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Das Deutsche Hygiene-Museum in Dresden möchte zum klimaneutralen Museum werden. Bildrechte: MDR/Oliver Killig

Museen und NachhaltigkeitDer Weg zum klimaneutralen Museum

13. September 2021, 12:00 Uhr

Mehr und mehr Museen in Mitteldeutschland machen sich Gedanken um Nachhaltigkeit. Allerdings nicht nur als Thema ihrer Ausstellungen, sondern vor allem, um ihren eigenen CO2-Fußabdruck zu verringern. Ihre Herangehensweisen und Ziele sind dabei unterschiedlich, denn die Herausforderungen sind teils sehr groß.

von Thilko Gläßgen

Warum Museen nachhaltiger werden müssen:Gigantische Heizkosten für die Ausstellungsräume, Kunstwerke werden rund um den Globus geschickt - die Klimabilanz von Museen ist desolat. Höchste Zeit, dass sich das ändert, meint Kulturstaatsministerin Prof. Monika Grütters. Mit Blick auf die Pariser Klimaschutzziele wollen auch Museen in Mitteldeutschland nachhaltiger werden und verkleinern ihren ökologischen Fußabdruck.

"Als Museum sind wir nicht nur dem Erhalt von Objekten und Kultur verpflichtet, sondern eben auch von der Natur", erklärt Direktorin Dr. Nadine Panteleon vom Börde-Museum in Burg Ummendorf, warum die fast 900 Jahre alte Burg energetisch saniert wird. Dass das Museum in der mittelalterlichen Burg untergebracht ist, bringt allerdings nicht nur Vorteile mit sich:

Für uns ist es zum Beispiel kaum möglich, in irgendeiner Form Lüftungen einzubauen, da das einfach in einem Baudenkmal nicht möglich ist.

Dr. Nadine Panteleon

Für Dr. Nadine Panteleon ist Nachhaltigkeit im Museumsbereich auf dem Vormarsch. Bildrechte: M. Heiß - BMBU.

Natürlich muss der ursprüngliche Charakter des Gebäudes erhalten bleiben, daher werde zum Beispiel darauf geachtet, dass alte Fenster möglichst aufgearbeitet und wiederverwendet werden.

Doch auch in ihren Ausstellungen legen die Bördeländer Wert auf wiederverwertbare Materialen: "In unseren Sonderausstellungen verwenden wir die Vitrinen mehrfach, das heißt sie sind multifunktional und können dann für die jeweiligen Ausstellungen unterschiedlich aufgestellt und bestückt werden", berichtet Panteleon. Das Museum spart so nicht nur Geld, sondern verkleinert auch seinen CO2-Fußabdruck.

Nachhaltigkeit ist bereits Programm

Für Danny Könnicke hat die Flutkatastrophe im Ahrtal auch gezeigt, dass Museen von der Klimakrise stark betroffen sind. Bildrechte: Falk Wenzel

Gerade bei kleineren und mittleren Museen ist Nachhaltigkeit längst gelebte Praxis, weiß der Geschäftsführer vom Museumsverband Sachsen-Anhalt Danny Könnicke: "Dies geschieht eher aus der begrenzten finanziellen Situation heraus, was den Effekt ja aber nicht schmälert." Er plädiert ohnehin dafür, genau zwischen Möglichkeiten und Grenzen abzuwägen: "Man muss überlegen, welche Maßnahme welchen Effekt über welchen Zeitraum und zu welchen Kosten bewirkt."

Auch im thüringischen Weimar steht ein Baudenkmal im Zentrum nachhaltiger Entwicklung. Die Klassik Stiftung Weimar, die mehr als 27 Museen, Parks, Schlösser und historische Häuser unterhält, renoviert gerade das Stadtschloss Weimar.

Das Ziel Klimaneutralität haben Silke Müller und die Klassik Stiftung Weimar ausgerufen. Bildrechte: André Kühn/Klassik Stiftung Weimar

Ein Großbauprojekt mit kleinem CO2-Fußabdruck, wie Sprecherin Silke Müller betont: "Hier wird eine im Baudenkmal gebundene, sogenannte graue Energie aus vielen Jahrhunderten genutzt." Diese Energie äußere sich laut Müller in den erbrachten künstlerischen und konstruktiven Leistungen, die bis heute fortwirken.

Graue Energie......bezeichnet "unsichtbare" Energie. Also wird beispielsweise beim Bau eines neuen Hauses die Energie zur Herstellung von Dachziegeln und dem Einsatz von großen Maschinen einberechnet.

Zukünftig im Pullover durchs Museum

Aber auch für das Betriebs- und Technikkonzept gehen die Thüringer neue Wege: "Es wird kein von außen unabhängiges Innenklima geben. Das kann im Winter bedeuten, dass die Räume bis auf 15° Celsius abkühlen. Aber man muss sich auch mal fragen: Wer hat sich eigentlich ausgedacht, dass man selbst im Januar im T-Shirt durch ein Museum spazieren kann?" Im Museum der Zukunft wird also ein Pullover unentbehrlich sein.

