Columbia-Gletscher in den kanadischen Rocky Mountains
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Weltgletschertag Die Folgen der schneller werdenden Gletscherschmelze

21. März 2025, 20:44 Uhr

Die Gletscher schmelzen immer stärker. Weltweit hat das teilweise verheerende Auswirkungen, in Südamerika und Asien noch viel mehr als in Europa. Die Vereinten Nationen erklären anlässlich der Misere 2025 zum Gletscherjahr und den 21. März zum Welttag der Gletscher.

Weltweit schrumpfen viele der rund 275.000 Gletscher mit alarmierender Geschwindigkeit, sowohl im Gebirge als auch in den polaren Regionen. Gemessen und berechnet werden kann die Massenbilanz von Gletschern, also wie viel Masse sie hinzugewinnen oder verlieren, in "Metern Wasseräquivalent" (Abkürzung: "m w.e."). Ein Meter Wasseräquivalent bedeutet in der Veranschaulichung, der Gletscher hat auf seiner gesamten Grundfläche umgerechnet eine Wasserschicht von einem Meter Höhe verloren. Bei nur einem Quadratmeter Grundfläche wäre das schon Wasser mit der Masse von einer Tonne, bei einem Quadratkilometer Grundfläche ist es eine Megatonne Wasser.

Genau diese Zahl von einem Meter Wasseräquivalent Masseverlust wurde in den vergangenen Jahren dreimal in Folge überschritten. Und das durchschnittlich bei jedem so vermessenen Gletscher der Welt. 2024 ist mit fast 1,3 Metern Wasseräquivalent Verlust das neue Rekordjahr.

Die Gletscherschmelze geschieht also nicht gleichmäßig, sondern tendenziell immer schneller. Insgesamt haben die vermessenen Gletscher der Welt seit 1950 nun schon mehr als 32 Meter Wasseräquivalent verloren.

Das Schmelzen der Gletscher ist in allen Hochgebirgen der Welt sichtbar. Manche Folgen wie der Anstieg des Meeresspiegels, sind überall gleich zu spüren und nachzumessen. Seit 1975 ergibt sich nur aufgrund der Gletscherschmelze ein kumulativer Meeresspiegelanstieg von insgesamt 25 Millimetern, sagt Samuel Nussbaumer vom World Glacier Monitoring Service (WGMS). Dabei ist das Schmelzen der kontinentalen Eisschilde Grönlands und der Antarktis natürlich nicht berücksichtigt, das macht noch deutlich mehr aus.

In Zentralasien und Südamerika sind die Folgen schlimmer als in den europäischen Alpen

Unterschiedlich sind aber die regionalen und lokalen Folgen der Gletscherschmelze. Hier in Europa, da ist man sich in der Wissenschaft recht einig, sind diese Folgen noch vergleichsweise gering. Auch die Alpengletscher verschwinden zwar nach und nach. "Man muss allerdings betonen, dass ein Verlust von Schnee und Gletschern nicht per se bedeutet, dass wir generell zu wenig Wasser haben", sagt Matthias Huss, Leiter des Schweizer Gletschermessnetzes GLAMOS, aber kritische Perioden würden verstärkt.

"Die Gletscher sind große Wasserspeicher", so Huss weiter. "Wenn diese Speicherwirkung verlorengeht, dann könnte sie zumindest stellenweise künstlich durch neue Stauseen ersetzt werden. Nach dem Rückzug der Gletscherzungen entstehen neue Flächen, oft leblose Geröllwüsten, wo solche Speicherseen angelegt werden könnten."

Noch viel bedeutender seien mögliche Probleme mit der Wasserverfügbarkeit aber in Gebieten Zentralasiens und Südamerikas, weil dort besonders ausgeprägte Trockenperioden vorherrschen. Im Himalaya, dem Karakorum (beide Asien) oder den Anden (Südamerika) stehe man vor deutlich größeren Herausforderungen als in den Alpen, betont auch Jan Blöthe, Lehrstuhlinhaber für Geomorphologie und rezente Morphodynamik an der Uni Freiburg, "da die Landwirtschaft in diesen Gebieten auf die Schmelzwässer für die Bewässerungslandwirtschaft angewiesen ist."

Die Kombination aus steigenden Temperaturen, veränderten Niederschlagsmustern und schmelzenden Gletschern bedroht langfristig die Wasserversorgung von Millionen Menschen weltweit, schreiben Vereinte Nationen und UNESCO im aktuellen Weltwasserbericht. Ein Viertel der Weltbevölkerung habe bereits heute mit extremer Wasserknappheit zu kämpfen. Rund die Hälfte aller Menschen leide zumindest zeitweise unter schwerem Wassermangel, heißt es in dem Bericht.

Gletscherschmelze bedroht auch die Artenvielfalt

Im Gebiet der Berggletscher verändert sich die Biodiversität dramatisch, wenn das Eis schmilzt und die Temperaturen steigen. Wärmeempfindliche Pflanzen und Tierarten müssen höher wandern. Kaltwasserbewohner in Flüssen sind bedroht, wenn ihr Habitat nicht mehr von Gletscherwasser gekühlt wird.

