Zwei Hände halten eine Glasplatte auf der farbige Linien zur Schaltkreisen angeordnet sind.
Statt PCR-Test bei Corona: Mit Hilfe solcher Chips auf denen chemische Reaktionen programmiert sind, entwickeln Dresdner Forscher einen günstigen und zuverlässigen Test auf das Sars-Coronavirus-2 und andere Erreger. Bildrechte: TU Dresden

Coronavirus Nachweis Alternative zum PCR-Test: kostengünstig und ebenso zuverlässig

25. Januar 2022, 15:42 Uhr

Dresdner Forscher entwickeln aktuell eine günstigere, schnellere und ebenso zuverlässige Alternative zum PCR-Test auf Basis spezieller Chips. Neben Corona könnten damit auch weitere Viren, wie Grippe getestet werden.

Deutschland hat ein Problem bei den Corona-Tests. Die Kapazitäten für die PCR-Tests sind im Vergleich zu unseren Nachbarländern relativ gering, zudem sind die Kosten für Tests wegen der benötigten Chemikalien und des Personal- und Geräteaufwands hoch. Aufgrund des sprunghaften Anstiegs der Infektionen durch die Omikron-Variante könnten die PCR-Tests im Land bald nicht mehr ausreichen. Deshalb diskutiert die Politik gerade, den Zugang zu den Tests zu beschränken und notfalls in Einzelfällen auf die weniger zuverlässigen Antigen-Schnelltests auszuweichen. Das könnte dazu führen, dass einerseits ansteckende Infizierte nicht zuverlässig erkannt werden, andererseits der Überblick über die Entwicklung des Infektionsgeschehens vollends verloren geht. Das wäre ein enormes Problem.

Zuverlässig wie PCR, einfach wie Schnelltests: LAMP-Verfahren der TU Dresden

Bei der schnellen Bewältigung dieser Herausforderung kann die Arbeit von Forschern von der Technischen Universität Dresden zwar wahrscheinlich nicht mehr helfen. Aber bei kommenden Coronawellen oder anderen Viruskrankheiten könnte der Test, den die Wissenschaftler um die Professoren Andreas Richter (Mikrosystemtechnik), Mario Menschikowski (Laboratoriumsmedizin) und Alexander Dalpke (Virologie) gerade entwickeln, einen entscheidenden Vorteil bieten. Das sogenannte Verfahren "Multiplex- LAMP" soll Viren in einer Probe so zuverlässig erkennen wie ein PCR-Tests, aber so schnell und einfach durchführbar sein, wie ein Antigenschnelltest. LAMP kombiniere die Vorteile beider Verfahren, sagt Richter im Gespräch mit MDR-WISSEN. Der Freistaat Sachsen und die EU haben die Forschung daher aus einem Programm zur Bekämpfung der Pandemie und ihrer Folgen finanziert.

PCR-Tests: Notwendiges Labor-Equipment kostet mehrere hunderttausend Euro

Zwei Hände halten eine Glasplatte auf der farbige Linien zur Schaltkreisen angeordnet sind.
So sieht der Chip der Dresdner Forscher aus, mit dessen Hilfe schnell und kostengünstig Viren in Proben nachweisbar werden sollen. Bildrechte: TU Dresden

Wie bei einem PCR-Test prüft auch LAMP, ob in einer Probe Viruserbgut vorhanden ist. Bei der PCR funktioniert das über die sogenannte Polymerase-Kettenreaktion, bei der die im Abstrich von Infizierten vorhandene Virus-RNA in DNA umgewandelt und danach in einem aufwändigen Verfahren vervielfältigt wird. Richter: "Dafür benötigen sie in einem Labor einerseits einen Pipettierroboter, der gut und gerne 500.000 Euro kostet. Anderseits brauchen Sie teure Reagenzien um den Test chemisch vorzubereiten und durchzuführen." In einem sogenannten Thermocycler werde die Probe dann in 20 bis 30 Zyklen erwärmt und abgekühlt.

Lab-on-Chip: Das Chemielabor auf einem Mikrochip

Der LAMP-Test hingegen arbeite mit einer Art Lab-on-Chip-Technologie. Dabei werden Komponenten für chemische Tests auf Mikrochips verbaut. Transistor-ähnliche Bauteile und Schaltungen berechnen auf dem Chip den Test und führen ihn so optimal durch. "Diese Chips ersetzen den Roboter des PCR-Tests komplett", sagt Richter.

