Pilze sammeln - Genuss und Gefahr 250 Gramm Pilze sind ungefährlich – wenn es Speisepilze sind
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17. Oktober 2019, 15:30 Uhr
Mitten in der Pilzsaison gibt es schlechte Nachrichten: Das Giftinformationszentrum meldet eine überdurchschnittlich hohe Anzahl von Pilzvergiftungen. Was ist los in unseren Wäldern und bei den Pilzsammlern? Kann man noch mit Genuss Wildpilze sammeln und essen oder ist das in diesem Jahr besonders gefährlich? Und wie viel Radioaktivität steckt immer noch in den Fruchtkörpern?
Pilze finden - das bedarf Übung und Wissen, verrät Pilzberater Stefan Fischer aus Zeitz. Im Hochwald gibt es zur Zeit die meisten.
In Mittelsachsen haben wir die große Dübener Heide, die immer reiche Pilzvorkommen bietet. Und mein Favorit ist ganz einfach der Thüringer Wald, das Thüringer Holzland.
Neben dem Thüringer Wald kann Fischer das Erzgebirge empfehlen. "Überall dort, wo schöne große Waldstücken sind, wird man sicher Erfolg haben."
Doch vielen Sammlern bleibt in diesem Jahr der Erfolg in der Kehle stecken: Die Zahl der Pilzvergiftungsfälle ist bereits doppelt so hoch wie 2018, meldet das Gemeinsame Giftinformationszentrum der Länder Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Dabei hat die Pilzsaison gerade erst so richtig begonnen. Die Zahlen muss man statistisch richtig einordnen, sagt Pilzberater Stefan Fischer aus Zeitz. Es werden dabei auch viele Verdachtsfälle erhoben, sagt er:
Es kann auch eine Unverträglichkeit vorliegen oder sie waren verdorben oder wurden nicht ordentlich erhitzt. Das spielt auch eine Rolle. Die Statistik der wirklichen Vergiftungen kann erst später erhoben werden.
Allerdings räumt Fischer auch ein: Das Pilzjahr 2019 ist außergewöhnlich. Zuerst die Trockenheit im Sommer, dann heftige Regenfälle, dadurch an Waldrändern und Wiesengebieten explosionsartige Vorkommen von Champignons. "Und eben auch von dem Giftchampignon."
Der tintig riechende, giftige Karbolchampignon sieht dem Wiesenchampignon zum Verwechseln ähnlich. Ebenso der Egerlingsschirmling, der weiße statt rosafarbene Lamellen hat und als nicht essbar gilt. In der Region Chemnitz, so berichtet Stefan Fischer, gibt es in diesem Jahr viele der Pantherpilze, dessen Gift Halluzinationen, Krämpfe und Atemlähmung auslösen kann.
Den Pantherpilz kann man vor allem mit dem Perlpilz verwechseln, der ja auch gerne genommen wird. Man muss sich die Merkmale genau angucken: Er hat eine Knolle, die Manschette ist anders und er rötet nicht im Hutfleisch.
95 Prozent aller Pilzvergiftungen gehen glücklicherweise noch glimpflich ab. Und von den ca. 5.000 Pilzsorten, die es in unseren Breiten gibt, ist glücklicherweise nur etwa jeder fünfzigste ein Giftpilz, jeder zehnte aber ein Speisepilz.
33 Jahre nach Tschernobyl
Doch auch da wird der Pilzfreund gewarnt. Diesmal vom Bundesamt für Strahlenschutz: Auch 33 Jahre nach Tschernobyl sind Wildpilze immer noch radioaktiv belastet. In manchen Teilen Bayerns könne man mit nur einer Pilzmahlzeit mehr Radioaktivität aufnehmen als durch andere Lebensmittel im Laufe eines Jahres. Für Bayern trifft das zu, sagt Dieter Kunadt von der Deutschen Gesellschaft für Mykologie. Allerdings sieht er für Mitteldeutschland keine größere Gefahr:
Es ist bei weitem nicht so wie in Bayern. Die Radioaktive Wolke ist ja über die Slowakei und Tschechien nach Bayern und Baden Württemberg gezogen und eine kleine Wolke kam über die Ostsee in den Harz.
Dort, so Kunadt, habe man jetzt auch erhöhte Werte festgestellt, aber nicht im kritischen Bereich. Man müsse nur aufpassen, dass man nicht zu viele Pilze isst. "Und stellen Sie sich vor, Sie fliegen nach New York. Da haben Sie mit einem Flug mehr Radioaktivität aufgenommen als mit den Pilzen."
Bis zu 250 Gramm Wildpilze pro Woche - das sei ungefährlich, heißt es auch vom Bundesamt für Strahlenschutz. Fazit also: Für den wachsamen Sammler, der nur Pilze mitnimmt, die er wirklich kennt, für den ist Pilze sammeln auch in diesem Jahr nicht gefährlich, sondern ein Genuss.
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | Sachsenspiegel | 16. Oktober 2019 | 19:00 Uhr