Artensterben Kennen Sie den Kakapo?

05. August 2019, 17:58 Uhr

Er kann nicht fliegen, ist grün und ähnelt einer Eule. Der Kakapo lebt in Neuseeland und ist akut vom Aussterben bedroht. Die Tier- und Pflanzenwelt der Insel konnte sich ungestört entwickeln - bis vor 700 Jahren die Menschen kamen. Seitdem sind 70 Vogelarten verschwunden. Um ihren ursprünglichen Zustand wieder zu entwickeln, bräuchte Neuseeland etwa 50 Millionen Jahre - ohne das Einwirken der Menschen.

Was der Mensch in 700 Jahren in Neuseeland vernichtet hat, würde etwa 50 Millionen Jahre brauchen, um wieder zu entstehen. Das berichten Forscher in einer neuen Studie, die jetzt im internationalen Fachblatt "Current Biology" erschienen ist. Demnach gelten 30 Prozent der noch in Neuseeland lebenden Arten vom Aussterben bedroht. Was aber ist der Grund für diesen enormen Eingriff in die Natur? "Als die Menschen auf Neuseeland ankamen, haben sie begonnen, die Wildnis in landwirtschaftlich genutzte Flächen umzuwandeln. Das hat den natürlichen Lebensraum der lokalen Spezies zerstört", erklärt Mitautor Luis Valente vom Naturkundemuseum Berlin. Neuseeländische Tiere seien sehr viel gejagt und auch "überjagt" worden. Zudem hätten die Menschen invasive Arten wie Ratten und Katzen auf die Insel mitgebracht. "Die einheimischen Vögel lebten vorher in Isolation und hatten nur sehr wenige natürliche Feinde. Sie sind evolutionär nicht darauf vorbereitet, sich gegen die invasiven Feinde zu verteidigen."

Der Riesenvogel starb, als die Menschen kamen

Als die neuseeländischen Ureinwohner Maori im 13. Jahrhundert auf die Inseln kamen, verschwanden laut der Forscher zunächst die bis zu 250-Kilogramm schweren Südinsel-Riesenmoa - das verraten Fossilien. Etwa zur gleichen Zeit starb der bis zu 18 Kilogramm schwere Haastadler aus, der größte Greifvogel der Neuzeit. Die Ankunft der Europäer vor 200 Jahren führte zum Aussterben der einheimischen Eulen. Betroffen seien den Wissenschaftlern zufolge hauptsächlich sensible Arten wie die großen Laufvögel gewesen.

Fossile Daten für Prognose in der Zukunft

Doch der Blick in die Vergangenheit gibt den Forschern auch Aufschluss über die Zukunft. Luis Valente vom Naturkundemuseum erklärt: "Wir entwickelten eine Methode, in der wir fossile und genetische Informationen von ausgestorbenen Tierarten nutzten." Damit sei es möglich gewesen, Prognosen zu erstellen, wie lange Neuseeland bräuchte, um wieder seine ursprüngliche Tier- und Pflanzenwelt zu entwickeln. Das Ergebnis der Studie: Würden derzeit gefährdete Arten wie der flugunfähige, nachtaktive Kiwi - Neuseelands Wappentier - oder der Papagei Kakapo auch noch aussterben, bräuchte Neuseeland nicht nur 50 sondern sogar 60 Millionen Jahre, damit sich die ursprüngliche Tier- und Pflanzenwelt wieder neu entwickeln kann.

Neuseeland ist ein isoliertes Gebiet

Doch warum braucht Neuseeland so lange, um sich zu erholen? "Seit die Menschen auf der Insel angekommen sind, sind viele Arten ausgestorben. Die Entwicklung von Artenvielfalt braucht viel Zeit", erklärt Valente. Zudem sei Neuseeland ein sehr isoliertes Gebiet. Spezies hätten sich über Millionen von Jahren getrennt von anderen Regionen entwickelt. "Damit sind spezielle Arten mit einzigartigen Anpassungen an den jeweiligen Lebensraum entstanden“, sagt Valente. "Wenn einer dieser Arten verschwindet, dauert es sehr lang den speziellen Weg der Evolution dieser Tiere nachzuvollziehen."

Neuseeland sei laut der Forschergruppe ein ungewöhnliches Beispiel für die Zerstörung der Natur durch den Menschen. Da es ursprünglich auf den Inseln außer Fledermäusen keine Säugetiere gab, seien die Vögel nicht auf Feinde eingestellt gewesen. Eins jedoch legt diese Studie auch nahe: Was in kürzester Zeit zerstört wird, braucht unendlich Zeit, sich vom Menschen zu erholen.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 05. August 2019 | 19:50 Uhr