Ältere Erwachsene kaufen auf einem lokalen Markt Gemüse und unterhalten sich dabei freundlich.
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Wissen-News Eine Anpassung der Mehrwertsteuer könnte nachhaltige Ernährung unterstützen

10. Januar 2025, 16:04 Uhr

Mehrwertsteuer für tierische Produkte rauf und für pflanzliche Produkte runter. Eine aktuelle Studie simuliert, wie viel Geld und CO2 sich mit dieser politischen Veränderung sparen ließe und was das für unsere Gesundheit bedeuten würde.

Der Pro-Kopf-Verzehr vom Fleisch ist in Deutschland 2023 voraussichtlich gesunken und liegt bei 51,6 Kilogramm pro Jahr. Für Umwelt und Gesundheit wäre es wünschenswert, dass diese Zahl weiter sinkt und mehr Obst und Gemüse konsumiert wird. Was wir kaufen und essen, wird stark davon beeinflusst, wie viel wir im Supermarkt dafür bezahlen müssen.

Eine aktuelle Studie unter Beteiligung des Thünen-Instituts für Marktanalyse hat deshalb untersucht, was eine Anpassung der Mehrwertsteuer in Europa in diesem Zusammenhang verändern könnte. Über eine Veränderung der Mehrwertsteuer könnte Obst und Gemüse billiger werden, Fleischprodukte hingegen würden teurer. Die Forschenden nutzen Szenarien für die wirtschaftliche, gesundheitliche und ökologische Entwicklung und prognostizieren anhand dieser Modelle, wie sich eine veränderte Mehrwertsteuer jeweils auswirken kann.

Mischmodell bringt Vorteile

Die größte positive Veränderung ließe sich der Studie zufolge mit einem Mischmodell bewirken: Wenn die Mehrwertsteuer auf pflanzliche Produkte gesenkt wird, würde sich in den meisten europäischen Ländern die Ernährung verbessern, was mit einer besseren Gesundheit in Zusammenhang steht. Wird die Mehrwertsteuer auf tierische Produkte parallel dazu erhöht, ginge das der Prognose zufolge mit Vorteilen für die Umwelt und natürlich mehr Steuereinnahmen einher.

Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Fleischprodukte auf die maximalen Sätze der einzelnen Nationen könnte dazu führen, dass die entsprechenden Produkte im Schnitt europaweit mit 21 Prozent MwSt. besteuert würden. Bei der maximalen Senkung der Steuer würden hingegen Null Euro auf pflanzliche Produkte anfallen.

Zehn Millionen Tonnen CO2 weniger in Deutschland

Mittels Datensimulation ermitteln die Forschenden, dass eine solche Umstrukturierung der Steuer beispielsweise in Deutschland zu zehn Millionen Tonnen weniger CO2-Emissionen pro Jahr führen könnte. Das entspricht in etwa den jährlichen Gesamtemissionen Lettlands. „Um Zielkonflikte zwischen Ökonomie, Umwelt und Gesundheit zu minimieren, sollte nach Möglichkeit die Mehrwertsteuer auf beide Produktgruppen angepasst werden“, sagt Dr. Florian Freund vom Thünen-Institut für Marktanalyse.

Die Studie zeigt auch, dass die Mehrwertsteuer möglicherweise auch ein gutes Instrument für eine bessere Klimapolitik sein könnte: "Lässt sich eine stärker zielgerichtete Abgabe wie die CO2-Steuer nicht durchsetzen, könnte die Reform der Mehrwertsteuer eine einfache Möglichkeit sein, dennoch Ernährungssysteme nachhaltiger zu gestalten", sagt Dr. Marco Springmann, Leitautor der aktuellen Studie und Forscher am Environmental Change Institute der Universität Oxford.

Links/Studien

Die Studie A reform of value-added taxes on foods can have health, environmental and economic benefits in Europe ist bei Nature Food erschienen und kann hier nachgelesen werden.

iz

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | ARD Mittagsmagazin | 09. Januar 2025 | 12:10 Uhr

3 Kommentare

MDR-Team vor 23 Stunden

Hallo @weils so nicht unwidersprochen bleiben darf,
die gesetzlichen Regelungen zum Schutz der Gesundheit ergeben sich immer aus Artikel 2 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland. Das Recht auf körperliche Unversehrtheit verpflichtet den Staat analog dazu, dieses Recht durch Maßnahmen zu fördern. In o.g. Studie geht es um die mögliche Anpassung der Mehrwertsteuer auf bestimmte Produkte, da man festgestellt hat, dass der Preis einer Ware in die Kaufentscheidung mit einfließt. Außerdem habe es nach dieser Studie positive Auswirkungen auf die Umwelt.

Jedoch ist dies keine "Bevormundung", denn die Kaufentscheidung treffen immer noch Sie.

Herzliche Grüße

weils so nicht unwidersprochen bleiben darf Gestern

Das Ansinnen ist keineswegs löblich, sondern schlicht eine Zumutung,
Die Ergebnisse wären auch keineswegs wünschenswert, weil wieder einmal eine Lenkung von Produktion und Konsum durch nichts als eine ideologische Bevormundungsabsicht legitimiert würde - etwas, den jeweils Herrschenden im Staat zwar leider möglich und erlaubt ist, gegen dass aber jeder Bürger, dem Respekt vor seiner Mündigkeit und Freiheit am Herzen liegt, tunlichst protestieren und (durch seine Wahlentscheidungen) auch tätig vorgehen sollte.

na so was vor 2 Tagen

Das Ansinnen ist löblich. Die Ergebnisse wären durchweg wünschenswert, allein, durch die Änderungen der Mehrwertsteuer würde sich gar nichts ändern, weil von der Senkung beim Verbraucher nichts ankommen würde. Die Verteuerung von Fleisch und Wurst hingegen schon. Man sollte also ehrlich argumentieren und sagen, daß nichts billiger, Fleisch und Wurst aber teurer werden sollten, um die gewünschten Effekte zu erreichen. Konterkariert wird die ganze Sache dann aber von der Einfuhr billiger, weil unkontrollierter, Fleischprodukte aus Südamerika. Theorie trifft Praxis.

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