Nachrichten & Themen
Mediathek & TV
Audio & Radio
Klima & UmweltMedizinPsychologieWeltraumGeschichteNaturwissenschaftBildung
Eine aktuelle Studie untersucht die gesundheitlichen Folgen des Klimawandels. Das Ergebnis: Es wird unangenehm. Bildrechte: IMAGO / Kyodo News

ExtremwetterDer Klimawandel wird verheerend für unsere Gesundheit

28. Juni 2022, 11:48 Uhr

Dass der Klimawandel die Bedingungen auf unserem Planeten verändert, steht außer Frage – dass wir mehr Hitzewellen, Trockenheit und schwere Regenfälle erleben werden, auch. Eine neue Studie untersucht, wie genau der Klimawandel Extremwetterereignisse beeinflusst – und kommt zu sehr differenzierten Ergebnissen.

Wetterextreme sind gerade diesen Sommer omnipräsent in den Nachrichten. Dass sie in größerem Ausmaß auf den Klimawandel zurückzuführen sind, ist spätestens seit dem IPCC-Bericht von August 2021 klar. Nun haben Forschende der Universität Oxford, des Imperial College London und der Victoria University of Wellington die Auswirkungen unterschiedlicher Extremwetterereignisse untersucht. Die aktuelle Studie geht noch über den IPCC-Bericht hinaus und versucht, wirtschaftliche und menschliche Kosten des Klimawandels einzuschätzen. Mit dieser Studie wird deutlich wie selten zuvor: Der Klimawandel wirkt sich in verheerendem Maße auf unsere Gesundheit aus – und es wird weit über ein bisschen Schwitzen hinausgehen.

Hitzewellen

Die Auswirkungen des Klimawandels auf Extremwetterereignisse werden nirgends deutlicher als bei Hitzewellen. Dr. Friederike Otto vom Grantham Institute - Climate Change and the Environment am Imperial College London, Co-Autorin der Studie, betont: "Es gibt keinen Zweifel daran, dass der Klimawandel ein absoluter Gamechanger ist, wenn es um Hitzewellen geht – und das gilt auf der ganzen Welt." Die Studie kommt zu dem Ergebnis: Mittlerweile sind Hitzewellen fast drei Mal häufiger als früher und sie gehen mit 1,2 Grad höheren Temperaturen einher.

Das klingt vielleicht erst einmal nicht drastisch, aber jedes Grad, dass sich die Temperatur einer Hitzewelle erhöht, hat dramatische Folgen. Der Zusammenhang zwischen höheren Temperaturen und einer höheren Sterblichkeit ist sehr klar belegt: für 37 Prozent der herzbedingten Todesfälle weltweit machen Studien den Klimawandel verantwortlich. Außerdem ist bei großer Hitze mit erheblichen wirtschaftlichen Schäden zu rechnen, weil Arbeiterinnen und Arbeiter mehr Pausen machen müssen und langsamer arbeiten, um sich nicht zu gefährden.

Die Autoren der Studie kommen zu dem Ergebnis: Die Auswirkungen von Hitzewellen auf Todesfälle weltweit werden womöglich schlimmer sein, als wir derzeit annehmen. Noch immer seien Hitzetode gesellschaftlich "stark unterschätzt".

Regen und Überflutungen

Eine wärmere Atmosphäre kann mehr Feuchtigkeit aufnehmen – Schätzungen zufolge 6–7 Prozent mehr pro zusätzlichem Grad Celsius. Hat sich die Luft derart mit Wasser "aufgeladen", wird auch der anschließende Regen dann entsprechend heftiger. Seit den 1950ern sind starke Regenfälle auf der ganzen Welt häufiger und intensiver geworden – ein Effekt der hauptsächlich auf den Klimawandel zurückzuführen ist.

Stärkere Regenfälle führen immer häufiger zu Überflutungen, die zum einen Infrastruktur und Eigentum zerstören und so für immense finanzielle Schäden verantwortlich sind – zum anderen aber auch enorme Auswirkungen auf mentale und physische Gesundheit haben. Überflutungen können außerdem das Trinkwasser mit Bakterien verschmutzen und in den ehemals überfluteten Gebieten können sich Krankheiten wie Malaria oder Dengue-Fieber ausbreiten.

Trockenheit

Die Auswirkung des Klimawandels auf die Dürren der vergangenen Jahre ist unumstritten. Das ist besonders verheerend, weil Dürreperioden eng mit Nahrungsknappheit zusammenhängen. Seit 2014 ist die Zahl der Menschen, die hungern, von Jahr zu Jahr gestiegen. Damit verbunden sind Ernteausfälle und finanzielle Verluste – aber Nahrungsknappheit kann auch (militärische) Konflikte eskalieren und letzten Endes zu Hungertoden führen.

Waldbrände

Trockenheit und Hitze sorgen für Bedingungen, unter denen sich Feuer schnell ausbreiten kann. Studien kommen zu dem Ergebnis, dass beispielsweise verheerende Waldbrände wie in Australien 2019/20 durch den Klimawandel zu 30 Prozent wahrscheinlicher wurden. Obwohl Waldbrände auf direktem Wege tendenziell nicht für so viele Tode verantwortlich sind, wie andere Extremwetterereignisse, sorgen die freigesetzten Rauchpartikel beispielsweise für längerfristige Folgeerkrankungen, wenn sie eingeatmet werden und so auch in unsere Blutbahnen gelangen. In Kanada konnten Studien bereits zeigen, wie Waldbrände auf diese Art zu frühzeitigen Toden führten. Und Forscher aus Leipzig haben gezeigt, dass es offenbar einen Zusammenhang zwischen Rauchpartikeln in der Atmosphäre und der Verringerung der Ozonschicht gibt, was wiederum das Risiko von Hautkrebs erhöhen kann.

Tropische Wirbelstürme

Zyklone sind das einzige Extremwetterereignis, bei dem der Einfluss des Klimawandels nicht ganz so klar nachweisbar ist. In einigen Regionen der Welt hat die Zahl der Wirbelstürme zugenommen, in anderen abgenommen. Allerdings lässt sich eine geografische Verschiebung beobachten: Tropische Zyklone erreichen nun nördlichere Gebiete, in denen sie vor einigen Jahren kaum ankamen.

Viele Wirbelstürme verursachen Überflutungen, außerdem zerstören sie Häuser und Stromleitungen. Durch den starken Regenfall, der mit diesen Stürmen einhergeht, können außerdem gefährliche Erdrutsche ausgelöst werden.

Überflutete Straße in La Lima, Honduras. Hier traf Hurricane Lota im November 2020 auf die Küste. Bildrechte: IMAGO / ZUMA Wire

Insgesamt bewerten die Autoren der Studie Hitzewellen als die tödlichste Folge des Klimawandels – aber die Studie zeigt auch: Es werden uns gesundheitliche Folgen treffen, an die wir jetzt noch gar nicht denken können. Und: Extremwetterereignisse werden sehr teuer. Summen, die die aktuelle Studie sogar konkret benennt – vielleicht ist es ein wenig gewagt, derart konkrete Summen mit den diffusen und vielschichtigen Auswirkungen des Klimawandels in Zusammenhang zu bringen und das, solange es in vielen Ländern noch gar keine vergleichbaren Kategoriensysteme für Klimaschäden gibt. Fest steht aber: Der Klimawandel wird sehr teuer – das illustriert die aktuelle Studie recht überzeugend.

Links/Studien

Die Studie im Journal Environmental Research: Climate gibt es hier zum Nachlesen.

iz