Hirnforschung Sitz! Platz! Geh! Hundehirne ticken bei Sprache wie unsere

03. August 2020, 16:07 Uhr

Dass Hunde und ihre Frauchen oder Herrchen sich ähneln – das sehen wir jeden Tag auf der Straße. Viel spannender ist aber, dass sogar ihre Gehirne ähnlich ticken, wenn gesprochen wird. Ungarische Forscher haben herausgefunden: Sprachsignale werden bei beiden in den gleichen Regionen des Gehirns verarbeitet

A dog and researchers (Márta Gácsi (left), Attila Andics, Anna Gábor (right)) at the scanner.
Der Hund und die Forscher Márta Gácsi (li), Attila Andics und Anna Gábor im MRT-Scanner. Bildrechte: Enik Kubinyi / Eötvös Loránd University

Der Ton macht die Musik – dieses Sprichwort deutet darauf hin, dass nicht allein Worte, Bedeutungen transportieren. Der Ton sagt viel aus und schwingt immer mit. Er ist Teil der Botschaft. Er verrät, wie es uns wirklich geht, was wir denken und fühlen. Doch nicht nur Menschen empfangen neben den Worten auch den Ton als Sprachsignal. Auch Hunde verstehen ganz genau, welche Botschaft ihnen in welcher Tonlage vermittelt wird.

Hunde verarbeiten Sprache wie Menschen hierarchisch

Wie ungarische Forscher der Budapester Eötvös Loránd Universität (ELTE) jetzt herausfanden, verarbeiten die Gehirne der Hunde Sprache hierarchisch - ähnlich wie Menschen. Das Gehirn ordnet die einströmenden Signale ganz deutlich: Intonationen werden im Inneren des Gehirns verarbeitet, in den subkortikalen Regionen. Wörter hingegen verarbeiten die Tiere, wie Menschen, in der mit tausenden Nervenzellen angereicherten Großhirnrinde, der kortikalen Region des Gehirns. Besonders interessant: Ältere Hunde unterschieden Wörter weniger als jüngere Hunde. Sie sind also gut über den Tonfall zu erreichen, daran erkennen sie Lob, Spiel, Sorge oder ein einfaches "Sitz". Die aktuelle Studie ist jetzt im Fachmagazin "Nature" veröffentlicht worden.

Hunde sind sensibel für menschliche Kommunikationszeichen

"Hunde sind für ihre Empfindlichkeit für menschliche Kommunikationszeichen bekannt", erklären die Forscher. "Wenn wir zum Beispiel 'Sitz' sagen, können sich viele Hunde hinsetzen. In ähnlicher Weise bemerken sie die positive Absicht, wenn wir Hunde mit einer hohen Stimme loben. Wir wissen jedoch nur sehr wenig darüber, was dabei in ihren Gehirnen vor sich geht."

Wie arbeiten die Gehirne der Hunde?

Um das herauszufinden, haben die Forscher des Instituts für Ethologie (verbindet Verhaltensforschung und Neurologie) an der Naturwissenschaftlichen Fakultät die Hirnaktivität von wachen, kooperativen Hunden mit funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRT) gemessen. Dabei spielten die Wissenschaftler den Hunden bekannte und lobende Worte wie "gut gemacht" und "clever" in lobender als auch in neutraler Intonation vor. Welche Aktivitäten diese Sprachsignale im Gehirn des Hundes auslösten, maßen sie in der fMRT-Röhre. Danach hörten die Hunde unbekannte und neutrale Worte (wie, als ob, noch) in lobender als auch in neutraler Intonation.

Forscher: "Aufregende Ähnlichkeiten"

"Obwohl die Sprachverarbeitung beim Menschen in vielen Aspekten einzigartig ist, zeigte diese Studie aufregende Ähnlichkeiten zwischen uns und einer sprachlosen Spezies", sagt Attila Andics, Hauptforscher der MTA-ELTE-Forschungsgruppe 'Lendület', Neuroethologie der Kommunikation. Die Hierarchie zwischen der Verarbeitung von Intonation und Worten spiegele ein nicht sprachspezifisches Verarbeitungsprinzip wider: Einfachere, emotional geladene Hinweise (wie die Intonation) analysiert das Gehirn getrennt von komplexeren, erlernten Hinweise wie der Wortbedeutung.

Andics zufolge, hätten die Forscher schon vor einigen Jahren entdeckt, dass Hunde wie Menschen Intonation und Wortbedeutung getrennt voneinander verarbeiten. Jetzt habe sie interessiert, ob diese eben auch in den gleichen Bereichen des Gehirns passiert - also in der Großhirnrinde und den subkortikalen Gebieten unter der Großhirnrinde.

Wiederholte Reize

Um dies genau zu analysieren, habe man die Hunde mit wiederholten Reizen konfrontiert. Je stärker die Wiederholung desto geringer sei die Hirnaktivität, erklärte Anna Gábor, Hauptautorin der Studie und Postdoktorandin an der MTA-ELTE-Forschungsgruppe. Diesen Mechanismus habe man sich zunutze gemacht, um die betreffenden Hirnregionen zu orten. "Während der Gehirnabtastung wiederholten wir manchmal Wörter, manchmal Intonationen. Ein stärkerer Rückgang in einer bestimmten Hirnregion auf bestimmte Wiederholungen zeigt die Beteiligung der Region", sagte Anna Gábor.

Hunde verstehen den richtigen und auch falschen Ton

Hunde verarbeiten Sprache also in den gleichen Regionen des Gehirns wie die Menschen. Unabhängig von der Sprache können sie auch Botschaften allein durch die Intonation empfangen - wie Menschen auch. Die sieben Grundemotionen der Menschen sind unabhängig von Sprache und Kultur weltweit in den Gesichtern erkennbar. Ebenso die Töne, die mit den Grundemotionen zusammenhängen. Ähnlich könnte das nun auch für die Hunde gelten. "Sitz" oder "Platz" in englisch, spanisch und französisch – kein Problem. Hunde verstehen die Intonation. "Die Erforschung der Ähnlichkeiten und Unterschiede in der Sprachverarbeitung zwischen Hunde- und Menschengehirnen kann viel zum Verständnis der Schritte beitragen, die während der Evolution zur Entstehung der Sprache geführt haben", erklärte Andics.

Informationen zur Studie Diese Studie wurde in wissenschaftlichen Berichten mit dem Titel "Multilevel fMRI Adaptation für gesprochene Textverarbeitung im Gehirn des wachen Hundes" veröffentlicht, die von Anna Gábor, Márta Gácsi, Dóra Szabó, Ádám Miklósi, Enik? Kubinyi und Attila Andics. Diese Forschung wurde von der Ungarischen Akademie der Wissenschaften ("Lendület"-Programm), dem Europäischen Forschungsrat (ERC), dem Ministerium für menschliche Kapazitäten, dem Ungarischen Fonds für wissenschaftliche Forschung und der Eötvös Loránd Universität (ELTE) finanziert.

2 Kommentare

part am 03.08.2020

Zwei Frauen, ein Mann: die Parität in den Halteverhältnissen dürfte schon mal stimmen. Nur warum wurde dies nicht bei Katzen untersucht als Gegenbeweis oder anderen Haustieren, wie z.B. Pferden, oder anderen domestizierten Tieren und dabei besonders Säugetieren? Doch vielleicht hört auch so manche Ente am Klang der Halterin ob es ihr heute an den Hals geht?

MDR-Team am 04.08.2020

Ein spannender Ansatz. Den können jedoch nur die Forschenden beantworten.