ausgetrockneter Boden vor einem Feld
Das trockene und warme Wetter begünstigt Schädlinge Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Siebenschläfertag Siebenschläfer 2023: Mitteldeutschland könnte Sommerdürre erleben

26. Juli 2019, 10:39 Uhr

Der Siebenschläfertag gehört in der Wissenschaft vom Wetter zu den sogenannten Singularitäten – einem Regelfall. Mit bis zu 70 Prozent Wahrscheinlichkeit stellt sich eine neue stabile Großwetterlage ein, die den Hochsommer über anhält. In Mitteldeutschland zeigen die Zeichen aktuell eher auf eine Fortsetzung der schon seit April andauernden Trockenheit. Landwirte sprechen bereits von einer Dürre.

Es sind dramatische Schäden, die Wolfgang Vogel beim Treffen der Landwirtschaftsminister mit den Bauernpräsidenten Mitte Juni in Schkeuditz bei Leipzig auflistet: Durch die seit April anhaltende Trockenheit rechnen einzelne Betriebe bereits mit Ernteeinbußen von 30 bis 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Besonders Wintergerste, Raps, Winterweizen und Sommergetreide haben unter dem Wassermangel gelitten. Viele Höfe haben mit der Noternte begonnen, um das zu retten, was noch nicht komplett vertrocknet ist.

An Standorten mit weniger fruchtbaren Böden, etwa dort, wo der Sandanteil hoch ist, drohen mitunter Totalausfälle. Weil auch einfache Wiesen vertrocknen, fehlt den Betrieben, die Kühe, Schafe oder Ziegen halten, frisches Futter. Die Landesregierungen haben den Bauern deshalb gestattet, ausnahmsweise auch Flächen zu mähen oder zu beweiden, die in diesem Jahr eigentlich für den ökologischen Ausgleich brach liegen sollten.

40 Liter Wasser zu wenig

Trotz des späten Winters im März ist 2018 aktuell ein heißer Anwärter auf das nächste Temperatur-Rekordjahr in Deutschland. Im April war es mit durchschnittlich 12,4 Grad Celsius etwa 5 Grad wärmer als in der Referenzperiode 1961 bis 1990, die Klimaforschern immer als Vergleichsmaßstab dient. Auch der Mai lag mit 16 Grad 3,9 Grad über der Referenztemperatur. Und laut Deutschem Wetterdienst ist auch der Juni derzeit 2,4 Grad zu warm. Hinzu kommt der Wassermangel: In Sachsen-Anhalt und Sachsen fielen im Mai jeweils etwa 40 Liter weniger Regen pro Quadratmeter zu Boden als üblich. In Thüringen fehlten 24 Liter. Auch der April war in allen drei Ländern zu trocken.

Was die Freunde der Freibäder und Badeseen freut, stellt nicht nur Landwirte vor ernsthafte Probleme. Auch Wälder geraten mindestens indirekt in Gefahr. Einerseits begünstigt das trockene und warme Wetter Schädlinge wie den Buchdrucker, eine Borkenkäferart, die vor allem Fichten angreift. Die Insekten profitieren zusätzlich von den vielen umgestürzten Bäumen, die Winterstürme wie "Friederike" hinterlassen haben. Andererseits erhöht die Trockenheit die Gefahr schwerer Waldbrände. Nach Auskunft des Staatsbetriebs Sachsenforst wurden 2018 bereits 25 Brände registriert, betroffen war bislang eine Fläche von 1,4 Hektar.

An den meisten Bäumen gebe es bislang aber kaum sichtbare Trockenheitsschäden, wie verwelkte Blätter, sagt Michael Götze-Werthschütz von Sachsenforst. Sorgen bereiten den Forstfachleuten aber noch junge Baumkulturen, die erst vor kurzer Zeit angelegt wurden. "Abschließende Zahlen hierzu liegen erst im Herbst vor, wenn die Schäden sichtbar werden", so Götze-Werthschütz. In Sachsen-Anhalt haben Waldbesitzer über ein Portal bislang Trocken- und Hitzeschäden für eine Fläche von rund 2000 Hektar gemeldet.

Deutschlands Osten wird noch trockener

Grund für die Dürre ist eine Konstellation von Wetterlagen, die sich in diesem Jahr schon mehrfach wiederholt hat. Schwache Westwinde in der höheren Atmosphäre bringen kaum Regen vom Atlantik nach Deutschland. In Mitteldeutschland sorgt ein Hoch über Skandinavien beständig für Sonne. Wegen der schwachen Winde bleiben Gewitter häufig an einem Ort stehen, wo der Starkregen mehr Schäden anrichtet, als er den Pflanzen nützt.

Diese Probleme könnten in Zukunft noch stärker und häufiger auftreten, sollten Klimaforscher mit ihren Berechnungen Recht behalten. "Die Szenarien  gehen davon aus, dass es vor allem im Sommer im Osten Deutschlands trockener wird und wärmer", sagt Andreas Friedrich, Meteorologe beim Deutschen Wetterdienst (DWD). Seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1881 seien die Temperaturen in Deutschland im Schnitt um 1,3 Grad angestiegen. "Ein Großteil davon ist in den vergangenen zehn bis zwanzig Jahren passiert", sagt Friedrich.

Wie das Wetter für Urlauber und Landwirte in diesem Jahr weitergeht, darüber entscheiden in gewisser Weise die kommenden 10 bis 14 Tage. Der Siebenschläfertag am 27. Juni legt laut Bauernregel für sieben Wochen das Wetter fest. Das können Wissenschaftler so genau zwar nicht bestätigen, aber der DWD und andere Meteorologen haben festgestellt: Großwetterlagen, die sich Ende Juni, Anfang Juli einstellen, bleiben mit 62 bis 70 Prozent Wahrscheinlichkeit auch in den folgenden Hochsommerwochen bestehen.

Erstmal bleibt es trocken

Für Mitteldeutschland sagen die Prognosen in der zweiten Wochenhälfte Temperaturen von 23 bis 25 Grad voraus, an den meisten Orten soll es trocken bleiben. Ein kleines Tief könnte von Tschechien her etwas Regen ins Erzgebirge und später auch ins Burgenland und danach nach Thüringen etwas Regen bringen, bevor sich am Wochenende überall die Sommerhitze wieder durchsetzt. Sollte das auch der Wettertrend für die kommenden Wochen bleiben, werden die Landwirte wohl auch bei weiteren Früchten wie Kartoffeln und Mais heftige Verluste aushalten müssen.

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | LexiTV extra: Klimawandel in Mitteldeutschland | 22. Dezember 2017 | 15:00 Uhr