Er spricht über das Ziel des Deutsch-Brasilianischen Forschungsprojekts "EcoRespira-Amazon", bei dem die Forscher also gewissermaßen die Atmung des Bodens im Amazonas-Gebiet untersuchen.

Messbare Auswirkungen der Waldverluste

Die Feuer im Amazonas-Gebiet machen dem Geoökologen große Sorgen. Eine Wiederaufforstung könnte Jahre dauern. Außerdem sei es wichtig, zu verstehen, dass das große Biom Amazonas-Regenwald eines der sogenannten Kippelemente im Klimasystem unseres Planeten sei.

Wir wissen, dass sich sein Zustand sehr schnell radikal verändern kann – doch wir wissen nicht, ab welchem Waldflächenverlust dies der Fall sein wird. Sicher ist dagegen, dass es bereits jetzt messbare Auswirkungen der Waldverluste gibt.

Prof. Jörg Matschullat, TU Bergakademie Freiberg

Die zeigten sich etwa in erhöhten Durchschnittstempereaturen, vermindertem Jahresniederschlag und in stärkeren Extremwetterereignissen - vor allem echten Trockenphasen, ergänzt der Geoökologe.

Entwaldete Flächen empfindlicher

Die ersten Ergebnisse aus den Messungen des Projekts "EcoRespira-Amazon" zeigen der TU Freiberg zufolge, dass sich durch die Rodung von Wäldern die Bodenchemie und -physik deutlich verändern. Die entwaldeten Flächen seien viel empfindlicher - vor allem gegenüber Trockenheit. Wenn es so weiter geht wie jetzt, wird das unweigerlich zur Katastrophe führen, sagt Matschullat: "Ein Großteil der heutigen Nachnutzungspraxis ist nicht nachhaltig und wird das System mittel- bis langfristig zum Zusammenbruch führen."

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In ihren Feldstudien haben die Freiberger Forscher Bodenmessungen im Regenwaldboden und in entwaldetem Boden gemacht und Vergleichsproben genommen. Die Untersuchungen zeigen jetzt: Auch die Atmung des Bodens unterscheidet sich radikal. Bleiben wir bei der Analogie zum atmenden Menschen: zeigen Waldflächen eine gesunde tiefe Atmung, atmen gerodete Nachnutzungsflächen sehr flach, so Matschullat. Das sei ein klares Signal für veränderte mikrobielle Lebensgemeinschaften und geringere Widerstandskraft.

Globales Umdenken nötig

Das ist ein dem Geoökologen zufolge ein regelrechter Teufelskreis, denn ohne Rodung ist keine großflächige Weide- und Landwirtschaft im Amazonas-Gebiet möglich. Die indigene Landwirtschaft dagegen, die in diesem Gebiet seit Jahrtausenden erfolgreich sei, funktioniere nachhaltig. Doch sie reiche eben nicht, um die Mengen an beispielsweise Mais, Soja oder Hirse zu erzeugen, die Brasilien exportiere - und zwar nach Europa und Nordamerika.

Geoökologie-Professor Matschullat fordert deshalb ein globales Umdenken in Kombination mit Wiederaufforstungskonzepten. Anders könne der Amazonas-Boden nicht gerettet werden, weil es viele Jahre bis Jahrzehnte brauche, bis ein von unangepasster Landwirtschaft ausgebluteter Boden wieder fruchtbar werden könne.

Die Aufforstung im Amazonas-Becken wird Jahre dauern. Bildrechte: imago/imagebroker

Für Matschullat und sein Team geht es bald wieder ins Amazonas-Gebiet, um weitere Bodenforschung zu betreiben. Denn nur, wenn wir wüssten, wie der Boden heute auf Veränderungen reagiert, könnten wir abschätzen, wie er künftig auf den Wandel in der Region reagieren werde. Vort Ort wollen die Forscher dieses Mal Flächen untersuchen, die regelmäßig unter Wasser stehen. Solche Gebiete machten immerhin bis zu einem Viertel der Fläche des Amazonasregenwaldes aus. Dafür haben die Freiberger gemeinsam mit anderen Fachbereichen ganz neue Messtechnik entwickelt. Geoökologie-Professor Matschullat und sein Team versprechen sich davon ganz neue Möglichkeiten.

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | 29. August 2019 | 07:20 Uhr

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