Blattläuse am begrünten Ast
All you can drink - Blattläuse laben sich am süßen Pflanzensaft Bildrechte: colourbox

Fliegen, Läuse, Raupen 2019: Primetime für Gartenschädlinge?

03. Juli 2019, 09:36 Uhr

Sommerzeit, Gartenzeit, Schädlingszeit: In Internetforen wird über die ungeladenen Garten- und Pflanzenbesucher erbittert gestritten: Tummeln sich 2019 in unseren in Gärten und Blumenkästen auf dem Balkon echt mehr Schädlinge als sonst? Sind das nur "gefühlte" Schädlingsinvasionen und sind es genauso so viele winzige Fliegen, Läuse, Raupen wie sonst auch, die unsere mühsam gepäppelten Sträucher, Bäume, Blumen, Büsche und Hecken als "All you can eat"-Buffet verstehen?

Ob es die Clematis ist, die wegen Pilzbefalls zu welken beginnt oder die Maden der Kirschfruchtfliege, die Hobbygärtner bei der Kirschernte verzweifeln lassen: Sommerzeit ist Schädlingszeit in heimischen Gärten und auf dem Balkon. Gibt es da tatsächlich so viel mehr Schädlinge als zum Beispiel 2018, oder sind das nur "gefühlte" Schädlingsinvasionen? MDR Wissen Autorin Anne Sailer kennt das aus eigener Beobachtung und wundert sich: Die Pepino, deren Früchte nach einer Kreuzung aus Melone und Birne schmecken, ist voll von Blattläusen, die aussehen wie getrockneter Dreck nach einem heftigen Regenguss. Eckhard George, Professor an der Humboldt Universität Berlin und Leiter des Leibniz-Instituts für Gemüse- und Zierpflanzenbau sagt dazu Folgendes:

Viele Leute merken zur Zeit, dass es mehr Schädlinge gibt. Aber es gibt zum Beispiel, wenn es trocken ist, weniger Schnecken. Die Lage ist sehr unterschiedlich.

Eckhard George, Leibniz-Institut Großbeeren

2019 ist aus Sicht der Experten aber kein besonderes Schädlingsjahr, dafür ist es viel zu trocken. Die Hitze macht nicht nur uns zu schaffen, sondern auch vielen Schädlingen. Meist sind es die eher verregneten Sommer, die Maden, Pilze und Fliegen bevorzugen. Natürlich sind manche Populationen von Schädlingen stärker als in anderen Jahren. Diese entsprechen aber einem ganz normalen Zyklus. Eckhart George nennt ein Beispiel.

Viel diskutiert wird zum Beispiel über den Buchsbaumzünsler, weil viele Buchsbäume so schwer geschädigt sind, dass sie aus dem Garten raus müssen - und das ist ein großer Eingriff. 

Eckhard George

Vielen fällt auch die weiße Fliege auf. Ihr Name ist irreführend, sie gehört nämlich zu den so genannten Mottenschildläusen. Der zwei bis drei Millimeter große Schädling ist nicht wählerisch und ernährt sich von den Blättern aus über 80 unterschiedlichen Pflanzenfamilien. Das erklärt., warum die weiße Fliege auf Gemüsepflanzen genauso zu finden ist, wie im Ziergarten oder auch auf dem Balkon.

Weiße Fliege aus der Nähe und der Ferne

Eine weiße Fliege klettert über ein grünes Blatt.
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Eine weiße Fliege klettert über ein grünes Blatt.
Bildrechte: MDR/Teresa Herlitzius
Mottenschildlaus weiße Fliege
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Grundsätzlich machen Schädlinge zwei verschiedene Sachen: Entweder sie knabbern selber an der Pflanze. Das ist aber nicht ganz so häufig. Oder sie saugen aus der Pflanze den süßen Saft. Das schädigt die Pflanze sehr.

Eckhard George

Experte: Chemische Keulen haben Spätfolgen

Und genau das machen zum Beispiel auch Läuse, Schildläuse und so weiter. Bleibt nur noch die Wahl des richtigen Schädlingsbekämpfungsmittels. Da rät der Experte vom Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau möglichst behutsam vorzugehen. Blattläuse lassen sich beispielsweise mit Wasser abspülen. Der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) rät, Blattläuse mit den Fingern von den Blättern zu streifen und die Pflanze zu föhnen. Bei einem Spinnmilbenbefall kann man die Pflanze in eine Plastiktüte hüllen. Gartenfreunde kennen da wohl 1.000 praktische Tipps. Eckhard George mahnt aber zur Vorsicht:

Chemische Keulen haben Spätfolgen für die Umwelt und vielleicht sogar für die Leute, die das essen. Ich finde das gut, wenn man die weg lässt, da muss sich das System biologisch gegen diese Insekten wehren.

Eckhard George

Allerdings braucht man dafür neben Geduld und Zeit auch einen guten Boden, sagt der Experte. Zudem funktioniere die selbständige Schädlingsbekämpfung über das Ökosystem nicht zu 100 Prozent. Aber:

Wenn man fünf oder zehn Prozent dessen, was man ernten will, an Insekten verliert, ist das vielleicht nicht so schlimm.

Eckhard George

"Gefühlt" mehr Schädlinge gibt es übrigens auch deshalb, weil Gartenfans immer häufiger zu Exoten greifen wie eben der Pepino, der Melonenbirne. Deren ursprüngliche Heimat ist Südamerika.

Neben den Hausmittelchen gegen Schädlinge empfiehlt der Leiter des Leibniz-Instituts für Gemüse- und Zierpflanzenbau im brandenburgischen Großbeeren, die Vielfalt im Garten zu bewahren. In einem mittelgroßen Stadtgarten sollten etwa zehn bis zwölf Pflanzenarten im Wechsel oder gemischt stehen.

Haus mit Garten
Zu empfehlen für das ökologische Gleichgewicht: Vielfalt im Garten Bildrechte: imago/Panthermedia

Dieses Thema im Programm: MDR aktuell | Radio | 29. Juni 2019 | 08:25 Uhr

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