Omega-3-Lieferant Und freitags gibt's Algen!
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18. September 2020, 11:51 Uhr
Wissen Sie, ob Sie genug Omega-3-Fettsäuren aufnehmen? Die haben nämlich eine große Bedeutung für unseren Stoffwechsel, sind lebenswichtige Bausteine in unserem Organismus. Hauptlieferant ist Fisch. Doch das ist ein Problem: Teile der Weltmeere sind überfischt und Speisefisch aus der Zucht ist auch aus ökologischer Sicht nicht ganz unproblematisch. Und dann gibt es ja auch noch die, die gar keinen Fisch essen! Forschende der aus Halle empfehlen deshalb: Mikroalgen aus heimischer Produktion.
Sie schwimmen in transparenten langen Röhren, schimmern dunkelgrün und ernähren sich vor allem von Licht. Mit konventionellem Gemüseanbau hat die Produktion von Mikroalgen im sogenannten Photobioreaktor wenig zu tun. Und doch könnte sie in Zukunft eine wichtige Rolle in unserer Ernährung spielen. Denn Mikroalgen könnten eine alternative Quelle für die gesunden Omega-3-Fettsäuren sein – und zwar eine umweltfreundlichere als beliebte Fischarten aus der Aquakultur-Zucht, erläutert Ernährungsforscherin Susann Schade von der Martin-Luther-Universität in Halle. Omega-3-Fettsäuren sind zum Bespiel Baustein unserer Zellmembran, helfen bei der Produktion verschiedener Botenstoffe im Körper und stärken die Immunabwehr. Doch zwei der drei Fettsäuren nehmen wir vor allem in Form fettiger Meeresbewohner auf.
Und ein sehr großes Problem bei Aquakultur-Fisch ist die Futtermittelherstellung. Die verbraucht viel Energie. Und vor allem – was der entscheidende Faktor ist – sie hat einen hohen Landverbrauch. Und das hat die Umweltwirkungen von Aquakultur-Fisch doch sehr in die Höhe getrieben.
Am Ende ist Fischzucht eben auch nur Massentierhaltung mit den typischen Problemen. Deshalb hat Schade untersucht, wie die Umweltauswirkungen eines heimischen Mikroalgen-Anbaus im Vergleich zur Fischzucht wären. Bisher würden Mikroalgen nämlich vor allem in Asien in flachen Teichen angebaut, erläutert Schade. Einige Arten wachsen aber besser im geschlossenen Photobioreaktor. Und die könnten problemlos auch in unseren Breitengraden aufgebaut werden. In Klötze in der Altmark zum Beispiel gibt es sogar schon so eine Algenfarm. Ernährungsforscherin Schade hat für ihre Untersuchung einen Anbau am Standort Halle modelliert.
Optimale Temperatur entscheidend
Wichtig sei bei der Kultivierung, dass immer die optimale Temperatur eingehalten wird. Die Forschenden sind von einer Kultivierung von April bis Oktober ausgegangen, haben dafür die Klimadaten vom Standort analysiert und auch verschiedene Kultivierungssaisons ausgewertet.
Die Photobioreaktoren müssen unter freiem Himmel stehen, um genug Licht zu bekommen und damit die Alge wächst, braucht es Temperaturen im Plus-Bereich. Und dann frisst der Anbau im Photobioreaktor auch noch eine ganze Menge Energie. Trotzdem sei das besser für die Umwelt als die hohen Belastungen durch die Fischzucht.
Einen höheren CO2-Ausstoß, einen höheren Energieverbrauch, ein höheres Versauerungspotenzial: Das waren diese drei Indikatoren, die meistens bei Aquakultur-Fisch höher waren als bei den hier virtuell erzeugten Mikroalgen.
Die Forscherin sieht die Mikroalgen aber nicht als Konkurrenz zum Fisch, sondern als Ergänzung. Zwar seien die Deutschen rein statistisch betrachtet nicht unterversorgt mit den Omega-3-Fettsäuren, wer aber nicht zwei Mal in der Woche fettigen Fisch isst, könnte trotzdem einen Mangel haben. Um das mit Mikroalgen auszugleichen, muss man noch nicht einmal Algen-Salat verspeisen.
Mikroalgen im Smoothie
Die meisten Mikroalgen werden als Pulver oder kleine Tabletten verkauft – als Nahrungsergänzungsmittel. Man kann Mikroalgen-Pulver beispielsweise auch in einen Smoothie geben. Ziel sei es, ergänzt Schade, dass Mikroalgen in andere Lebensmittel integriert werden. So gebe es bisher etwa schon Nudeln oder Cracker. Doch da muss auch der Konsument mitspielen: Denn die grüne Farbe könnte vielleicht so manche eher abschrecken.
Link zur Studie
Die Studie Distinct microalgae species for food-part 2: comparative life cycle assessment of microalgae and fish for eicosapentaenoic acid (EPA), docosahexaenoic acid (DHA), and protein. erschien im Fachblatt Journal of Applied Phycology. DOI: 10.1007/s10811-020-02181-6
Deutschsprachige Zusammenfassung
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 07. Juli 2020 | 14:15 Uhr