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Region Halle/Leipzig:Schwerere Erdbeben auch in Region Leipzig möglich

18. Dezember 2019, 13:20 Uhr

Erdbeben in Mitteldeutschland – gerade erst bebte das Vogtland. Aber auch in der Region Leipzig und Halle sind schwerere Beben denkbar, als bisher registriert wurden. Experten halten das derzeitige Netz von Messtationen für zu dünn. Woran liegt das und welchen konkreten Nutzen brächten verstärkte Messungen?

Auch in der Region Leipzig und Halle sind stärkere Erdbeben denkbar, als bisher registriert wurden: Wenn nämlich die geologischen Verwerfungssysteme, die die Region durchziehen und bisher als nicht aktiv gelten, durch Erdbeben reaktiviert werden. Darauf weist ein Forschungsteam aus Leipzig, Halle und Potsdam hin, dass die Erdstöße aus den Jahren 2015 bis 2017 in der Region mit neuen Verfahren untersucht hat.  

Was Seismologen beunruhigt

In den Jahren 2015 und 2017 hatte es zwischen Halle und Leipzig zwei Beben mit einer Stärke von ungefähr 3 gegeben. Es waren die stärksten, die in der Region bisher registriert wurden. Ihren Ursprung hatten sie den Forschern zufolge zwischen 22 und 29 Kilometern unter der Erdoberfläche. Aus Seismologensicht ist das ungewöhnlich tief und genau deshalb  alarmierend, erklärt Sigward Funke, Chef der Erdbebenüberwachung an der Universität Leipzig: "Erdbeben in dieser Tiefe geben Hinweise auf größere Verwerfungen und machen die Möglichkeit von stärkeren Erdbeben wahrscheinlicher."

Netz der Mess-Stationen zu weitmaschig

Aus Funkes Sicht sind verstärkte Beobachtungen notwendig, sagte er im Gespräch mit MDR Wissen. Das Netz der Mess-Stationen um die Region Leipzig-Halle sei derzeit zu weitmaschig, mit den nächsten Stationen in Bitterfeld, Neuenburg, Zeitz und Wimmelburg. Wünschenswert sei auch mehr Personal zur Auswertung der Daten.

Was hätte man davon, unfühlbare Beben zu messen und auszuwerten?

Etliche ganz praktische Aspekte - neben Fragen der Finanzierung - erschweren Funke zufolge die Erstellung neuer Mess-Stationen in der Region: Neben dem schwierigen geologischen Untergrund seien das dichte Bebauung, starker Verkehr und Bergbau. Doch was brächte ein dichteres Netz an Stationen und vielleicht sogar die Messung unspürbarer Beben der Stärke 2? Zum einen ließen sich belastbarere Aussagen aus den Messungen ziehen, sagt Funke. Zum anderen ließe sich aus Messergebnissen praktischer Nutzen ziehen: Indem die Ergebnisse für die Überprüfung und nötigenfalls Änderungen von DIN-Normen beim Bau von Einfamilienhäusern genutzt würden oder auch bei großen Infrastrukturprojekten wie Talsperren. "Momentan sind wir auf solche Ereignisse nicht gut vorbereitet," meint Funke. Simulationen der Forschergruppe wiesen darauf hin, dass Beben wie im Rheinland 1992 auch in der Leipziger Bucht denkbar wären. Das Beben damals hatte die Stärke 5,2 und richtete in einem weiten Umkreis Schäden in Millionenhöhe an.

Schwarmbeben erschüttern Vogtland

Seit Anfang Mai 2018 wurden im Vogtland etwa 1.000 sogenannte Schwarmbeben registriert. Schwarmbeben sind kleine Erdbeben in einer Tiefe von sieben bis zehn Kilometern, die in dichter zeitlicher Reihenfolge im gleichen Gebiet auftreten. Im Vogtland werden sie schon seit dem 16. Jahrhundert registriert. Als Ursache vermuten Seismologen den Aufstieg von Gasen aus dem Erdmantel in die Erdkruste. Das Vogtland gehört zusammen mit dem Oberrheingraben, der Niederrheinischen Bucht und der schwäbischen Alb zu den vier seismisch aktivsten Regionen bundesweit. Der letzte größere Erdbebenschwarm war zwischen Oktober und Dezember 2008 registriert worden.

lfw

Dieses Thema im Programm:MDR aktuell | Fernsehen | 15. Mai 2018 | 10:55 Uhr