Riesen-Fledermaus (Myotis myotis), im Winterschlaf, mit Weissnasen-Syndrom
In den USA hat die Weißnasenkrankheit die Fledermauspopulation schrumpfen lassen, was weitreichende Auswirkungen hatte. Bildrechte: picture alliance / blickwinkel/AGAMI/T. Douma | AGAMI/T. Douma

Wissen-News Was ein europäischer Fledermauspilz mit Säuglingssterblichkeit in den USA zu tun hat

09. September 2024, 13:49 Uhr

Biodiversität wirkt komplex. In einer neuen Studie wurde das nun eindrucksvoll gezeigt: Ein importierter Pilz hat in den USA die Fledermauspopulation dezimiert, was den Insektizidverbrauch in der Landwirtschaft in die Höhe schießen ließ. Am Ende litten darunter Babies.

Eval Frank, ein Forscher an der Universität Chicago, hat die weitreichenden Auswirkungen von Fledermaussterben in US-amerikanischen Counties analysiert. In den kleinen Verwaltungseinheiten, in denen zwischen 2006 und 2014 die Weißnasenkrankheit unter den fliegenden Insektenfressern ausbrach, verstarben bis zu 70 Prozent der Fledermäuse. Der für die Erkrankung verantwortliche Pilz, der aus Europa in die USA exportiert wurde, verursachte weitreichende Folgen. Weil die Population der Säuger zurückging, stieg vermutlich die der Insekten dramatisch.

"Wichtiges Stück Evidenz über die Auswirkungen von ökologischer Veränderung auf Mensch und Wirtschaft"

Denn – das konnte Frank nachweisen – in den Folgejahren nach dem Ausbruch der Fledermauskrankheit wurde signifikant mehr Gift gegen Schädlinge in der Landwirtschaft eingesetzt. Bis zu 30 Prozent. Damit wollten die Bauern die Ausfälle in der Ernte kompensieren, die um ein knappes Drittel geringer ausfiel als vor dem Auftreten der Krankheit. Die Kosten für die Insektizide und der Schaden durch den verringerten Ertrag beliefen sich im Zeitraum zwischen 2006 und 2017 auf beinahe 27 Milliarden Dollar (etwa 24 Milliarden Euro). Nicht mit Geld aufzuwiegen ist dagegen der Anstieg der Säuglingsmortalität in den betroffenen Counties, die im Vergleich zu Gebieten ohne Weißnasenkrankheit um über zu acht Prozent höher lag.

Martin Quaas, Bioökonom an der Universität Leipzig, lobt die Arbeit des US-Forschers: „Eyal Frank zeigt hier eindrucksvoll, dass sich der Einbruch einer Fledermauspopulation auf die Verwendung von Insektiziden und auf die Säuglingssterblichkeit auswirkt. Damit liefert diese Studie ein wichtiges Stück Evidenz dafür, wie sich ökologische Veränderungen auf die Wirtschaft und auf Menschen auswirken.“ Als Konsequenz bringt Quaas eine stärkere Regulierung des Insektizid-Einsatzes ins Spiel. Alternativ könnten bei einem vergleichbaren Ausbruch von Krankheiten, die Schädlinge in einer Region stärken, auch die Widersacher gestärkt werden. Also um im Beispiel zu bleiben: Landwirte etwas dafür tun, dass die Fledermauspopulation zunimmt. Dafür brauche es allerdings Bildungsangebote, die auch die Konsequenzen des übermäßigen Pestizideinsatzes verdeutlichen.

smc/jar

Dieses Thema im Programm: MDR S-ANHALT | Sachsen-Anhalt Heute | 01. September 2024 | 19:00 Uhr

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