Klimawandel Die Störche kommen wieder – eine Woche zu früh
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20. Februar 2020, 05:00 Uhr
Mit dem Klimawandel ändert sich auch das Verhalten der Vögel. Besonders Zugvögel sind davon betroffen. Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) beobachtet aktuell die Weißstörche. Die kommen gerade aus Spanien zurück, rund eine Woche früher als vorher. Sind das die Folgen des Klimawandels und ist das nicht dramatisch?
Ja, es ist eine Folge des Klimawandels. Und nein, es ist normal, denn die Weißstörche haben sich nur neue Nahrungsquellen erschlossen. Die Ornithologen sehen darin kein Problem. Allerdings können die Auswirkungen auf andere Vogelarten dramatisch sein, sagt Kai Thomsen vom NABU Deutschland.
Armer Kuckuck
Das, was wir jetzt erleben, so Weißstorch-Experte Thomsen, zeigt, dass viele Vogelarten, und nicht nur die Störche, sehr plastisch auf neue Umweltbedingungen reagieren und sich darauf einstellen können. Andere Arten können das nicht. "Zum Beispiel der Kuckuck, der, weit südlich über die Sahara hinaus überwintert", sagt Thomsen.
Der Kuckuck kommt nach wie vor immer wieder etwa zur gleichen Zeit hier zurück. Während seine Wirtsvogelarten teilweise schon früher da sind. Und das kann für die Art dann zu einem Problem werden.
Der Kuckuck als sogenannter Brutparasit, der seine Eier gern Rohrsängern, aber auch Grasmücken, Rotkehlchen oder Zaunkönigen unterjubelt, hat also im Mai, wenn er zurückkehrt, ein Problem, denn seine Wirtsvögel haben bereits mit der Brut begonnen.
Und so passt dieses System nicht mehr zusammen, und er kann dann nicht mehr darauf reagieren.
Die Zugvogelarten, die eher darauf reagieren können, haben dann Vorteile, erklärt Thomsen, weil sie sich den Umweltbedingungen anpassen können. Arten, die weit nach Süden ziehen, könnten allerdings auch Probleme bekommen, prognostiziert Kai Thomsen, der in seinem Blog die Rückkehr der Störche begleitet. Hans Albert etwa ist zum Beispiel bereits seit einer Woche wieder da, zurück aus den Pyrenäen. Und auch in Sachsen wurden schon Störche entdeckt.
Mehr Verlierer als Gewinner
Wolfgang Fiedler vom Max-Planck-Institut (MPI) für Verhaltensbiologie stimmt ihm da zu. An den Vogelflugruten und Weiten ändert sich gerade sehr viel, weil der Klimawandel auch an Tempo zugelegt hat.
Da gibt's wahrscheinlich wie in vielen Bereichen im Klimawandel Gewinner und Verlierer.
Im Moment, so Fiedler, sieht es aber leider so aus, als ob wir mehr Verlierer hätten, Arten getroffen werden, die schon aus anderen Gründen unter Druck stehen. Als Beispiel nennt er die Vögel der freien Feldflur, die bereits viele Brutgebiete verloren haben und jetzt auch noch durch den Klimawandel leiden.
Was wir aber im Wesentlichen im Moment sehen bei der Masse der Arten, das sind einfach Anpassungsreaktionen, die im Moment noch geschafft werden.
Aber wer schafft es sich anzupassen und wer nicht? Große Probleme bekommen die so genannten Weitstreckenzieher, die in Süd- oder Ostafrika überwintern, so Fiedler. Für diese Vogelarten muss ja auch die Strecke passen, Trockengebiete können da schon zu tödlichen Barrieren werden. Nachtigall und Teichrohrsänger zählt Fiedler auf und ebenfalls den Kuckuck.
Es sind vor allem die, die auch vorher schon auf den Roten Listen waren.
Wir können die Lebensräume erhalten
Für den Verhaltensbiologen Fiedler bleibt der Vogelflug dennoch ein ureigenes Verhalten der Tiere, um sich an die Umwelt anzupassen. Und auch, dass er sich ändert, ist normal. Aber eben nicht, dass immer mehr natürliche Lebensräume verloren gehen, die die Vögel zur Brut aber auch beim Vogelzug brauchen.
Und dann hilft der ganze Vogelzug nix mehr, wenn es keine Brut- oder Überwinterungsgebiete gibt, oder für die, die weitwandern, abends keine Rastgebiete.
Doch auch die Ornithologen lesen noch nicht in Glaskugeln. Wolfgang Fiedler beschreibt es so: Genauso schwer wie ein Klimaszenario verlässlich zu berechnen, ist es vorherzusehen, was das mit unseren Vögeln macht. Aber das sollte uns nicht davon abhalten, jetzt ihre Lebensräume zu erhalten und wieder neue zu schaffen.
as