Brennender Wald in Jakutien
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Klima unter der Lupe 37 Grad in Sibirien? Auch 2020 brennt es in der Arktis

08. Juli 2020, 16:16 Uhr

Der Sommer wirft seine heißen Schatten voraus, jedenfalls in Sibirien: Temperaturen knapp unter 40 Grad und erste Waldbrände. Sind das Wetterkapriolen, einzelne Ausreißer, oder der Beginn eines neuen Hitze-Sommers?

37 Grad Celsius - im Süden Portugals treiben solche Meldungen keinen Schweiß auf die Stirn, erfahrungsgemäß zieht man sich zurück in die häusliche Kühle zur Siesta. Bei 37 Grad Celsius im Juni in der Arktis geraten nicht nur Menschen ins Schwitzen, sondern vor allem die Wissenschaft, die versucht daraus Prognosen für Zukunft abzuleiten. Denn diese Werte sind selbst für die sibirische Arktis alles andere als normal. Aber sind das nun einmalige Temperatur-Ausreißer oder was braut sich da zusammen? Der Copernicus Climate Change Service CS3 hat diese Werte gerade gemeldet:

Der gesamte Juni 2020 war demnach in der sibirischen Arktisregion fünf Grad Celsius wärmer als gewöhnlich, sogar wenn man die Jahre 2018/2019 mit einbezieht. Ob die Menschen in der Stadt Verkhoyansk in Jakutien im östlichen Sibirien am 20. Juni sogar bei 38 Grad schwitzten, versucht die Weltmeteorologie-Organisation WMO derzeit noch zu verifizieren. "Daten aus den oberen Luftschichten machen diesen Hitzerekord plausibel", sagt jedenfalls Professor Randall Cerveny, der bei der WMO Spezialist für Klima- und Wetterextreme ist und an der Arizona State University forscht. Und er sagt auch:

Es war ein ungewöhnlich heißer Frühling in Sibirien. Der fehlende Schnee in der Region und der allgemeine globale Temperaturanstieg trugen zweifellos entscheidend zu dieser extremen Temperaturbeobachtung bei.

Randall Cerveny

Sibirische Naturextreme 2020 ähneln denen von 2019

Die sibirische Arktis an sich ist Extreme in Sachen Wetter und Temperatur gewöhnt. 60 Grad Unterschied zwischen den Niedrigwerten von -40 Grad im Januar und 20 Grad im Juli gehören hier zum Alltag. Doch Europas Copernicus Climate Change Service beschreibt die Region als die, die sich doppelt so schnell erwärmt wie der Rest der Welt.

Vergleich Europäische / Arktische Wetterdaten
Wärmekapriolen oder generelle Tendenzen? Europa und Sibirien im Vergleich Bildrechte: opernicus Climate Change Service/ECMWF.

Die ungewöhnliche Wärme im Winter 2019/20 und in diesem Frühling wurde begleitet von einem außergewöhnlich frühen Aufbrechen des Eises in den Flüssen Sibiriens. Auch aus Sicht der Beobachtungen im Rahmen des Copernicus-Programms sind die Extremdaten in der Region mit ihren ungewöhnlichen Schwankungen an sich nicht ungewöhnlich. Außergewöhnlich sei aber, so heißt es auf der Homepage, wie lange die überdurchschnittlich wärmeren Anomalien schon bestehen.

WMO warnt: 2020 wird wieder ein feuriger Sommer

Inzwischen bestätigt sich auch, wovor die WMO gewarnt hatte: Im Sommer 2020 sei im Osten Sibiriens, in der Region Jakutien, erneut mit Waldbränden wie 2019 zu rechnen und zwar im Zusammenhang mit erhöhten Temperaturen und unterdurchschnittlich wenig Niederschlag. Nach Angaben der russischen Agentur für Waldbrandbekämpfung aus der Luft, Aviales, brennen derzeit tatsächlich schon 3,4 Millionen Hektar in unzugänglichen Gebieten. Vergangene Woche waren es noch weniger als 1,1 Millionen Hektar. NASA-Wissenschaftler vermuten, dass es sich dabei um Torfbrände handeln könnte. In deren Mitteilung heißt es: "Sie sind berüchtigt dafür, dass sie unterirdisch 'überwintern', um dann im zeitigen Frühjahr wieder aufzutauchen. Solche Brände werden auch als 'Zombiefeuer' bezeichnet."

Sibiriens Brände von oben am 1. Juli 2020
Sibiriens Brände von oben am 1. Juli 2020 Bildrechte: nasa.gov

Mark Parrington vom Copernicus Atmosphere Monitoring Service in Europa sagt:

Die Entwicklung der Feueraktivität in der Arktis in diesem Sommer war bisher sehr ähnlich zu dem, was wir 2019 gesehen haben, wobei beide Jahre verglichen mit den Jahren seit 2003, für die uns Daten vorliegen, außerordentlich intensive Waldbrände aufwiesen.

