Wildvögel Vögel füttern – Das Für und Wider aus Sicht der Wissenschaft
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03. Dezember 2024, 12:05 Uhr
Gerade, wenn die Tage kälter werden, fragen sich viele: Vögel füttern oder lieber nicht? Die Wissenschaft zeichnet ein differenziertes Bild über die Folgen.
Futterstellen für Vögel sind ein Hort der Glückseligkeit. Zumindest auf den ersten Blick. Denn während sich die gefiederten Wesen um ihr Essen balgen, greift der Mensch in die Lebensweise der Tiere ein. So sieht der Blick der Forschung auf das Thema aus. Wer von der Wissenschaft einen Freibrief nach dem Motto "Füttern Sie einfach los" erwartet, wird vermutlich enttäuscht. Aber lesen Sie trotzdem bis zum Ende.
Fütterung hilft den Starken mehr als den Schwachen
Eine Studie aus Neuseeland aus dem Jahr 2015 hat gezeigt, dass eingeführte Arten besonders von der Fütterung profitieren und sich dadurch im städtischen Raum das Verhältnis von heimischen und invasiven Wildvögeln verändert. Und diese Veränderungen blieben auch bestehen, als die Tiere nicht mehr extra Nahrung erhielten. Dazu wirkte sich die Fütterung auch auf Insektenfresser aus, die aus dem städtischen Raum verdrängt wurden.
Generell greift, wer füttert, in den Konkurrenzkampf von Wildvögeln ein. Gewinner des zusätzlichen Angebots an Essen scheinen – neben den eingeführten Arten – auch größere, schwerere Vogelarten zu sein, wie eine Untersuchung aus den USA von 2018 gezeigt hat. An den Futterstellen dominierten die Schwergewichte unter den Spatzen, die mehr Zeit dort verbrachten und sich die höherwertige Nahrung einverleibten.
Krankheiten lieben Futterstellen
Vogelhäuschen sind aber nicht nur Orte des Kampfs um die besten Sonnenblumenkerne, sie sind auch Hotspots für die Übertragung von Krankheiten. Im US-Bundesstaat Illinois haben Wissenschaftler vor einem knappen Jahrzehnt Vögel über einen Zeitraum von drei Jahren in Wäldern beobachtet, die entweder gefüttert wurden oder nicht. Die Tiere mit dem Extraangebot an Nahrung waren weniger gestresst und hatten ein schnelleres Federwachstum, bei einigen verbesserte sich sogar die Immunabwehr. Dennoch nahm die Verbreitung von Krankheiten in den Wäldern mit Futterstellen zu. Bindehautentzündungen, Hauterkrankungen und Vogelpocken breiteten sich aus.
Auch in städtischen Gebieten konnten ähnliche Zusammenhänge festgestellt werden. In Neuseeland untersuchte eine Gruppe von Forschern Wildvögel auf Krankheitserreger und fand bei zugefütterten Tieren einen erhöhten Wurmbefall sowie eine stärkere Belastung durch Federläuse. Doch auch hier waren die Amseln und Sperlinge, die Futterstationen nutzen konnten, in einem besseren körperlichen Fitnesszustand.
Änderung im Verhalten gegenüber Menschen und den Jahreszeiten
Vom Menschen verabreichtes Futter verändert aber wohl nicht nur die Gesundheit der Vögel, sondern wirkt sich auch auf ihr Verhalten aus. So beobachteten Wissenschaftler in China in einer Studie aus dem Jahr 2020 Unterschiede in der Flugdistanz von Schwarzkopfmöwen zwischen urbanen und ländlichen Lebensräumen. Die Forscher sprechen gar von einer Form der Domestizierung, beobachteten, wie die Wildtiere aktiv um Futter bettelten und weniger Angst vor dem Menschen hatten.
Auch auf das Zugverhalten hat das Zusatzangebot des Menschen für Vögel einen Einfluss. Die Mönchsgrasmücke (Sylvia atricapilla) überwintert zunehmend in Großbritannien und Irland, anstatt in den Mittelmeerraum zu ziehen. Neben dem Klimawandel haben Wissenschaftler die Gabe von Essen durch den Menschen als einen weiteren Grund dafür ausgemacht. Die gefütterten Vögel zeigen eine hohe Standorttreue und bleiben oft bis kurz vor dem Frühlingsabflug an den Fressstellen. Die Überlebensrate der Tiere in den Wintermonaten nehme durch die Hilfe des Menschen zu und beeinflusse auch evolutionäre Anpassungen, wie länger werdende Schnäbel, kleinere Fettreserven und rundere Flügelspitzen. Dazu konnten Auswirkungen auf das Brutverhalten gezeigt werden.
Falsches Füttern gefährdet nicht nur die Gesundheit der Wildvögel
In Amsterdam stellten Wissenschaftler in einer Studie fest, dass zwei Drittel der Befragten, die Vögel fütterten, diesen Brot gaben – ein Kardinalsfehler, der nicht nur die Gesundheit der Federtiere gefährdet, sondern auch Ratten anlockt, dadurch die öffentliche Gesundheit des Menschen gefährdet und die Wasserqualität negativ beeinflusst. In beinahe allen Forschungsberichten, die hier angesprochen wurden, unterstreichen die Autoren und Autorinnen die Relevanz der richtigen Fütterung, sowohl was die Zusammensetzung, aber auch den Ort von Vogelhäuschen und Co betrifft. Auch auf die Qualität des Bodens kann sich Vogelfutter auswirken.
