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Manhattan - ein Küste aus Beton. Bildrechte: imago/INSADCO

Ökosystem-StudieUrbanisiertes Wissenssyndrom: Stadtmenschen verstehen weniger von der Umwelt

04. Mai 2022, 12:44 Uhr

Menschen in Großstädten haben ein geringeres Verständnis für die Umwelt als Menschen außerhalb. Bereits in den Vororten erkennen die Menschen die Komplexität und die Folgen unseres Handelns besser.

Urbanisierung ist mit schlechtem ökologischem Wissen und weniger Umweltmaßnahmen verbunden. Das zeigt eine aktuelle Studie aus den USA, die das Verständnis für die Küstenökosysteme untersuchte. Dabei zeigte sich ein starker Kontrast zwischen Bewohnern der Städte und der Vorstädte. Die Forschenden nennen es urbanisiertes Wissenssyndrom. Es zeigt sich an der Art des Denkens und Handelns.

Lineares Denken, eine Eigenschaft, die laut der Studie vor allem bei Stadtbewohnern ausgeprägt ist, stand in der Untersuchung in engem Zusammenhang mit weniger umweltfreundlichem Handeln. Vorstadtbewohner, die von weniger künstlichen Strukturen umgeben sind, und umweltfreundlicher handelten, neigen dagegen eher zum Systemdenken. Als Beispiel für lineares Denken nennen die Forschenden Mauern und Küstenbefestigungen, die die Erosion verhindern. Stadtbewohner sehen das eher linear, positiv – Mauern schützen Städte. Systemdenken dagegen hinterfragt Mauern im Meer, die zwar die strukturelle Integrität einer Küstenlinie gewährleisten, aber auch die Art und Weise verändern, wie das Wasser an der Küste entlang fließt und möglicherweise die Erosion sogar beschleunigen.

Nicht nachaltige Bebauung, zugemauerte Küsten

Warum das ein Problem ist, zeigt ein Blick auf die Wohnbebauung entlang dicht besiedelter Küsten, so die Forschenden. Sie geht häufig mit einer nicht nachhaltigen Flächennutzungsplanung einher – inklusive zugemauerter Küsten –, bei der natürliche Lebensräume wie Salzwiesen, Mangroven, Seegraswiesen und Austernriffe durch künstliche Strukturen wie vertikale Schotten, Deiche, Bootsrampen und andere Beton-Infrastrukturen ersetzt werden

Noch stehen die Forschenden allerdings ganz am Anfang und kennen die Einschränkungen ihrer Studie: Diese untersuchte nur das Themengebiet der Küstenökonomie und ließ den ländlichen Raum außen vor, die Verhaltensweisen wurden erfragt und nicht untersucht. "Wir können noch nicht sagen, was zuerst kommt. Denkst du in Systemen und ziehst es vor, in Gebieten mit natürlicheren Ökosystemen zu leben, oder lässt dich das Leben in weniger urbanisierten Gebieten dazu bringen, Systemdenken zu entwickeln", so Studienautor Payam Aminpour, Postdoktorand am National Institute of Standards and Technology (Maryland/USA) und Hauptautor der Studie. Dafür sind weitere Forschungen nötig, so Aminpour, denn die Folgen könnten weitreichend sein, wenn Menschen in den Küstenstädten, wo die Bevölkerungsdichte inzwischen dreimal so hoch ist wie im weltweiten Durchschnitt, sich von positivem Umweltverhalten lösen: "Es ist so etwas wie ein Schneeballeffekt."

Studie

Die Studie "Urbanized knowledge syndrome - erosion of diversity and systems thinking in urbanites’ mental models" erschien in npj Urban Sustainability.

gp

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