Mark Parrington

Besser werde das in den kommenden Wochen nicht, warnt Parrington, 2020 ähnle in seiner Entwicklung 2019. Entsprechend sei mit dem Höhepunkt der Waldbrandsaison im Juli und August zu rechnen. Wo es derzeit überall brennt, zeigt die interaktive Waldbrandkarte globalforstwatch.

Was Eisbären ins Schwitzen bringt

Aber was bedeutet all das an sich für die Region? Zum einen hat sich Volumen des arktischen Meereises im September 2019, also nach der Schmelzsaison, im Vergleich zum Mittelwert von 1979-2019 mehr als halbiert. Und wenn Permafrost-Regionen tauen, wandeln sich Boden- und Lebensraum. Welche Folgen das für die arktische Tierwelt hat, konnte man 2019 bereits sehen: Jedenfalls oberhalb des Eismeers. Als nämlich Eisbären auf der Suche nach Nahrung menschliche Siedlungen aufsuchten, weil ihnen ihre Jagdgründe unter den Pranken wegschmolzen.

Im Bildvordergrund fressen Eisbären ein Beutetier, im Hintergrund des Bildes sieht man Menschen und eine Siedlung mit Häusern.
Eisbären in der Nähe des Dorfes Ryrkaipij Bildrechte: imago images / ITAR-TASS

lfw

Waldbrände in Mitteldeutschland

Waldbrand an einem Berg 4 min
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Ein Löschfahrzeug vor der Garage der Feuerwehr 3 min
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Karte von Mitteldeutschland, Wald im Hintergrund 1 min
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1 min

In Mitteldeutschland brennt es in Sachsen und Sachsen-Anhalt am häufigsten. Immer früher beginnt die Brandsaison. Zwischen Januar und Mai 2020 gab es enorm viele Waldbrände.

MDR FERNSEHEN Mo 06.07.2020 09:49Uhr 00:31 min

https://www.mdr.de/wissen/videos/haeufigkeit-der-waldbraende-in-mitteldeutschland100.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

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6 Kommentare

MDR-Team am 09.07.2020

Hallo Kritiker,
tatsächlich verschiebt sich die Erdachse jedes Jahr ein wenig dadurch, dass die Erde nicht exakt kreisförmig ist. Das wird dann alle 26.000 Jahre durch das sogenannte platonische Jahr (eine bestimmte Kreiselbewegung) wieder ausgeglichen.
Dazu machen die Jahreszeiten im Norden von Südamerika und im Süden Afrikas kaum etwas aus und wirken sich somit auch nicht auf mögliche Waldbrände aus.
LG, das MDR-Wissen-Team

NeuerHeip am 09.07.2020

Temperaturextreme sind die Folge von Trockenheit.

Wasser hat eine sehr hohe spezifische Wärmekapazität. Deshab bedarf es sehr viel Energie, um Wasser zu erwärmen und Wasser muss sehr viel Energie abgeben, um abzukühlen.

Überall wo viel Wasser ist, also in Küstennähe oder in Regenwäldern, herrscht deshalb relativ gemäßigtes Klima bezüglich der Temperaturen.
Nur wenn der Wind aus trockenem Festland kommt, dann kann es auch an den Küsten kalt oder heiß werden.

Wenn man diese Probleme mit den Waldbränden beheben will, muss man die Entwässerung des Landes und die Entwaldung beenden.
Gerade das norddeutsche Flachland bis zum Mittelgebirgsrand ist überall mit Entwässerungskanälen durchzogen, Flußläufe begradigt, Flussauen und Überflutungsgebiete beseitigt worden.

Die Folgen kann man auch in Deutschland sehen in Gestalt austrocknender und verlandender Seen schon vor der nordöstlichen Stadgrenze von Berlin.

Statt die Entwässerung des Landes zu stoppen, reduziert man CO2.
Irre!

Bummi am 08.07.2020

Die Erdachse verlagert sich, dass ist normal. Allerdings hat die Erderwärmung darauf einen verstärkenden Effekt. Trotzdem ist mir nicht klar, welchen Zusammenhang Sie hier erkennen wollen.
Die Ursache für die Zunahme der Waldbrände sind verschieden. Vom Menschen gemacht, um landwirtschaftliche Fläche zu gewinnen, um hauptsächlich unseren westlichen Konsum zu befriedigen (Amazonas, Indonesien) hin zu anhaltender Trockenheit, Dürre (Südafrika) als perfekter Nährboden für ein Feuer. Dann reicht ein Funke (Blitzeinschlag, Mensch) und es brennt. Starke Winde können die Katastrophe noch richtig anheizen und wenn der Regen ausfällt geht das Feuer auch nicht von alleine aus. Da durch die anhaltende Klimaerwärmung das Wetter global extremer wird, werden auch die Brände in der Summe stärker. Das ist es, was der Bericht verdeutlichen will. Es gibt nicht den Tag in der Zukunft, an dem alles Zusammenbricht. Wir arbeiten uns langsam zu ihm hin und dann ist es zu spät. Waldbrände sind nur 1 Problem.