Extremwetter Was vom Hochwasser bleibt: Giftstoffe in Schlamm und Wasser
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20. Juli 2021, 14:52 Uhr
Überschwemmungen spülen krankmachende Keime und schädliche Chemikalien ins Wasser und den Schlamm. Aber wie problematisch ist das? Welche Stoffe verbergen sich eigentlich alle im Hochwasser? Und wie schützt man sich?
Bei Hochwasser ist es in bewohnten Gebieten sehr wahrscheinlich, dass Wasser und Schlamm mit Chemikalien und Krankheitserregern belastet sind. Womit genau und wie sehr, sei aber lokal verschieden, erläutert Wolf von Tümpling. Er ist Gewässeranalytiker vom Umweltforschungszentrum (UFZ) und Dozent für Umweltanalytik an der Universität Jena. Eines der Probleme, auf das er verweist, sind fäkale Keime, die Krankheiten verursachen können, auch in verschiedenen Szenarien: "Zum Beispiel da, wo Dörfer und Gemeinden noch nicht an die zentrale Kläranlage angeschlossen sind. Dort wo Kammer-Klärgruben überflutet wurden, Abwasserkanäle Leck geschlagen oder völlig rausgerissen sind. Da sind jede Menge fäkale Keime in das Wasser und in den Schlamm gelangt."
Wie schützt man sich vor den krankmachenden Keimen aus Wasser und Schlamm?
Ob über Lebensmittel, kleine Wunden oder ungewaschene Hände im Gesicht: Problematisch wird es, wenn die Keime in unseren Körper gelangen. Hygiene sei deshalb das Wichtigste beim Umgang mit Hochwasser, sagt der Experte. Unverzichtbare Schutzkleidung: Gummihandschuhe, Gummistiefel und am besten noch eine wasserdichte Hose.
Oft unsichtbar, aber trotzdem im Wasser: Chemikalien
Neben Fäkal-Keimen sind vor allem Chemikalien ein Problem. Das können zum Beispiel Pestizide aus der Landwirtschaft sein.
Viel häufiger aber, gelangt das, was in den Privathaushalten im Putzschrank steht, ins Wasser. "Wenn das Bad im Haus überschwemmt wurde oder die Küche, wo wir Haushaltschemikalien lagern, haben wir dort möglicherweise ganz lokale Probleme. Im Alltag, wenn jemand zum Beispiel Chlorix für die Toilettenreinigung nutzt, käme er nie auf die Idee, das Chlorix reinzukippen und anschließend seine Hand da reinzuhalten. Da würden mindestens Gummihandschuhe angezogen." Und es gibt noch viele andere Beispiele für Chemikalien im Haushalt: Der Lack im Keller, das Düngemittel im Gartenhaus. Wem jetzt das Wasser ins Haus eingedrungen ist, sollte man überprüfen, welche Schadstoffe wo gelagert waren und wo dadurch punktuell höhere Schadstoffkonzentrationen sein könnten, rät der Gewässeranalytiker. Wer sich unsicher sei, sollte Schlammproben in ein Einweckglas geben, um sie später analysieren zu lassen.
Hochwasser ist nicht zwingend chemisch verseucht
Solche Untersuchungen hat Hilmar Börnick vom Institut für Wasserchemie an der TU Dresden beim Hochwasser der Elbe 2002 gemacht. Zuvor hatte es Berichte über hohe Mengen Dioxin und Quecksilber gegeben. Börnick beruhigt und sagt: Hochwasser bringt nicht pauschal hoch toxische Rückstände mit sich. Generell würden viele Schadstoffe aufgrund der schieren Menge an Wasser aber auch schnell verdünnt. Schwierig werde es da, wo Heizöle ausgetreten sind. Wenn Diesel oder Öl im Wasser oder im Schlamm ist, riecht man das deutlich, so Börnick. Diese Rückstände sind ein Fall für die Profis von der Feuerwehr.
Schlamm im Garten? Was ist mit der Ernte?
Doch da ist ja noch der Schlamm: Der kommt vom Boden der Flüsse und kann zusätzlich mit Schadstoffen belastet sein. Aber was bedeutet das für die Landwirtschaft und den heimischen Garten? Kann man die Ernte noch essen? Eine gute Frage. Dr. Hilmar Börnick rät zur Vorsicht, denn bestimmte Schwermetalle können sich möglicherweise in den Früchten und in Gemüse ablagern. Aber das sei je nach Anbausorte sehr unterschiedlich: "So einen überfluteten Garten kann man erstmal nicht nutzen. In den Folgejahren geht das wieder, vielleicht mal die oberste Schicht abtragen."
Am wichtigsten sei bei Hochwasser jedoch, dass keine Trübstoffe ins Trinkwasser gelangen, ergänzt Börnick. Sobald das Leitungswasser auch nur minimal verfärbt ist, sollte es auch abgekocht nicht mehr getrunken werden.