"Manche Arten mögen es nicht, wenn das Wasser warm wird, und Flüsse könnten so weit austrocknen, dass Fische und andere aquatische Lebewesen keine Chance fürs Überleben haben", sagt Gletscherexperte Daniel Farinotti von der ETH Zürich. Das Schweizer Wasserforschungsinstitut Eawag schreibt, womöglich müssten empfindliche Flussbewohner von Menschen auch in höhere Lagen umgesiedelt werden. Dort müssten sie dann aber auch geschützt sein. Von Gletschern freigegebene Gebiete dürfen also nicht sämtlich als Freizeitgebiet oder zur Produktion von Energie durch Wasserkraft genutzt werden.

Neue Viren, Bakterien und Pilzarten werden "wiederbelebt"

Im Gletschereis werden immer wieder zuvor unbekannte Mikroorganismen entdeckt. Was passiert mit denen, wenn das Eis schmilzt? Chinesische Forscher haben in Berg- und Polargletschern DNA von mehr als 10.000 Virenarten dokumentiert, die nach Angaben der Forscher aber keine große Gefahr für die öffentliche Gesundheit darstellen.

In Schweizer Gletschern und Permafrost wurden zuletzt zehn neue Bakterienarten und eine neue Pilzart entdeckt. Diese Organismen könnten sogar nützlich werden. Zum einen können sie Aufschluss über vergangene Klimaveränderungen geben. Und zum anderen wird untersucht, ob sie womöglich auch im Kampf gegen antibiotikaresistente Keime helfen können.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 17. März 2025 | 13:17 Uhr

34 Kommentare

MDR-Team vor 4 Wochen

Hallo @part,
Ihr Hinweis auf vergangene Klimaveränderungen ist interessant. Tatsächlich gab es immer wieder natürliche Klimaschwankungen, z. B. durch Vulkanausbrüche oder Sonnenzyklen. Der aktuelle Klimawandel unterscheidet sich jedoch: Er verläuft schneller und wird maßgeblich durch menschliche Aktivitäten wie die Verbrennung fossiler Energien verursacht. Dies belegen zahlreiche Studien.

Entwaldung verstärkt das Problem zusätzlich, da Bäume CO₂ speichern. Deutschland setzt auf nachhaltige Forstwirtschaft und Wiederaufforstung, doch die Herausforderung bleibt groß. China zeigt mit großflächiger Aufforstung, dass staatliche Programme wirken können. Ihr persönlicher Beitrag zur Wiederbewaldung ist ein gutes Beispiel – jeder Baum zählt! 😊

Und keine Sorge – der Verweis auf den Artikel sei Ihnen verziehen. 😊
Herzliche Grüße

part vor 5 Wochen

Ich bitte dann doch mal bei den Beiträgen in der Thüringer Allgemeinen vorbeizuschauen und ich bitte die Schleichwerbung nur für diesen einen Artikel zu entschuldigen. >>Gefrorene Zeitkapsel: Forscher finden Tausende Jahre alten Wald<<. Hier wird eben auch belegt, dass der Klimawandel innerhalb von Jahrzehnten stattfinden kann. Als Hauptproblem sehe ich aber die stete Entwaldung unseres Planeten über die Jahrhunderte seit der Antike und der Gewinnung von Metallen. Es gibt bildliche Statistiken über die Bewaldung von Thüringen, D und Europa, jeder darf sich sein eigenes Bild darüber machen, wie die Abwesenheit von Bäumen sich längerfristig auswirkt. China möchte ich dabei als positives Beispiel hervorheben, wie sich Wiederbewaldung durch staatliche Programme verwirklichen lässt, auch wenn das restliche Umweltbewusstsein der wirtschaftlichen Entwicklung geschuldet ist. Was wird in Deutschland zur Wiederbewaldung unternommen. Mein persönlicher Beitrag zur Bewaldung... gewaltig bis nachh.

wo geht es hin vor 5 Wochen

"Wenn Sie meinen, keine Gletscher zu brauchen, ist das Ihre Sache."
Was ich meine, spielt gar keine Rolle.
Aber woher leiten Sie für die Menschen ein Recht auf Gletscher ab?
"Schlimmer finde ich, dass sich die Menschen in bestimmten Regionen nicht mehr selbst ernähren können..."
Ihre Anscheinsargumente sind bei genauerem Hinsehen nicht haltbar. So hat bisher jede Erderwärmung (warum spricht man wohl z.Bsp. vom spätrömischen Klimaoptimum oder warum heißt Grönland eigentlich Grünland?) dazu geführt, daß es mehr und großflächigere Nahrungsmittel und Anbaugebiete gab. Die Erde ergrünte buchstäblich. Die Armut in den von Ihnen genannten Regionen hat ganz andere Ursachen.
"Oder deren Grund und Boden gleich ganz im Meer verschwindet wie im Indischen Ozean."
Echt jetzt? Wer oder was "verschwindet" denn da ganz konkret?
PS: Haben Sie schon mal was von Plattentektonik und deren Folgen gehört?
Und wenn für gewinnbringende Windräder uralte Wälder abgeholzt werden - was ist daran anders?

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Mit gut 20 Kilometern Länge ist der Aletsch der größte Gletscher in den Alpen. Wie ein Fluss aus Eis erstreckt er sich durchs Hochgebirge. Noch wirkt er mächtig, doch sein Eisschild schmilzt Jahr für Jahr immer weiter ab.
Mit gut 20 Kilometern Länge ist der Aletsch der größte Gletscher in den Alpen. Wie ein Fluss aus Eis erstreckt er sich durchs Hochgebirge. Noch wirkt er mächtig, doch sein Eisschild schmilzt Jahr für Jahr immer weiter ab. Bildrechte: SWR/Vidicom/Bardehle