Invasive Arten im GartenSollten Sommerflieder und Kirschlorbeer verboten werden?
Seit 1. September gilt in der Schweiz ein umfassendes Verkaufsverbot für viele invasive Pflanzen. Darunter auch Sommerflieder und Kirschlorbeer. Sollte Deutschland nachziehen? Das Bundesamt für Naturschutz empfiehlt, diese Pflanzen nicht im Garten zu nutzen. Verboten ist in Deutschland nur, was auf der EU-Liste steht.
"Invasive gebietsfremde Arten können ökologische, ökonomische und gesundheitliche Schäden verursachen", so begründete die Schweizer Regierung ihren Beschluss zum Verkaufs- und Einfuhrverbot. Seit dem 1. September 2024 dürfen Kirschlorbeer, Sommerflieder, Blauglockenbaum und viele andere invasive Pflanzen-Arten (hier die Liste als pdf) in unserem Nachbarland nicht mehr verkauft, verschenkt oder eingeführt werden. Wer solche Pflanzen im Garten hat, muss sie allerdings nicht ausreißen. Eine Initiative des Schweizer Bundesrates dazu war 2019 am Widerstand der Kantone gescheitert.
Was spricht für ein Verbot?
Sollte so ein Verbot auch in Deutschland umgesetzt werden? Vieles spricht dafür. So haben Forscher erst Anfang dieses Jahres nachgewiesen, dass sich der Kirschlorbeer in deutschen Wäldern ausbreitet. Es sei reichlich Blüten- und Fruchtentwicklung zu beobachten gewesen, einige Pflanzen seien von einem Kreis von Jungpflanzen umgeben. "Diese Beobachtungen belegen, dass sich der Kirschlorbeer im Wald selbstständig vermehrt, und rechtfertigen die Kategorisierung als etablierter Neophyt", erklärte Studienleiter Stefan Abrahamczyk vom Naturkundemuseum Stuttgart.
Für heimische Insekten ist Kirschlorbeer aufgrund seiner Giftigkeit weitgehend wertlos, die Blüten bieten Hummeln, Wildbienen und Schmetterlingen nur ein mäßiges Nektarangebot. Auch von größeren Pflanzenfressern wird die Art wegen der enthaltenen Gifte weitgehend gemieden.
Da ist nichts, was einheimische Arten nicht auch können
Auch beim Sommerflieder wäre das sinnvoll, so Ingolf Kühn vom Umweltforschungszentrum (UFZ) in Leipzig. "Je häufiger sie im Verkauf sind, umso schneller breiten sie sich aus, das funktioniert exponentiell. Von daher bringt ein Verkaufsverbot tatsächlich was." Der Nutzen des Schmetterlingsstrauches ist begrenzt, so Kühn, da sei nichts, was nicht auch einheimische Arten können. Und der Schaden? Wo er wächst, fehlt Platz für andere Pflanzen, die Raupen und andere Insekten als Nahrung oder Lebensraum brauchen. Was wiederum das Nahrungsangebot für Vögel schmälern kann. Auch wirtschaftliche Schäden entstehen durch den Sommerflieder, zum Beispiel an Gebäuden, in deren Gemäuer er eindringt, entlang von Bahngleisen, auf Straßen, wenn der Flieder durch den Asphalt bricht.
Auch das Bundesamt für Naturschutz (BfN) in Deutschland wertet Kirschlorbeer und Sommerflieder als "potenziell invasiv". Ähnliches gilt für den Japanischen Knöterich. Auch er steht, zusammen mit Kanadischer Goldrute, Topinambur, Essigbaum, Robinie, Armenischer Brombeere oder Vielblättriger Lupine auf der Liste der Pflanzen, die wir besser aus unseren Gärten fernhalten. (Hier finden Sie die Übersicht als pdf, gedacht für "Gärtner, Planer und Verwender".)
Das ist allerdings nur eine Empfehlung, was auch Naturschützer in Deutschland begrüßen. Verbote seien immer nur letzte, drastische Mittel, so etwa Corinna Hölzel vom BUND. "Es wäre schöner, wenn wir eine Eindämmung über Aufklärung und Information hinbekommen könnten." Auch Ingolf Kühn, der sich beim UFZ und als Professor für Makroökologie an der Uni Halle mit Pflanzeninvasionen und ihrer Bedeutung für die Artenvielfalt befasst, sieht ein Verbot skeptisch. Denn es sei schwierig mit der gesellschaftlichen Akzeptanz, "biologisch noch so sinnvolle Dinge durchzubringen", so Kühn.
EU-Liste mit verbotenen Pflanzen
Verboten sind nur Pflanzen, die auf der seit 2014 geführten EU-Liste stehen. Seit 2. August 2028 gehört auch der Wassersalat (Pistia stratiotes) dazu, der eher als Muschelblume bekannt ist. Der Rundblättrige Baumwürger (Celastrus orbiculatus), der gern wegen seiner leuchtenden Herbstfärbung und dem Fruchtschmuck auch im Winter zur Fassadenbegrünung genutzt wird, darf noch bis zum 1. August 2027 verkauft werden.
Götterbaum, Pampasgras, Fliederknöterich oder Gelbe Scheincalla sind dagegen schon lange verboten. Insgesamt 88 invasive Tier- und Pflanzenarten sind derzeit in der sogenannten Unionsliste aufgeführt, mindestens 46 von ihnen kommen in Deutschland wildlebend vor, so das Bundesamt für Naturschutz. Sie alle dürfen nicht vorsätzlich:
- in das Gebiet der EU verbracht werden,
- gehalten, gezüchtet, gehandelt, verwendet, getauscht, zur Fortpflanzung gebracht und in die Umwelt freigesetzt werden.
gp
Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | Umschau | 07. Mai 2024 | 20:53 Uhr
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