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FAQBraunkohle: Stromversorgung und Umweltschäden

03. Dezember 2018, 17:09 Uhr

Umweltschützer fordern den raschen Ausstieg aus der Stromerzeugung mit Braunkohle, Kohlekumpel und Kraftwerksmitarbeiter den Erhalt ihrer Arbeitsplätze. Welche Rolle Spielt die Kohle aber überhaupt für Markt und Klima?

von Clemens Haug

Welchen Anteil an der Stromproduktion hat Braunkohle?

Braunkohle hat einen relativ konstanten Anteil an der Bruttostromerzeugung von 23 bis 27 Prozent in Deutschland, wie die Zahlen des Bundeswirtschaftsministeriums zeigen. Welcher Energieträger welchen Anteil am Strom in Deutschen Netzen hat, wird regelmäßig von der AG Energiebilanzen veröffentlicht, die ein Zusammenschluss von Energieunternehmen und Forschungseinrichtungen ist.

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Wo wird Braunkohlestrom produziert, wo wird er genutzt?

In einer Analyse schreibt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), ein Institut der Leibnizgemeinschaft, dass die Braunkohlereviere in Deutschland relativ ungünstig liegen. Im größten Abbaugebiet im Rheinland zeichnet sich ab, dass es dort langfristig günstiger ist, Windstrom aus Niedersachsen und der Nordsee zu beziehen. Im Osten Deutschlands gibt es zwar viel Kohle aber wenig Nachfrage, folglich liegen die Überschüsse der Stromproduktion in Mitteldeutschland und der Lausitz im zweistelligen Terrawattstundenbereich. Das stark industrialisierte Süddeutschland mit seinem hohen Stromverbrauch profitiert von diesen Überschüssen nicht, solange Übertragungsnetze nicht deutlich ausgebaut werden.

Wie hoch sind die Klimaschädlichen Emissionen durch Braunkohle in Deutschland?

Im Jahr 2016 stießen deutsche Braunkohlekraftwerke laut Umweltbundesamt insgesamt 153 Millionen Tonnen Kohlenstoffdioxid aus, das entsprach etwa 50 Prozent aller CO2-Emissionen der deutschen Stromproduktion. Ein Grund dafür ist, dass Braunkohle besonders CO2-intensiv ist. Bei der Herstellung einer Megawattstunde stößt ein Kraftwerk nahezu eine Tonne CO2 aus, ein Erdgaskraftwerk dagegen nur 350 Kilogramm.

Welche anderen giftigen Stoffe werden beim Verbrennen von Braunkohle frei?

Braunkohle gilt als besonders "schmutziger" Brennstoff, da bei ihrer Verbrennung Quecksilber und andere giftige Schwermetalle frei werden. Doch die dürfen nicht einfach durch den Schornstein in die Luft entsorgt werden. Enge gesetzliche Vorgaben schützen die Bürger vor Giften in der Luft. Kraftwerke müssen deshalb festgelegte Grenzwerte einhalten und werden dazu mit entsprechenden Abgasreinigungsanlagen ausgerüstet. Auch ältere Kraftwerken werden hier nachgerüstet. Trotzdem kann es Unterschiede zwischen einzelnen Kraftwerken geben.

"Häufig werden bei neueren Anlagen im Rahmen des Genehmigungsverfahrens auch zusätzliche Zusagen des Betreibers gemacht, die einschlägigen Grenzwerte sogar zu unterschreiten", sagt der Energieforscher Kai Hufendiek von der Universität Stuttgart. Wie giftig die Schafstoffe für die Menschen im Umfeld sind, die ein Braunkohlekraftwerk nach dem Filtern der Abluft noch abgibt, lasse sich nicht pauschal beantworten. "Bei den resultierenden Gesundheits- und Umweltschäden muss dann natürlich eigentlich bei jeder Emissionsquelle untersucht werden, wo die Schadstoffe in welcher Form auf die Umwelt und Menschen einwirken."

Wie ist Braunkohle entstanden und was ist der Unterschied zu Steinkohle?

Grundlage von Kohle jeder Art sind Pflanzen, die absterben und von Mikroorganismen zersetzt werden. Dadurch entsteht Torf. Im Laufe der Zeit überwuchern immer neue Pflanzen ihre Vorgänger, dadurch wird der Torf unter ihnen langsam zusammengepresst und das Wasser herausgedrückt. Es entstehen Moore. Legen sich andere Bodenschichten darüber, etwa weil ein Fluss das Moor überspült und sich Sedimente auf den Torfschichten absetzen, wird der Druck weiter erhöht und mehr Wasser aus dem organischen Material herausgepresst. Über einen Zeitraum von 2 bis 65 Millionen Jahren entsteht dann Braunkohle. Die Braunkohle im mitteldeutschen Revier rund um Leipzig entstand vor 50 bis 60 Millionen Jahren, die in der Lausitz vor 5 bis 25 Millionen Jahren.

