Brennender Amazonas
Brennt es weltweit? Die Schlagzeilen über Feuer scheinen sich zu überschlagen. Bildrechte: imago images / Xinhua

Feuer unter der Lupe Alles brennt? Warum uns Brasiliens Regenwald einheizt

30. August 2019, 10:33 Uhr

Die Feuer in Brasiliens Regenwald qualmen durch alle Kanäle, auch die in Bolivien und Peru, oder in Sambia, Angola und dem Kongo: Sind die Feuer 2019 tatsächlich besonders schlimm? Wie sehen das Klimaforscher?

An Meldungen und Berichten über weltweite Brände kommt in diesem August keiner vorbei, ob bei Nachrichtenanbietern im Netz, in Zeitungen oder sozialen Netzwerken. Überall sehen wir ähnliche Bilder, Satelliten-Aufnahmen der NASA, die aus der Vogelperspektive ganze Regionen in bedrohlich rote Flächen verwandeln. Brennt es wirklich überall und ist Feuer gleich Feuer?

Mojib Latif: Die Brände von 2019 sind nicht außergewöhnlich

Mojib Latif 4 min
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Im Gespräch Klimaexperte Mojib Latif.

MDR AKTUELL Do 29.08.2019 05:48Uhr 04:22 min

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Meteorologe und Klimaexperte Mojib Lativ vom Helmholtz-Zentrum Geomar in Kiel wertet die Feuer in diesem Jahr als nicht so außergewöhnlich. Brände in Asien, Afrika oder am Amazonas gebe es seit Jahren, nur seien sie aus dem Fokus der Öffentlichkeit geraten. Dass Menschen versuchen, über Brandrodungen Landwirtschaftsfläche zu gewinnen oder an Bodenschätze zu kommen, sei nicht neu, sagt der Experte im Gespräch mit MDR aktuell.   

Susan Trumbore: Die Brände 2019 sind anders

Professorin Susan Trumbore, Klimaforscherin am Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena, sieht dagegen klare Unterschiede zwischen den Bränden 2019 und anderen Jahren. Gegenüber MDR WISSEN sagt sie:

Wir haben 2019 keine Dürre, wie 2010 oder 2016. Beides Jahre, in denen es auch viele Brände gab. Es brennt jedes Jahr in der Trockenzeit, aber die Details der einzelnen Jahre sind unterschiedlich. 2019 gibt es in Brasilien mehr und heißere Brände als seit Beginn der Satellitenaufzeichnungen.

Susan Trumbore

Sie erkennt auch klare Hinweise auf den Zusammenhang zwischen Entwaldung und Feuer. Zudem treten mehr Brände entlang von Straßen auf. Welche Rolle spielt die Haltung der brasilianischen Regierung zum Umgang mit dem Regenwald?   

Durch Brand zerstörte Eukalyptus-Plantage
Eine brasilianische Eukalyptus-Plantage, zerstört von einem der Feuer im Sommer 2019 Bildrechte: imago images / Xinhua

Auch wenn es Gesetze gegen die Entwaldung gibt, einschließlich der Ausbreitung von Bränden in Wäldern, kann mangelnde Durchsetzung auch mit verstärkten Bränden verbunden sein.

Susan Trumbore

Im Klartext: Wo kein Kläger, da kein Richter. Wenn niemand auf die Einhaltung von Gesetzen pocht, muss man sich nicht über mehr Brände wundern, da weder Strafen drohen, noch Anreize gegeben werden, den Amazonaswald zu schützen.

Warum es brennt - mögliche Ursachen

Wer sich mit den Aufnahmen der NASA näher beschäftigt und beispielsweise die Langzeit-Beobachtungen in Betracht zieht, die seit dem Jahr 2000 im Monatsrhythmus Brandherde weltweit registrieren, kann wiederkehrende Muster erkennen.

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Die NASA registriert seit 2000 weltweit Brände. Eine faszinierende Darstellung, die zeigt, wie Feuer offenbar zyklisch zum Leben auf der Erde gehört.

Do 29.08.2019 17:06Uhr 01:03 min

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Feurige Zyklen - Teil der Natur

Von August bis Oktober gibt es stärkere Feuerherde in Südamerika, in Afrika "wandern" die Feuernachweise ab März von der Mitte des Kontinents bis zum August nach Süden: Hier werden nach der Ernte die Felder abgebrannt, die Erntezeiten sind je nach geografischer Lage früher oder später im Jahr.

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Behörden haben fast 40.000 Brandherde gezählt.

MDR AKTUELL Do 29.08.2019 15:07Uhr 02:52 min

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In Australiens Norden sieht man beispielsweise immer ab September bis Dezember die Intensität und Zahl der Feuer ansteigen. Im August 2019 registriert die NASA über ihre Satelliten beispielsweise auch in Angola, Zambia und der demokratischen Republik Kongo mehr Feuer als zur gleichen Zeit am Amazonas. Die Feuer in den afrikanischen Staaten sollen den Boden nach der Ernte durch das Abbrennen der Stoppeln wieder fruchtbar machen.

Wichtig ist es, die NASA-Aufnahmen differenziert zu betrachten: Sie unterscheiden nicht zwischen den Feuern - sie zeigen nur, wo es brennt, aber nicht, warum:

  • Brände, die sich in hunderte Jahre alte Regenwälder fressen zur Landgewinnung.

  • absichtlich gelegte Feuer, mit denen Felder wieder fruchtbar gemacht werden, wie in Afrika

  • natürliche Feuer durch Blitze

  • versehentlich entfachte Feuer, zum Beispiel durch Landmaschinen

Das Weltklima und die Brände

Egal, woher nun all diese Brände kommen, zu welchem Zweck sie bewusst entfacht oder ob sie natürlich entstanden sind: Kann das Weltklima die CO2-Folgen dieser Brände ausgleichen? Das bezweifelt Mojib Latif:

Nein, dadurch kommt immer mehr CO2 in die Luft. Das erwärmt das Klima.

Mojib Latif

Vergleicht man den CO2-Ausstoß zur Energiegewinnung durch Kohle, Erdgas, Erdöl, für Industrie, Heizung oder Verkehr, mit den CO2-Mengen durch Brandrodungen, ergibt sich dieses Bild:

Nimmt man die weltweiten CO2 Emissionen, kommen 90 Prozent durch die Verbrennung von Kohle, Öl und Erdgas und deren Derivate. Nur gut zehn Prozent sind auf Landnutzungsveränderungen zurückzuführen. Da sind auch die Brandrodungen mit drin.

Mojib Latif

Auch wenn die weltweiten Feuer keinesfalls unter den Top 5 der CO2-Emittenten rangieren - sie ließen sich verringern. "Ein Beispiel dafür ist der überbordende Fleischkonsum" sagt der Klimaforscher. Auch zum Anbau von Futtermitteln und Viehwirtschaft werden Flächen abgebrannt. Deswegen sei es wichtig, insgesamt den Fleischkonsum zu reduzieren. Das würde ein Stück weit die Brandrodung der Regenwälder stoppen, sagt Mojib Latif.

Dieses Thema im Programm: MDR Aktuell | Radio | 29. August 2019 | 07:20 Uhr