Ratte
Die Ratte ist ein facettenreicher Krankheitsüberträger: Fleckfieber, Bandwürmer, Tuberkulose, Tollwut, und ganz früher die Pest. Bildrechte: colourbox

Ratte als Krankheitsüberträger Der Rattenlungenwurm: Gefährlicher Hirnparasit in Europa

09. Oktober 2019, 15:53 Uhr

Ein herber Rückschlag für die Ratten: Waren sie uns durch den Animationsfilm "Ratatouille" ziemlich sympathisch geworden, schlägt jetzt die Ekelkeule zu: Der Rattenlungenwurm, ein Parasit, der Ratten befällt, war bislang hauptsächlich aus Asien und Australien bekannt. Offenbar hat er schon seit geraumer Weile Europa erreicht. Zwei kranke Igel aus verschiedenen Ecken Mallorcas waren 2018 mit seltsamen Symptomen in einer Wildtierstation abgegeben worden. Sie waren vom Rattenlungenwurm befallen.

Im Urlaub isst man ja oft andere Dinge als daheim, Schnecken zum Beispiel oder Süßwassergarnelen. Mallorca-Urlaubern oder Schneckenliebhabern wird darum diese Nachricht wenig schmecken: Auf der spanischen Insel ist ein Parasit nachgewiesen worden, der bisher aus Asien und Australien bekannt war: Der Rattenlungenwurm, lateinisch Angiostrongylus cantonensis. Er wird von Ratten übertragen und nutzt als Zwischenwirt Schnecken. Der Parasit kann beim Menschen schlimmstenfalls zu Hirnhautentzündungen führen.

Gab es schon solche Fälle?

Ein Fall, der Schlagzeilen machte: 2010 hatte ein 19-Jähriger aus Australien eine rohe Nacktschnecke verzehrt, war an einer Hirnhautentzündung erkrankt und starb schließlich 2018 daran. Auch 2017 hatten auf Hawaii solche Wurmvorkommen in Menschen für Schlagzeilen gesorgt. Aus Deutschland ist der Fall eines Thailand-Urlaubers aus dem Jahr 2009 bekannt, bei dem die Infektion mit dem Parasiten allerdings nicht tödlich verlief. Dass der Rattenlungenwurm jetzt erstmals in Westeuropa nachgewiesen wurde, sorgt für Schlagzeilen und viele Fragen:

Kann der Rattenlungenwurm Menschen gefährlich werden?

Er kann theoretisch, wenn er auf den Menschen übertragen wird, Hirnhautentzündungen hervorrufen. Praktisch ist das eher unwahrscheinlich, da der Parasit andere Wirte bevorzugt: Schnecken als Zwischenwirt, Ratten als Endwirt. Ratten fangen sich den Parasiten beim Fressen ein, nämlich wenn sie Wurm-Zwischenwirte wie Schnecken fressen. Schnecken wiederum holen sich die Eier ins Haus, indem sie Rattenkot fressen. Vögel oder Säugetiere wie die beiden Igel auf Mallorca gelten derzeit eher als Zufallswirte, heißt es in der Wissenschaftlichen Veröffentlichung über den Fund. Über Schnecken können die Eier auch auf frisches Gemüse wie Salatblätter gelangen.

Gekochte Schnecken
Spanischer Klassiker in Tapas-Bars: Ein Tellerchen mit gekochten Schnecken Bildrechte: imago images / CHROMORANGE

Eine Übertragung auf den Menschen ist an sich eher unwahrscheinlich und nach bisherigem Wissensstand höchstens über den Verzehr ungenügend gegarter Schnecken oder Süßwassergarnelen denkbar. Symptome für eine Erkrankung sind starke Kopfschmerzen, Zittern, Taubheit und Fieber.

Sind Igel auch Wirte für den Rattenlungenwurm?

Ob und welche Rolle Igel in Europa bei der Verbreitung des Rattenlungenwurms spielen, ist noch unklar und sollte untersucht werden, heißt es im Forschungsbericht der Parasitologin Claudia Paredes-Esquivel der Balearen Universiät. Da Schnecken und andere Weichtiere in der spanischen Küche eine große Rolle spielen, rät Paredes-Esquivel, potentielle andere Wirtstiere für den Wurm zu identifizieren und untersuchen.

Denn die fünf Würmer, die in den Igeln gefunden worden waren, befanden sich in verschiedenen Entwicklungsstadien: In einem der Tiere fanden sich im Hirn Nematodenlarven, im zweiten komplett entwickelte Würmer, 15 bis 17 mm lang, einer davon ein schwangeres Weibchen, ein männlicher Wurm war dagegen noch nicht geschlechtsreif. Die Würmer, die sich in ihrem regulären Endwirt, also in den Lungen von Ratten befinden, sind minimal größer als die in den Igeln entdeckten Exemplare.

Bleibt der Wurm auf Mallorca?

Generell geht die Wissenschaftlerin davon aus, dass der Wurm auf Expansionskurs ist. Angesichts der verschiedenen Igel-Fundorte auf der Insel geht sie davon aus, dass die Parasiten weit verbreitet sind. Dafür sprechen auch die großen Ratten- und Schneckenvorkommen auf der Insel. Auch der Tourismus mit seinen Millionen von Besuchern wird bei der Verbreitung eine Rolle spielen.

Dieses Thema im Programm: BRISANT | 17. September 2019 | 17:15 Uhr