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Untersuchung aus LeipzigKlimawandel verstärkt allergische Reaktionen

18. November 2020, 18:47 Uhr

Für Allergiker sind Pollen der Horror. Juckende und tränende Augen, laufende Nase und ständiges Niesen. Besserung ist nicht in Sicht. Der Klimawandel wird für Allergiker besonders schlimm. Das Universitätsklinikum Leipzig hat sich die Situation genauer angeschaut. Dort steht der erste elektronische Pollenmonitor Mitteldeutschlands.

Allmählich kommt die Zeit, in der viele Allergiker wieder durchatmen können - im wahrsten Sinne des Wortes. Aber das wird leider nicht lange andauern. Denn Wissenschaftler stellen durch den Klimawandel eine erhöhte Belastung für Allergiker fest: Demnach werden es nicht nur mehr Pollen, sie werden sogar größer und fliegen eine längere Zeit als noch vor ein paar Jahren.

Zirka 30 Millionen Menschen sind derzeit in Deutschland von Allergien betroffen. Frauen dabei häufiger als Männer. Bei Kindern ist es umgekehrt. Jungen erkranken häufiger als Mädchen. Der Heuschnupfen ist die häufigste Form der Allergie.

Auch die Leipzigerin Nina Schultheis und ihr Sohn Linus sind betroffen. Hinter den beiden liegt ein allergiereiches Jahr.

Auf den Punkt gebracht, kann ich mich nicht erinnern, dass es jemals so schlimm war wie dieses Jahr. Das war, glaube ich, im April, März oder so, da habe ich auch einige Familienausflüge ausgelassen und gesagt, heute bleibe ich daheim, mich bringen keine zehn Pferde raus. Es war dann auch nicht nur Naselaufen und Augentränen, man hat sich richtig krank gefühlt.

Nina Schultheis, Pollenallergikerin

Ihrem Sohn Linus erging es nicht anders. Besonders im Sommer ist es mit den Gräsern am schlimmsten, erklärt er. Dann muss er zu Allergiesäften greifen: "Mag ich nicht, schmeckt nicht, aber trotzdem."

Doch was genau spielt sich im Körper eines Allergikers ab? Genau das weiß der bekannte Arzt und Moderator Dr. Eckart von Hirschhausen:

Nicht alles, was es in der Natur gibt, meint es automatisch gut mit uns. Was ist eigentlich eine Allergie? Eine Autoimmunerkrankung: Das ist eine Überreaktion des Körpers auf Dinge, die eigentlich harmlos sind, z.B. Pollen, also kleine Pflanzenpartikel, die in die Atemwege kommen und das Immunsystem schlägt Alarm. Was heißt das konkret? Die Abwehrzellen schütten Botenstoffe aus, wie das Histamin. Die Nase läuft, die Augen werden rot, die Schleimhäute schwellen, man hustet, man versucht, diese Eindringlinge loszuwerden, aber schießt dabei selber übers Ziel hinaus. Der Körper lernt das fatalerweise auch noch, und deswegen wird es oft von Saison zu Saison schlimmer.

Dr. Eckart von Hirschhausen

Es wird immer schlimmer für Allergiker

Laut The Lancet Countdown, einer internationalen, multidisziplinären Zusammenarbeit, die die gesundheitlichen Folgen des Klimawandels erforscht, verlängert sich nicht nur die saisonale Dauer des Pollenfluges, auch die Pollenmenge steigt, was Asthma und allergische Reaktionen noch verstärkt.

Pollenallergikerin Nina Schultheis plädiert dafür, dass man die Folgen dieser Allergien ernst nimmt: "Wenn das tatsächlich so schlimm bleibt, wie es jetzt war, muss tatsächlich auch mehr Verständnis dafür aufkommen, dass so eine richtig kräftige Allergie einen wirklich krank machen und auch arbeitsunfähig oder lernfähig machen kann."

In dieser Grafik sind die Auslöser und Folgen von Allergien zu erkennen. Bildrechte: Colourbox.de

Untersuchungen aus Leipzig

Flora und Fauna verändern sich, die Zahl der Allergiker steigt: das beobachtet auch Allergologin Regina Treudler vom Universitätsklinikum Leipzig. Auf dem Dach des Klinikums wurde 2017 der erste elektronische Pollenmonitor Mitteldeutschlands installiert. Die tagesaktuellen Daten können online für jeden zugänglich abgerufen werden.

Für Kinder, die heute geboren werden, würde ich mir wünschen, dass der Klimawandel nicht so schlimm ausfällt, wie er sich heute abzeichnet, insbesondere hoffe ich, dass es uns doch noch gelingt, die invasiven Arten, die stark allergen sind, in der Ausbreitung zu bremsen.

Prof. Dr. Regina Treudler, Allergologin

Weitere Untersuchungen aus Leipzig lassen vermuten: Nicht nur die Anzahl der Pollen steigt, unsere Luftschadstoffe machen sie zudem auch noch allergener. Die Forscher haben 10.000 Erwachsene untersucht und herausgefunden, "dass Menschen, die in der Peripherie von Leipzig wohnen, deutlich seltener eine Pollenallergie haben als solche, die in der Innenstadt wohnen", so Regina Treudler. So haben Menschen an Hauptstraßen häufiger eine Allergie als solche, die woanders wohnen. "Im Augenblick gehen wir davon aus, dass Feinstaubbelastung, dazu zählen auch Dieselstäube, die Pollen tatsächlich aggressiver machen."

Es wird mehr Allergen freigesetzt, so dass dann möglicherweise Redaktionen stärker sind.

Prof. Dr. Treudler, Universitätsklinikum Leipzig

(hd/um)

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