Bis 2030 sollen die Sanierungsarbeiten am Stadtschloss von Weimar abgeschlossen sein. Bildrechte: MDR/Sebastian Großert

Museen sind Vorbilder

Dass bei Neubauten, Renovierungen und Sanierungen direkt Energieeffizienz, CO2-Verbrauch und Ressourcenverbrauch mitgedacht werden, hält Danny Könnicke vom Museumsverband Sachsen-Anhalt für wichtig. Er kritisiert daher: "Gerade die Großprojekte der vergangenen Jahre in Berlin, München und Nürnberg waren da leider kein Vorbild. Hier wurde es leider verpasst, beispielgebend für Architektur und Bau zu wirken." Dabei betont Könnicke eine museale Vorbildfunktion, denn "gerade Museumsgebäude sind oft sehr prägende und entsprechend viel beachtete Gebäude im Stadtbild."

Nachhaltigkeit aus Tradition

Prof. Dr. phil. Gisela Weiß sieht gerade bei jungen Studierenden großes Interesse am Thema Nachhaltigkeit. Bildrechte: HTWK Leipzig

An der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur (HTWK) in Leipzig werden die Studiengänge Museologie und Museumspädagogik gelehrt. Für Professorin Gisela Weiß spielt Nachhaltigkeit traditionell eine große Rolle: "Museen sind ständige Einrichtungen. Sie sammeln, bewahren, erforschen, machen bekannt, stellen aus und sind auf Nachhaltigkeit angelegt." Dennoch sieht sie noch Nachholbedarf, denn Nachhaltigkeit werde erst sukzessive Teil der Lehrplanung.

Es sei noch viel mehr möglich, meint Weiß: "Es gibt noch wenige Museen, die in ihr Leitbild das Thema Nachhaltigkeit wirklich richtig stark reingebracht haben. Da sollte und dürfte mehr passieren." Dabei sei das eigentlich eine Stärke, mahnt die Professorin: "Bezeichnend für das Museum der Gegenwart ist es, gesellschaftliche Relevanz über das Aufgreifen öffentlich diskutierter Themen herstellen zu wollen", so habe die Fridays-for-Future Bewegung die Nachhaltigkeit auch in die deutschen Museen gebracht: "Die nachwachsenden Studierendengenerationen tragen das auch an uns, die ältere Dozentenschaft, heran, was mich sehr freut."

Ein Jahrhundertschritt zur Nachhaltigkeit

Direktorin Dr. Uta Bretschneider und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom Zeitgeschichtlichen Forum verzichten auf Inlandsflüge. Bildrechte: Oliver Niemeier

Dr. Uta Bretschneider, Direktorin des Zeitgeschichtlichen Forums in Leipzig kann da nur zustimmen: "Nachhaltigkeit ist für mich etwas, was sich als Thema gerade sehr entwickelt und wir lernen irrsinnig viel darüber." Insbesondere der Kontext mit Fridays-for-Future habe dem Thema Schwung und gesellschaftliche Sichtbarkeit gegeben.

Bretschneider habe daher die Beleuchtung im Forum auf LED umgestellt, sodass viel Strom eingespart wird. Allerdings schränkt Bretschneider ein: "Klar, kann auch ein kleines Museum Papier zweiseitig bedrucken, aber schon alleine eine Umrüstung auf LED muss man sich leisten können." Auch sei längst nicht jede Umstellung klimafreundlich: "Man muss auch einfach gucken, dass die Ressourcenbilanz von einem neuen Produkt zum Teil viel schlechter ist, als wenn ich das Alte noch etwas weiter nutze."

Um die Klimakrise zu verhindern, braucht es wohl einen Jahrhundertschritt. Bildrechte: imago images / Steinach

Danny Könnicke rechnet vor, dass es etwa 20.000 Museumsgebäude in Deutschland gibt, verglichen mit rund 20 Millionen Wohngebäuden ein Klacks. Daher liegt der Handlungsbedarf seiner Ansicht nach bei allen Menschen: "Es braucht drastische Maßnahmen, um den Klimawandel zumindest zu bremsen. Technische Lösungen sind dabei nicht immer der richtige Weg, wir müssen durchaus auch Abstriche an unserem Lebensstil machen."

Zumindest einen ersten Schritt plant auch der Deutsche Museumsbund. Nach dem bereits im Mai die Initiative "Museen - Klimaschutz und Nachhaltigkeit" gegründet wurde, soll Ende des Jahres eine Arbeitsgruppe starten. Es gilt, "Museen klimaneutraler zu machen, ohne die museumsspezifischen Aufgaben zu vernachlässigen". Außerdem sollen wissenschaftlich basierte ökologische Mindeststandards für Museen erarbeitet werden.

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