Kranker Donaulachs in der Areuse, einem Fluss in der Schweiz
Der Donaulachs: Sein Verbreitungsgebiet ist laut der Studie um 82 Prozent zurückgegangen. Bildrechte: imago images / Westend61

Bestandsaufnahme bei Fischen Kaum noch große Tiere im Süßwasser

26. August 2019, 16:26 Uhr

Der Lebensraum vieler Tiere ist bedroht. Dabei denken wir an Pandas im Wald und Schildkröten am Strand. Ebenfalls in Gefahr sind auch die größten Bewohner des Süßwassers – die Bestände sanken seit 1970 um 88 Prozent.

Ein internationales Team um die Wissenschaftlerin Sonja Jähnig vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) aus Berlin erforschte die globale Bestandsentwicklung der großen Wirbeltierarten – genannt Megafauna – in Binnengewässern. Zur Megafauna gehören Tiere, die 30 Kilogramm oder mehr wiegen. Dazu zählen zum Beispiel Krokodile, Biber und Störe.

Ein Stör
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Das erschreckende Ergebnis: Die weltweiten Bestände der Süßwasser-Megafauna sind im Zeitraum von 1970 bis 2012 um 88 Prozent zurückgegangen. Dieser Verlust ist doppelt so hoch wie bei Wirbeltieren an Land oder im Meer. In der Region Orientalis, welche Süd- und Südostasien sowie den südlichen Teil Chinas umfasst, sank der Bestand der Süßwasser-Megafauna sogar um 99 Prozent. Die Studie wurde im Fachblatt Global Change Biology veröffentlicht.

Wie kommt es zu diesem Rückgang?

Als die zwei Hauptrisiken werden die Übernutzung und der Verlust an freifließenden Flüssen aufgeführt. Der übermäßige Fleisch- und Kaviarkonsum und die Verwendung von Stör- und Reptilienhaut für Luxusartikel gefährden die Population der Tiere. Doch auch der Lebensraum schwindet.

Der Rückgang von großen Fischarten wie dem Stör liegt auch an der zunehmenden Verbauung von Fließgewässern, durch die der Zugang zu Laich- und Futtergründen versperrt wird. Trotzdem sind weltweit weitere 3.700 große Staudammprojekte in Planung beziehungsweise im Bau, die diese Situation noch verschärfen werden.

Fengzhi He, IGB, Abteilung Ökosystemforschung

Ein Aligatorhecht im Wasser
Der Alligatorhecht (Lepisosteus spatula) ist mit einem maximalen Gewicht von etwa 130 Kilogramm einer der größten Süßwasserfische Nordamerikas. Bildrechte: Zeb Hogan

Warum betrifft das vor allem die größeren Tiere?

Am meisten bedroht sind große Fischarten. Das Verbreitungsgebiet des Europäischen Störs ist zum Beispiel um 99 Prozent zurückgegangen. Aber warum trifft es gerade die Größten? Gründe dafür sehen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in den komplexen Lebensraumanforderungen und dem vergleichbar langsamen Prozess der Anpassung an veränderte Umweltbedingungen. Die größeren Tiere haben nämlich eine längere Lebensdauer und erreichen später als andere Tiere die Geschlechtsreife.

Was muss getan werden?

Jähnig fordert mehr Schutzmaßnahmen für Süßwassertiere: "Laut der Roten Liste der Weltnaturschutzunion IUCN gilt über die Hälfte aller bewerteten Megafauna-Arten im Süßwasser als vom Aussterben bedroht. Dennoch erhalten diese Arten weniger Aufmerksamkeit von Forschung und Naturschutz als die Megafauna in terrestrischen oder marinen Ökosystemen", so die Umweltwissenschaftlerin. Das Forscher-Team setzt auf Monitoring, sprich Überwachung der Bestände. So könne gehandelt werden, bevor eine Tierart ausstirbt.

Es gibt auch postive Nachrichten

Durch gezielte Schutzmaßnahmen wurden in den USA die Bestände von 13 Tierarten der Süßwasser-Megafauna wieder auf ein stabiles Niveau gebracht, so die Studie. In Europa konnte der Europäische Biber, nachdem er als ausgerottet galt, infolge von Schutzmaßnahmen in vielen Regionen überleben oder erfolgreich angesiedelt werden.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 13. August 2019 | 08:00 Uhr