Astronomische Gefahrenmeldungen Asteroid 2020 PM7 fliegt vorbei: Wie gefährlich sind Asteroiden wirklich?

29. September 2020, 09:52 Uhr

"Die Erde wurde nur knapp verfehlt" oder "Ein Asteroid rast auf die Erde zu" – Schlagzeilen wie diese lassen uns glauben, dass wir von der permanenten Auslöschung aus dem All bedroht sind. Am 29. September nähert sich bereits der nächste Asteroid – 2020 PM7, ein Brocken von 200 Meter Durchmesser, in etwa so groß wie die Pyramide von Gizeh. Doch wie berechnen Forscher eigentlich die Gefahr von solchen Objekten aus dem Weltraum?

Manche Asteroiden kommen der Erde tatsächlich relativ nahe – wobei relativ ein dehnbarer Begriff ist – und können ihr gefährlich werden. Doch wie bestimmen Forscher die Gefahr? Im Gespräch mit Carolin Liefke vom Haus der Astronomie in Heidelberg wurden ziemlich schnell drei Dinge klar.

Erstens: ein Armageddon à la Hollywood steht und in absehbarer Zeit wohl nicht bevor. Zweitens: Astronomen wundern sich immer wieder, warum ein bestimmter Asteroid es überhaupt in die Nachrichten geschafft hat. Und drittens: Die meisten Asteroiden sind für uns ungefährlich.

Entstehung einer Warnmeldung

Am Beispiel des Asteroiden Apophis (Gott des Chaos) verdeutlicht Liefke, wie eine Gefahreneinstufung funktioniert: "Am Anfang steht die Entdeckung des Asteroiden – typischerweise mit Teleskopen von der Erde aus. Eine Serie von Aufnahmen, über mehrere Stunden hinweg erstellt, gibt einen ersten Anhaltspunkt, wie die Umlaufbahn des Asteroiden aussehen könnte."

Hierbei hat man zunächst eine große Unsicherheit, fügt Liefke hinzu, da die Umlaufbahn direkt nach der Entdeckung nur grob bestimmt werden kann: "Zunächst kann man manchmal nicht ausschließen, dass die Erde getroffen wird. Alle ungewöhnlichen Asteroiden landen deshalb auf der "NEO Confirmation Page" des Minor Planet Center und können so – häufig von Amateurastronominnen und -astronomen – nachbeobachtet werden."

Anhand der Daten von der Entdeckung kann man abschätzen, wo am Himmel man den Asteroiden in den darauf folgenden Nächten suchen muss. Gelingt es, ihn erneut zu beobachten, kann die Umlaufbahn des Objektes besser bestimmt werden. "Je genauer die Umlaufbahn der Objekte bestimmt wird, desto eher huscht die Erde aus der möglichen Umlaufbahn heraus. Dies ist zu fast 100 Prozent der Fall." 

Die wichtigsten Abläufe kurz zusammengefasst

  1. Asteroid wird erkannt – meistens mit Teleskopen von der Erde aus.
  2. Eine erste mögliche Umlaufbahn wird errechnet.
  3. Asteroid schafft es als Warnmeldung auf die "NEO Confirmation Page".
  4. In den darauffolgenden Nächten werden neue Sichtungen getätigt.
  5. Umlaufbahn wird genauer berechnet.
  6. Meistens stellt sich heraus, dass die Erde nicht in der Umlaufbahn des Asteroiden liegt.


  • Asteroid rückt im Ranking nach unten und ist keine Gefahr mehr oder...
  • ... falls die Erde immer noch in der Umlaufbahn des Asteroiden liegt, wird errechnet mit welchem Abstand der Asteroid sich der Erde nähert und wie groß er ist.
  • Die weiteren Vorgänge knüpfen an Punkt Vier an.

Wieviele Asteroiden kennt man?

Von den etwa eine Million derzeit bekannten Asteroiden sind nur rund 24.000 Himmelskörper sogenannte erdnahe Objekte (engl. Near Earth Objects kurz NEOs). Wobei erdnah nicht gleichbedeutend mit gefährlich ist, erklärt Liefke. So werden einfach nur diejenigen Asteroiden bezeichnet, deren Abstand zur Sonne den 1,3-fachen Abstand Erde-Sonne unterschreitet.

Ein Asteroid im Anflug auf die Erde
Viele kleinere Asteroiden zerbröckeln beim Eintritt in die Erdatmosphäre, wodurch sich ihre Gefahr vermindert. Bildrechte: imago/StockTrek Images

Als "potenziell gefährlich" (engl. Potentially Hazardous Asteroid, kurz PHA) stuft man diejenigen ein, deren Umlaufbahn auf weniger als den 19,5-fachen Abstand Erde-Mond an die Erdbahn herankommt. Das entspricht zirka 7,5 Millionen Kilometer. Zum Vergleich: Wenn sich Mars und Erde am nächsten stehen, liegen ungefähr 68 Millionen Kilometer Weltraum zwischen ihnen. 

Bei einem Abstand von 30.000 bis 50.000 Kilometer wird es spannend. Diese erdnahen Himmelskörper kommen nahe an die Umlaufbahnen von geostationären Satelliten.

Carolin Liefke, wissenschaftl. Mitarbeiterin vom Haus der Astronomie in Heidelberg

Alle erdnahen Himmelskörper kennt man noch nicht. "Es gibt Suchprogramme, bei denen momentan um die sechs Teleskope den Himmel von der Erde aus nach potentiellen, gefährlichen Objekten absuchen. Man sollte in den nächsten fünf Jahren alle kennen." 

Welche Asteroiden sind wirklich gefährlich?

Eine besonders große Gefahr geht von den großen Objekten ab einem Durchmesser von zirka 150 Metern aus. "Je größer, desto seltener sind die Asteroiden. Ein Asteroid wie der, der die Dinosaurier ausgelöscht hat, trifft die Erde durchschnittlich einmal in 100 Millionen Jahren", erklärt Liefke. "Dagegen kommen Treffer von Objekten mit einer ursprünglichen Größe von ein bis zwei Metern jedes Jahr vor."

Viele dieser kleinen Objekte entdeckt man erst spät. Wirklich gefährlich sind diese aber nicht: "Die meisten würden beim Eintritt in die Atmosphäre zerbrechen und entweder vollständig verglühen oder es bleiben nur eine Handvoll Meteoriten, die den Erdboden erreichen. Trifft ein PHA die Erde, können größere Schäden entstehen. Jedoch gibt es von den potentiell gefährlichen Asteroiden nur zirka 2.100 Stück. Und von denen ist keiner dabei, der in absehbarere Zeit auf uns runter fallen würde."

Auch wenn die meisten Objekte für die Erde ungefährlich sind, sollte man sie im Auge behalten: "Asteroiden-Bahnen bleiben nicht immer gleich. Der Jupiter hat beispielsweise eine große Anziehungskraft und kann die Bahn der Asteroiden verändern – aber auch andere Asteroiden können diese beeinflussen."


Wer wissen will, wo sich der Asteroid 2020 PM7 befindet, kann dies auf The Sky Live machen. Am 29. September wird er der Erde am nächsten sein.

Wer sich mehr über Asteroiden, Kometen, Meteroiden und Meteroiten informieren möchte, dann die unter unserem YouTube-Kanal "MDR Wissen – Was wäre wenn..." machen oder sich folgende Videos anschauen:

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