LAMP: 90 Prozent weniger Reagenzien und Ergebnis in 20 Minuten

Professor Andreas Richter von der Technischen Universität Dresden
Preofessor Andreas Richter. Bildrechte: TU Dresden

Im Endeffekt seien für die Durchführung eines LAMP-Tests daher nur ein Zehntel der Menge der Nachweischemikalien nötig, die ein Labor für die PCR benötige. Außerdem komme der Test ohne das aufwendige Laborequipment und Fachpersonal aus und könne daher auch in Testzentren, Arztpraxen oder Apotheken genutzt werden. "Ich würde auf jeden Fall eine kontrollierte Umgebung mit geschultem Personal empfehlen, aber sogar ein Einsatz zuhause wäre denkbar", sagt Richter. Wenn der Test ausentwickelt ist, soll er innerhalb von 20 Minuten ein zuverlässiges Ergebnis liefern.

LAMP kann alle möglichen Viren nachweisen

Langfristig könnte der von den Dresdner Forschenden entwickelte Virus-Test so deutlich günstiger werden als die PCR-Methode. Allerdings wird es wohl noch etwas dauern, bis aus dem Forschungsprojekt ein Verfahren für die Anwendung in der breiten Praxis geworden ist. Bis zum Ende des Jahres 2022 soll ein Prototyp demonstrieren, dass das LAMP-Verfahren zuverlässig funktioniert. Außerdem soll ein Unternehmen ausgegründet werden, das den Test bis zur Marktreife führt. Dem aktuellen Mangel an Testkapazitäten können die Forscher daher nicht mehr abhelfen. Aber bei kommenden Infektionswellen oder anderen Viruserkrankungen könnte die Entwicklung helfen, bessere Daten zur Verbreitung eines Erregers zu bekommen. Wie die PCR ist auch Multiplex-LAMP nicht auf ein bestimmtes Virus festgelegt, sondern könnte neben Sars-CoV-2 auch Influenza, RSV oder andere Erreger erkennen.

(ens)

4 Kommentare

nasowasaberauch am 26.01.2022

@Goffman Seltsame Logik. Eine Sensivität von 100% ist nun mal besser als die mit 75% weil da zur immer vorhandenen Unsicherheit zusätzlich die 25% hinzu kommen. Außerdem hat das Paul Ehrlich Institut eine Liste der zuverlässigen Schnelltests veröffentlicht. Jeder hat die Wahl, aber nicht jeder taucht tief in die Problematik ein und genau da sehe ich die Sorgfaltspflicht des Staates, besonders in den Testzentren.

MDR-Team am 26.01.2022

Hallo @goffman,
während überall sonst PCR-Tests rationiert werden, will Wien weiter genügend anbieten. Die Österreicher liegen bei der Testquote deutlich vor Ländern wie Deutschland. Woran liegt das?

https://www.tagesschau.de/ausland/europa/oesterreich-pcr-tests-101.html

Liebe Grüße

goffman am 25.01.2022

Mir ist kein Land bekannt, dass alle Bürger wöchentlich PCR testet.
Ja, es mag vielleicht Infizierte geben, bei denen die Infektion nicht erkannt wird, weil sie nur einen Schnelltest machen und dieser die Infektion eben nicht zu 100 % erkennt. Deshalb macht man bei erhöhter Wahrscheinlichkeit (entsprechende Symptome, Kontakt) oder erhöhtem Risiko (z.B. Krankenhausmitarbeiter) ja auch einen PCR-Test.

Aber ich sehe es von der anderen Seite: Es ist besser, eine Infektion mit einer Wahrscheinlichkeit von >75 % dank Schnelltest zu erkennen, als sie mit einer Wahrscheinlichkeit von 100 % nicht zu erkennen - weil mangels Indikatoren kein Test durchgeführt wurde.

Unterm Strich erkennen wir mit Schnelltests und indizierten PCR-Tests mehr Infektionen als nur mit indizierten PCR-Tests. Deshalb ist die Zulassung für mich verständlich.