Plastikmüll Luftballons töten Meeresvögel

Ob Karneval, auf Hochzeiten oder bei der Geburtstagsparty: Mit Helium befüllte bunte Luftballons in den Himmel steigen zu lassen, ist immer ein Highlight. Doch da gibt es ein bisher wenig beachtetes Problem: Denn mit dem Luftballon, an dem gut gemeinte Glückwünsche hängen, töten wir vielleicht einen Seevogel. Das besagt eine australische Studie. Die hat nämlich herausgefunden, dass Luftballons am meisten Meeresvögel töten.

Der Kopf eines Graukopf-Albatros auf einem Autopsietisch neben Ballonresten und einem Plastikstrohhalm.
Forscher der Uni Tasmanien fanden in 40 Prozent der an Plastik gestorbenen Seevögel Reste von Luftballons. Bildrechte: Lauren Roman

Luftballons sollten hierzulande doch eigentlich kein Problem sein: Die meisten Ballons, die über die Theke gehen, sind mittlerweile aus Naturlatex. So empfiehlt es schließlich die Kunststoffkommission des Deutschen Gesundheitsamtes. 100 Prozent ökologisch, natürlich, fair - so werden sie beworben. In der Natur verwesen sie und können auch keinen Schaden anrichten. Das denken wir - es stimmt aber nicht, sagt Lisann Sander vom Naturschutzbund.

Naturlatex ist hauptsächlich für die direkte Anwendung - also wenn etwa Kinder einen Luftballon in den Mund nehmen, dass dann keine Schadstoffe übertragen werden. Aber ansonsten bleibt das Leid für die Tiere das Gleiche. Wenn der Ballon in der Natur landet und die Tiere ihn aufnehmen, dann verhungern sie daran.

Lisann Sander, NABU
Toter Vogel mit weißem Kopf auf einem Tisch.
Ein Weißkopf-Sturmvogel auf einem Autopsietisch. An den Ballonresten ist er gestorben. Bildrechte: Lauren Roman

Tiere, wie etwa Seevögel, fressen den Latex und anderes Plastik. Das verstopft dann den Magen und sie verhungern mit vollem Bauch. Die Forscherin Lauren Roman von der Universität Tasmanien hat jetzt herausgefunden: Je weicher das Plastik, desto schlimmer für die Vögel. Hartes Plastik passiert den Magen-Darm Trakt einfacher, weiches setzt sich eher fest.

Auch wenn weiches Plastik nur fünf Prozent der Teile ausmache, die verschluckt würden, sei es dennoch für über 40 Prozent der Todesfälle verantwortlich gewesen. Ballons oder Ballonteile waren die Fremdkörper die am ehesten zum Tode führten, schreibt die Forscherin.

Sie töteten fast jeden fünften Vogel, der sie verschluckt hatte.

Lauren Roman, Universität Tasmanien

Auch die Wageningen Universität in den Niederlanden beschäftigt sich mit den Luftballons. Die Forscher dort konnten bisher keine so genauen Zahlen vorlegen. Nur bei Eisvögeln: Dort fanden sie in mindestens zwei Prozent Luftballonreste.

Grafische Darstellung kleiner Partikel, die um einen Mann und eine Frau, die durch eine Allee gehen, herumfliegen. 3 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
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Winzig klein, im Wasser, in der Luft, sogar in unseren Ausscheidungen wurde es schon gefunden: Mikroplastik. Aber woher kommt das eigentlich?

Mo 04.02.2019 13:19Uhr 02:34 min

https://www.mdr.de/wissen/videos/was-ist-mikroplastik100.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

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Problematisch auch: Die Schnur, an der der Luftballon hängt. Die Tiere können sich in den Bändern verfangen. Das beschränkt ihre Bewegungsfreiheit. Nahrungssuche wird zur Qual. Schnur und Luftballons finden die Helfer vom Naturschutzbund regelmäßig, schildert Lisann Sander: "In Fehmarn haben wir drei Strandabschnitte, wo wir regelmäßig reinigen und schauen, was für Müll dort angespült oder fallengelassen wurde. Und da haben wir durchschnittlich 20 Teile pro Jahr von Luftballons." Das sei in Anbetracht des gesamten Müllteildurchschnitts keine unerhebliche Zahl: 60 bis 70 Müllteile finden die Naturschützer pro Strecke pro Sammlung. Darunter seien jeweils etwa zwei Luftballonteile - im ganzen Jahr seien es etwa 20 Reste von Luftballons.

Also 60 bis 70 Teile finden wir durchschnittlich pro Strecke je Sammlung an Fehmarns Küsten. Davon stammen pro Jahr 20 Müllteile vom Luftballon: Das ist schon nicht unerheblich.

Lisann Sander, NABU

Doch ob Ballons der tödlichste Müll im Meer sind? Da ist Lisann Sander skeptisch. Denn was das viele Mikroplastik im Meer bewirkt, ist noch gar nicht richtig erforscht. Da erwartet die Naturschützerin jederzeit neue Hiobsbotschaften aus der Wissenschaft.

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Immer mehr Plastemüll gelangt in die Ostsee und wird kaum abgebaut. Den Behörden wächst die Müllflut an den Stränden über den Kopf. Ein Feature von Heidi Mühlberg

MDR FIGARO Mi 25.01.2012 22:00Uhr 54:19 min

https://www.mdr.de/geschichte/stoebern/damals/audio657118.html

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Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 04. März 2019 | 17:24 Uhr