Das haarige Problem in den Eichen Was macht den Eichenprozessionsspinner zum Problem?

05. Juni 2019, 16:54 Uhr

Der Eichenprozessionsspinner hat Hoch-Zeit in den Eichenwäldern. Warum warnen eigentlich sogar Verkehrsschilder vor der kleinen haarigen Raupe?

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Der Eichenprozessionsspinner hat gerade Hochsaison: Die geselligen Raupen gehen in großen Gruppen auf Futtersuche – und zwar am liebsten auf Eichen und Hainbuchen. Aber warum sorgen die kleinen unscheinbaren Raupen, aus denen genauso unscheinbare Falter wachsen, jeden Frühsommer für Schlagzeilen?

2018 in Seehausen in Sachsen-Anhalt: Der Bürgermeister erstattet Anzeige – und zwar gegen sich selbst, wegen Körperverletzung im Amt. Was war passiert? Ein Mädchen hatte zuvor einen allergischen Schock erlitten. Sie war mit dem Gift des Eichenprozessionsspinners in Berührung gekommen und die Selbstanzeige des Bürgermeisters ein Hilferuf: Die Kommunen waren mit der Bekämpfung des Insekts überfordert. Mittlerweile gibt es finanzielle Hilfe vom Land, was zeigt, wie wichtig die Politik dieses Problem nimmt.

Ein Mensch in weißem Schutzanzug. Nur das gesicht ist frei. Aus einem roten Trichter wird Flüssigkeit versprüht.
Vorbeugende Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners mit einem Biozid Bildrechte: imago images / Steffen Schellhorn

Auch 2019 werden nun seit Ende Mai Eichen gespritzt, wie hier im Bild in Dessau Kochstedt. Anderswo wird versucht, das Insektengift mithilfe von Hubschraubern auf den Bäumen zu verteilen. Es gebe gegen den Eichenprozessionsspinner kaum eine andere Lösung, erklärt Michael Müller. Er ist Professor für Waldschutz an der Technischen Universität Dresden:

Die Ansinnen, die wir sonst in der naturnahen Waldbewirtschaftung haben, natürliche Regulatoren zu fördern, sind bisher nicht gelungen. Aus dem Grund besteht die Regulation dann eben darin, Pflanzenschutzmittel einzusetzen, wenn man das tatsächlich weg haben will.

Prof. Dr. Michael Müller

Was macht die Raupe so gefährlich?

Genau das will man: Keine Raupen in der in der Nähe des Menschen. Das hat seinen Grund – die einheimische Schmetterlingsraupe nistet sich in Eichen ein und frisst am allerliebsten die jungen Blätter und die mittleren Triebe, gern auch an sonnigen Ecken wie etwa in Parks oder entlang von Radwegen. Ab dem dritten Larvenstadium entwickelt sie Gifthaare, die beim Menschen Hautausschlag und heftigen Juckreiz auslösen.

Das ist ein Giftstoff, der bei uns Allergien hervorruft – auch wenn man sie einatmet, also die Atemorgane dabei geschädigt werden. Krankheitserscheinungen bis zu 14 Tagen und länger sind dann nicht unüblich. Wir werden damit zu tun haben, weil die Bevölkerung im Wald spazieren geht. Diese Raupennester, die Raupenhüllen fallen runter. Man muss nur das Gras berühren oder der Hund läuft durch: Man streichelt ihn und weiß gar nicht, wo plötzlich die Pickel alle herkommen.

Prof. Dr. Michael Müller

Wo findet man sie?

Wo Eichen sind, gibt es auch Eichenprozessionsspinner. Im milden Klima fühlen sie sich besonders wohl, so dass sie sich mancherorts schnell vermehrt haben. Die späte Wärme dürfte dafür sorgen, dass es 2019 besonders viele gibt, schätzen Experten. So langsam dürften sie auch auffallen, erklärt Müller. Schlüpfen sie in den Baumkronen, wandern sie im Jahresverlauf am Stamm nach unten.

Die wandern im Baum immer abends zum Fraßort und früh wieder zurück, so dass man im Jahresverlauf gegen Sommer sehr große Wanderungen sieht. Wirklich mehrere Raupen nebeneinander, manchmal meterlang hintereinander, Raupe an Raupe.

Prof. Dr. Michael Müller

Von der giftigen Raupe zum unauffälligen Falter

Im Juli erreicht das seinen Höhepunkt, bevor aus den Raupen ein unscheinbarer Schmetterling wird. Zurück bleiben die Gifthaare an den Bäumen. Sie sind noch bis zu fünf Jahre weiter aktiv, erläutert der Waldschutz-Professor. Er rät dazu, in den kommenden Wochen einen großen Bogen um Eichen zu machen.

Im Sommer ist es so, dass dann auch der intensivste Fraß da ist, die Nester immer größer werden und dann auch auffällig sind. Die kann man sogar beim Vorbeifahren mit dem Auto sehen beim Stamm. (…) Dann kommen die Windverhältnisse bei der Wärme dazu. Wir tragen Kleidung, die offener ist, so dass die Gifthaare unsere Haut auch eher erreichen können.

Prof. Dr. Michael Müller

Deshalb sollte man unbedingt Warnschilder beachten – auch wenn die manchmal etwas unverständlich seien. Müller scherzt: "Statt 'Achtung Eichenprozessionsspinner' sollte auf dem Schild am Straßenrand besser stehen: Fenster zu und Innen-Umluft an!"

Dieses Thema im Programm: MDR aktuell | Radio | 06. Juni 2019 | 07:50 Uhr