Entdeckung im Regenwald Vogelschrei-Weltrekord: Laut, lauter, Einlappenkotinga!

23. Oktober 2019, 17:45 Uhr

Sein Ruf erinnert an das Signalhorn amerikanischer Feuerwehren oder eines einfahrenden Zuges und ist lauter als ein Presslufthammer. Damit ist der brasilianische Einlappenkotinga jetzt der lauteste Vogel der Welt.

Großer weißer Vogel sitzt auf einem Ast 3 min
Bildrechte: Anselmo d’Affonseca, Instituto Nacional de Pesquisas da Amazonia
3 min

Sein Ruf erinnert an das Signalhorn amerikanischer Feuerwehren oder eines einfahrenden Zuges und ist lauter als ein Presslufthammer. Damit ist der brasilianische Einlappenkotinga jetzt der lauteste Vogel der Welt.

MDR AKTUELL Di 22.10.2019 15:36Uhr 02:30 min

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Wenn sie den Vogel hören wollen, klicken Sie unbedingt auf den Beitrag direkt über diesem Satz. Dann erleben sie den White Bellbird, lateinisch Procnias albus oder deutsch Einlappenkotinga. Die Wissenschaftler, die seinen Balzruf in den Bergen des nördlichen brasilianischen Amazonasgebietes aufgenommen haben, haben nachgemessen: Bis zu 125 Dezibel schafft der White Bellbird. Das ist der Krach, den Sie direkt neben einem landenden Flugzeug hören. Gut, dass Procnias albus zwischendurch Pausen macht.

Den Weltrekord im Laut-Singen sieht man dem Vogel aber gar nicht an. Er ähnelt einer weißen Taube und ist auch nicht viel größer. Die Weibchen scheinen aber Gefallen zu finden, denn sie rücken näher, sobald er ruft. Allerdings vorsichtig.  Bevor es zur Paarung kommt, halten sie noch mindestens vier Meter Abstand. Aus dieser Entfernung werden sie dann mit über 100 Dezibel beschallt.

Wir kennen keine andere Spezies, bei der Stimmen mit so hohem Ausschlag an Empfänger in unmittelbarer Nachbarschaft gerichtet sind.

Studie

Angeschrien, könnte man auch sagen, und zwar Face to Face – das Männchen wendet sich direkt dem Weibchen zu und ruft. Das sei ungewöhnlich, schreiben die Forscher, denn  laute Rufe nutzen Vögel  normalerweise nur  für weite Distanzen.

Erleiden die Weibchen Hörschäden?

Doch umso lauter die Männchen singen, desto kürzer dauert ihre Vorführung, beobachten die Forscher. Vermutlich können die proportional zum Gesang sehr kleinen, weißen Vögel diese Lautstärke nicht länger durchhalten, spekulieren sie. Auch vermuten sie, dass die Weibchen Gehörschäden davon tragen.

Aber der Überlebenstrieb ist größer. Nach der ohrenbetäubenden Balz paaren sie sich.

Die Wissenschaftler wurden auf den Balzruf aufmerksam, während sie im brasilianischen Amazonasgebiet Tonaufnahmen machten, schreiben sie in der Studie. Bisher gingen sie davon aus, dass der schreiende Piha (ebenfalls ein Cotingidae, ein Schmuckvogel) der lauteste Vogel sei, stellten dann aber fest: der Einlappenkotinga ist um ganze neun Dezibel  lauter. Das ist Weltrekord.

Beispiel für die Besonderheit der sexuellen Selektion

Nach Ansicht der Forscher ist dieser Balzgesang ein weiteres Beispiel für sexuelle Selektion. Die äußert sich mitunter in bizarren und übertriebenen Merkmalen – bestes Beispiel ist der Pfau. Der sieht zwar schön aus, kann durch sein Federkleid aber nicht mehr fliegen. Über das Leben des Einlappenkotinga ist noch nicht so viel bekannt. Ob die Vögel Vor- oder Nachteile durch den ohrenbetäubenden Balzruf haben – niemand weiß es so richtig. Das wollen die Forscher in den nächsten Jahren nachholen.   

Die Ergebnisse der Untersuchungen sind in Current Biology veröffentlicht worden.

PS: Laut Guinessbuch der Rekorde gibt es eine Frau, die noch lauter ist. Sie heißt Jill Drake und war zum Zeitpunkt des Rekordes - im Jahr 2000 - Assistenzlehrerin. Sie schaffte 129 Dezibel.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 22. Oktober 2019 | 18:50 Uhr

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