Bleibt die Braunkohle im Boden und kommt es zu weiterem hohen Druck, wird mehr und mehr Wasser aus dem Material herausgepresst. Im Lauf von 250 bis 350 Millionen Jahre entsteht so Steinkohle.

Wie viele Arbeitsplätze hängen in Sachsen und Sachsen-Anhalt an der Braunkohle?

An der Stromerzeugung mit Braunkohle hängen einerseits Arbeitsplätze im Bergbau, andererseits Jobs in den Kraftwerken. Auf Basis von Statistiken des Freiburger Öko-Instituts und der Kohlenwirtschaft schätzt das DIW die Zahl der Braunkohlearbeitsplätze in der Lausitz auf etwa 7.800, und die im Mitteldeutschen Revier auf etwa 1.900.

Wie viele Beschäftigte arbeiten inzwischen in Windkraft, Solar und Biogas?

2015 arbeiteten laut dem Bundeswirtschaftsministerium insgesamt 330.000 Menschen in Deutschland im Sektor der Erneuerbaren Energien. Zu den Bundesländern mit den meisten Beschäftigen in diesem Bereich zählt Sachsen-Anhalt, wo nach Zahlen der Agentur für Erneuerbare Energien 2016 insgesamt 24.850 Arbeitsplätze zur Stromerzeugung aus Sonne, Wind und Biomasse gehörten.

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Wie teuer ist Strom aus Braunkohle im Vergleich zu Erneuerbaren?

Beim Windstrom führten sinkende Anlagekosten und steigende Volllaststunden zu Kosten von 3,99 bis 8,23 Cent für die Herstellung einer Kilowattstunde. Laut dem Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme macht sie das zur zweitgünstigsten Erzeugungstechnologie. Konventionelle Kraftwerke dagegen sind stark von drei Parametern abhängig. Erstens dürfen sie nur dann auf voller Last laufen, wenn es nicht genügend Strom aus Erneuerbaren gibt, dadurch ist die Zahl sogenannter Volllaststunden begrenzt. Dann kommen die Preise für Brennstoff und CO2-Zertifikate hinzu. (Eine Tonne Kohlenstoffdioxid in die Atmosphäre zu entlassen, kostet derzeit fünf Euro). Damit ergibt sich für Braunkohlekraftwerke ein Herstellungspreis von 4,59 bis 7,98 Cent pro Kilowattstunde Strom, je nachdem, ob die CO2-Zertifikate gerade günstig oder sehr teuer sind.

Warum gedrosselte Braunkohlekraftwerke den Strompreis teurer machen

Immer häufiger kommt es im Stromnetz zu Engpässen, das heißt, es steht nicht genug Übertragungskapazität zur Verfügung, um den Strom dort abzutransportieren, wo es zu viel davon gibt, also etwa im Osten Deutschlands mit seinen großen und modernen Braunkohlekraftwerken. Die Betreiber der Stromnetze ordnen dann einen sogenannten Redispatch an, erklärt der Energiewissenschaftler Dominik Möst von der TU Dresden. Auf der einen Seite werden dann Kraftwerke vor dem Engpass gedrosselt, dafür müssen hinter dem Engpass andere Kraftwerke einspringen. Die Betreiber der gedrosselten Kraftwerke werden für ihre entgangenen Gewinne entschädigt, auch die Betreiber der eingesprungenen Kraftwerke bekommen eine Kompensation für ihre Zusatzkosten. In beiden Fällen werden die Summen am Ende auf den Strompreis umgelegt.

Ein Ausbau der Stromnetze könnte laut Dominik Möst die Zahl dieser Engstellen reduzieren. "Es würde bei einem weiteren Ausbau der Übertragungsnetze absehbar weniger Redispatch erforderlich sein und damit könnte perspektivisch mehr Strom aus Ost- nach Süddeutschland transportiert werden. Das gilt unabhängig von der konkreten Erzeugungstechnologie, also für Braunkohle genauso wie für Windenergie", sagt er.

Was ist der Stand in Sachen Ausstieg aus der Braunkohle?

Will Deutschland seine im Klimaabkommen von Paris festgelegten Klimaziele erreichen, führt kein Weg an einem Ausstieg aus der Stromerzeugung mit Kohle vorbei. Auf ein genaues Datum möchte die die Politik sich bislang aber nicht festlegen. Derzeit soll die Kohlekommission Vorschläge dafür ermitteln.