Profiteur Mensch: Mehr Verständnis, mehr Freude, mehr Naturverbundenheit
Die Wissenschaft zeichnet ein differenziertes Bild des Für und Widers der Fütterung von Wildvögeln, das weiter erforscht werden müsse. Gerade der langfristige Einfluss scheint bisher nicht genau erschlossen. Vorteile wie erhöhte Überlebensraten und bessere körperliche Verfassung nach den kalten Monaten sprechen für die Hilfe des Menschen. Doch auch der Mensch selbst profitiert.
In einer vielzitierten Studie aus dem Jahr 2016 aus England befragten Forschende Haushalte zu ihrer Motivation, Vögel zu füttern. Wer den Tieren regelmäßig Nahrung gab, fühlte sich entspannter und naturverbundener und investierte mehr Zeit bei der Beobachtung der Vögel, sowie dabei, die Risiken der Fütterung zu verkleinern.
Die Autoren fassen zusammen: "Insgesamt haben wir festgestellt, dass das Gefühl der Entspannung und der Verbundenheit mit der Natur die stärksten Antriebskräfte waren. Da die Ausdehnung der Städte sowohl den Artenschutz bedroht als auch die Beziehung der Menschen zur Natur verändert, kann das Füttern von Vögeln ein wichtiges Instrument sein, um die Menschen für die Natur zu begeistern, was sowohl den Menschen als auch dem Naturschutz zugutekommt." In Zeiten der zunehmenden Urbanisierung und des grassierenden Artensterbens kann das Vogelhäuschen im Garten ein Weg zu mehr Verständnis für die gefiederten Freunde sein. Und damit auch den Schutz der Tiere befördern. Eine zweifelsfreie Empfehlung oder gar einen wissenschaftlichen Konsens für oder gegen die Fütterung gibt es bislang nicht.
Links zu den Studien
- Supplementary feeding restructures urban bird communities
- Effects of supplementary feeding on interspecific dominance hierarchies in garden birds
- Effects of bird-feeding activities on the health of wild birds
- Experimental feeding regime influences urban bird disease dynamics
- Behavioral responses of black-headed gulls (Chroicocephalus ridibundus) to artificial provisioning in China
- Human activity shapes the wintering ecology of a migratory bird
- Is supplementary feeding in gardens a driver of evolutionary change in a migratory bird species?
- Nutritional implications of feeding free‐living birds in public urban areas
- Urban Bird Feeding: Connecting People with Nature
- Tipps des Naturschutzbundes (NABU) zur Vogelfütterung
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Der Radiogarten | 16. November 2024 | 11:32 Uhr
Follner vor 7 Tagen
Ich füttere seit ca. 8 Jahren über's ganze Jahr. Infrage kommt bei mir nur Futter aus zerfizierten und kontrollierten Anbau. Sonnenblumenkerne mit und ohne Schalen, ganze und geschrotete Erdnüsse, und zusätzlich bei Aufzucht im Frühjahr ein spezielles Aufbaufutter sowie im Spätherbst und über den Winter ein spezielles Fettfutter. Ich bin ein Gegner der sog. Vogelhäuschen aus dem einzigen, aber wichtigen Punkt, nämlich der Krankheitsverbreitung. Sind wir doch mal ehrlich, keiner verbringt täglich eine halbe Std. beim säubern und desinfizieren der Futterstelle. Meine Futterstelle besteht aus einen alten Baumstamm mit ca. 3 mtr. Höhe, an diesem Stamm habe ich mit Schwemmholz Anflugmöglichkeiten geschaffen, und an diese hängen 2 Futtersilos sowie eine Meisenknödelspirale für netzlose Meisenknödel. Der Boden rund um den Baum ist gepflastert. Er wird alle 2 Tage mit kochendem Wasser desinfiziert.
Gäste sind Spatzen, Grün,- und Buchfinken, Rotkehlchen, Gimpel, Stieglitz uva.
Ein Paradies
kalle-1 vor 1 Wochen
Und das ist doch typisch Mensch. Da stellt jemand fest, dass das füttern der Wildvögel ökologisch ungesund ist und zur Überdüngung der Umwelt führen kann. Aber den Vögel, durch den Eingriff in das Klima, das Futter wegzunehmen, das ist wohl gesund. Das ist so typisch Mensch. Alles zerstören und dann, wenn man versucht zu retten was man noch retten kann, jammern, weil die Aktion ökologisch ungesund ist. Wenn keine Wildvögel mehr da sind, ist das ökologisch noch ungesünder. Manchmal frage ich mich, ob diese " Gelehrten " überhaupt noch wissen, über was sie reden bzw. den Zusammenhang noch erkennen. Denn so eine Aussage kann man nicht ernst nehmen...
kalle-1 vor 1 Wochen
Ich füttere seit Jahren die Wildvögel. Ich lebe auf dem Land. In der Nähe ist ein Wald. Ich habe festgestellt, dass, ausser Spatzen , die seltenen Vogelarten wie Buntspecht oder Kleiber nur dann zum Futterhäuschen kommen, wenn sie nichts mehr finden. Auch die Amseln lassen sich nur blicken, wenn sie sonst nichts finden. Da schmecken die Rosinen mit Haferflocken. Man macht sich zuviel Gedanken. Die Vögel 🐦 richten sich das schon. Wenn sie was brauchen, kommen sie und wenn nicht, bleiben sie fern.Ich freue mich schon aufs nächste Jahr, wenn im Juni die Stare mit ihren "jungen " mein Vogelhaus wieder anfliegen. Da werden die " jungen" mit Mehlwürmer gefüttert, dann nehmen Jung und Alt noch ein "Bad" in der großen Vogeltränke und fliegen wieder davon. Wie gesagt, manche Vogelarten sieht man öfters und manche, wenn sie Bedarf haben. Hauptsache das Vogelhaus und Vogeltränke sind immer sauber. Da haben die 🐦 Spaß .
Das ist meine Meinung und deshalb füttere ich sie weiter.