Rückkehr der Raubtiere Scharfes Foto: Erneuter Luchs-Nachweis im Thüringer Wald

25. Juli 2019, 13:06 Uhr

Hinweise auf den Luchs im Thüringer Wald gibt es seit Jahren. Jetzt konnten Naturschützer und Wissenschaftler einen Beweis vorlegen für die Raubkatze, die in eine Fotofalle tappte – zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit.

An einem Abend Mitte Februar im Thüringer Wald bei Oberschönau schlich ein seltener Jäger durch den Schnee und vor die Foto-Falle der Biologin Andrea Perino. Die hat sich sehr gefreut. "Man wartet ja, ob mal etwas drauf ist, ob man einen Hirsch drauf hat oder was anderes. Und da haben wir uns total gefreut, als wir das dann gesehen haben“, erzählt sie danach.

Andrea Perino arbeitet für das Deutsche Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) in Leipzig. Kurze Zeit dachten sie und ihre Kollegen, dass ihnen der erste Nachweis eines Luchses im Thüringer Wald seit 200 Jahren geglückt ist. Doch dann wurde bekannt: Schon im Mai 2017 gelang einem Autofahrer ein Schnappschuss eines Luchses.

Jeder Luchs hat anderes Fleckenmuster

Das neue Foto aber ist deutlich schärfer. Luchs-Experte Ole Anders aus dem Nationalpark Harz kann darauf sogar die individuelle Fleckenzeichnung erkennen. "Luchse haben eine Zeichnung in ihrem Pelz, die ist so einzigartig wie bei Menschen der Fingerabdruck. Das heißt: Man kann einen Luchs zeit seines Lebens an der Zeichnung wiedererkennen. Das sind die schwarzen Tupfen, die das Tier hat."

Anders hat eine Art Fahndungs-Datenbank aufgebaut. Mit Fotos von Luchsen und deren Fleckenzeichnung. Doch die Suche nach dem Thüringer Luchs bleibt ohne Erfolg. Kein Treffer in der Datenbank. "Es ist selbstverständlich nicht möglich zu sagen: Woher kommt denn dieser Luchs, welchen Weg hat der genommen, um in den Thüringer Wald zu kommen."

Aber fest steht. Der Luchs hat den Thüringer Wald entdeckt. Für die Naturschützer ist das entscheidend, weil Thüringen zwischen den großen Luchs-Populationen im Harz und im Bayerischen Wald liegt. "Ein ganz wichtiges Ziel bei aller Naturschutzarbeit mit dem Luchs ist es, die kleinen Vorkommen, die wir in Deutschland und Europa haben, miteinander in Verbindung zu setzen", sagt Ole Anders und begründet. "Allesamt sind diese Vorkommen sehr klein. Das heißt man braucht den genetischen Austausch zwischen den Vorkommen."

Niemand soll seinen Lebensraum verlieren

Zurück bei Andrea Perino. Die Spezialistin für Artenvielfalt interessiert sich vor allem für die Folgen, die die Rückkehr der Raubkatze für das Ökosystem haben könnte. Etwa auf bestimmte Pflanzenarten oder auf Beutetiere. "Es gab früher große Säugetiere in unseren Wäldern. Und die hatten ne bestimmte Funktion. Und bis zu einem gewissen Punkt können die das jetzt auch wieder übernehmen, wenn die zurückkommen."

Perino wirbt für einen Austausch zwischen Naturschützern, Jägern, Bauern und Anwohnern. Auch über Ängste und Sorgen rund um eine Rückkehr der Raubkatze. "Es geht auch nicht drum, den Leuten ihren Lebensraum wegzunehmen und stattdessen den Luchs dort anzusiedeln. Die Leute sollen da ja leben und sich wohlfühlen. Also idealerweise wär es ja so, dass man sich freut, dass man dort lebt und sich freut, dass man die Tiere wieder in seiner Heimat hat."

Zuletzt heimisch war der Luchs im Thüringer Wald vor 200 Jahren. Danach galt er als ausgerottet.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 13. März 2018 | 06:53 Uhr