Invasion? Das merkwürdige Verhalten der Insekten im Herbst

21. Oktober 2019, 15:51 Uhr

Wir haben sie nicht eingeladen, trotzdem schmuggeln sie sich grade vermehrt in unsere Häuser und Wohnungen: Kieferzapfenwanzen, Marienkäfer und Spinnen. Aber was ist eigentlich mit Bienen, Wespen und Hornissen?

Hummel auf einer Chrysantheme 3 min
Bildrechte: imago/Winfried Rothermel

Wenn Ihnen im Herbst im Garten oder in Parks oder auf Friedhöfen besonders dicke und große Hummeln auffallen, haben Sie wohl eine Hummel-Königin vor sich. Denn jetzt treiben sich nur noch die großen, befruchteten Königinnen herum auf der Suche nach einem Winterunterschlupf. Die gehen zum Beispiel auch unters Laub und versuchen ein Loch zum Überwintern zu finden. Das können gern auch verlassene Mäusegänge und Mäusenester sein - bis zu 20 Zentimeter tief graben sich Hummeln in ihre Winterquartiere ein. Erde und Laub schützen sie dort vor der Kälte. Ihr Hummel-Staat ist zu dieser Zeit längst tot, nur die Jungköniginnen überleben und gründen im Frühjahr ein neues Volk.

Biene und Wespe im Winter

Genauso ist das bei Wespen und Hornissen, erklärt Jochen Zippel. Er ist seit Jahren beim Naturschutzbund Thüringen ehrenamtlicher Hornissenfachberater und weiß: Die neu geschlüpfte und befruchtete Königin überlebt den Winter und dafür sucht sie sich einen geschützten Ort, wie eine Baumhöhle oder Mauerspalten.

Eine Hornissenkönigin
Eine Hornissenkönigin auf der Suche nach einem Winterquartier Bildrechte: imago/Steffen Schellhorn

Nur ein Bienenstaat lebt länger als einen Sommer. Eine Bienenkönigin, die in der Natur lebt, schafft ganze sechs Jahre. Und dazu immer drei Kilo Bienen als Lebendmasse, die die Bienenkönigin versorgt, weil sie für die Eiablage zuständig ist. "In einem Bienenstaat hilft jeder jedem, auch wenn es draußen richtig kalt ist", verdeutlicht Biologieprofessor Gerald Moritz aus Halle das Prinzip des Zusammenlebens bei den Bienen. Die leben also im Verband und überwintern in ihrer Kolonie und produzieren in diesem Bienenstamm Temperaturen, die zum Überleben reichen. Sie wärmen sich gegenseitig und überwintern damit sehr gut.

Herbstliche Hausbesucher: Marienkäfer - ja, Wanze - hm, Spinne - muss das sein?

Kiefernzapfenwanze
Harmlos: die Kiefernzapfenwanze Bildrechte: imago images / blickwinkel

Aber auch andere Insekten bereiten sich auf die kalte Jahreszeit vor: Derzeit sieht man Marienkäfer an Hauswänden oder im Schuppen herumkrabbeln, eine Folge des reichhaltigen Läusesommer. Denn als Marienkäfer musste man in diesen Sommer nicht hungern. Und dann wimmelt es in vielen Gärten momentan auch von der amerikanische Kiefernzapfenwanze, eine harmlose Pflanzenwanze mit schöner Rückenzeichnung: Diese Herrschaften machen sich ebenfalls auf, ein warmes Plätzchen für den Winter zu ergattern.

Auch wenn uns Menschen das eher stinkt - dümmstenfalls im wahrsten Sinne des Wortes. Die Wanze an sich ist zwar harmlos - abe rnur solange sie keine Fressfeinde mit ihrem Gestank in die Flucht treiben will.

Auch Spinnen, die eher scheu sind, suchen sich in der Nähe des Menschen geschützte Plätze, schlüpfen in Keller oder ins Schlafzimmer. Draußen, an ungeschützten Plätzen, würden sie erfrieren.

Wie wird das Insektenjahr 2020?

ein Marienkäfer sitzt auf einem Grasblatt mit geöffneten Flügeln
Viele Marienkäfer dank "gutem" Läusejahr Bildrechte: Colourbox.de

Manchen Insekten kann die Kälte nichts anhaben, erklärt Wissenschaftler Gerald Moritz. Sie produzieren ihr eigenes Frostschutzmittel: Glycerol. Das ergibt mit Wasser ein gutes Gefrierschutzgemisch und hält das Insekt am Leben. Insgesamt sind unsere heimischen Insekten an Kälte gut angepasst, erklärt der Biologe. Ob es im Frühjahr oder Sommer 2020 Mückenschwärme und Wespeninvasionen geben wird, hat nichts mit den Wintertemperaturen zu tun, auch nicht in Zeiten des Klimawandels, sagt Gerald Moritz, denn für die Feinde der Insekten gelten ja die gleichen Bedingungen.

Dadurch reguliert sich das wieder, sodass man nicht unbedingt davon ausgehen kann, dass die Populationen explodieren. Man muss eher davon ausgehen, dass es zum Verschieben kommt von den Arten, die wir hier momentan registrieren.

Prof. Gerald B. Moritz, Entwicklungsbiologe, Uni Halle

Eingewanderte Arten erschweren Prognosen

Neue Arten, die bisher nur in subtropischen Bereich waren, die wir aus Süditalien kennen, aus Portugal oder Spanien: Davon gibt es etliche, wie beispielsweise die asiatische Tigermücke oder die Gelbfiebermücke. Oder bei den Spinnentieren ist ein Beispiel die Jagdzecke Hyalomma, die sich vermehrt auch in unseren Breitengraden wohl fühlt.

Bei den Weichtieren die spanische Wegschnecke, die hier (noch) keine Fressfeinde hat und den einheimischen Schnecken Konkurrenz macht. Immer betroffen ist das ökologische Gleichgewicht: Der normale Wechsel von starkem Futterangebot und starker Population, gefolgt von nicht ausreichendem Futterangebot und sinkender Population. Durch neu hinzukommende Arten wird dieses Wechselspiel aufgemischt und die Karten neu verteilt. Vorhersagen für Folgejahre werden auch dadurch immer schwieriger.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 18. Oktober 2019 | 18:50 Uhr

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