Taubenschwänzchen
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Flotter Falter Taubenschwänzchen: Der 80km/h flotte Langstreckenflieger

07. August 2019, 10:50 Uhr

Er schwirrt wie ein Kolibri, ist ein Nachtfalter, schaffft bis zu 80 Kilometer pro Stunde und frisst jeden Tag das Doppelte seines Körpergewichts. Das Taubenschwänzchen wird jetzt auch bei uns heimisch. Es kommt aus dem Süden und ist im Sommer auch bei uns zu beobachten.

Vielleicht haben Sie ihn schon einmal gesehen und gedacht, was macht der Kolibri auf meinem Balkon? Tatsächlich war das aber ein Taubenschwänzchen. Dieses Tier zählt nicht zu den Vögeln, sondern zu den Nachtfaltern. "Das Verhalten des Taubenschwänzchens ist sehr zu verwechseln mit dem der Kolibris", erklärt Umweltschützer Ernst Paul Dörfler. "Kolibris sind nicht viel größer und haben diesen berühmten Schwirrflug. Sie bleiben an einem Punkt, schwirren und stecken ihren Schnabel in den Kelch der Blüte". Die Taubenschwänzchen verhalten sich ähnlich. Mit einem langen gebogenen Rüssel ziehen sie den Nektar aus der Blüte.

Taubenschwänzchen bestäubt im Schwebflug Pflanze. 4 min
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Er schwirrt wie ein Kolibri, ist ein Nachtfalter und isst jeden Tag das Doppelte seines Körpergewichts. Das Taubenschwänzchen wird jetzt auch bei uns heimisch.

MDR AKTUELL Di 06.08.2019 13:42Uhr 03:49 min

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Taubenschwänzchen vertilgen das Doppelte ihres Gewichts

Taubenschwänzchen
Umweltschützer Ernst Paul Dörfler Bildrechte: MDR/ Annegret Faber

Das ist auch dringend nötig, denn Nahrung braucht der Falter jede Menge: "Jeden Tag isst das Taubenschwänzchen fast das Doppelte seines eigenen Körpergewichts", erklärt Dörfler. "Die Falter sind exzellente Sprinter. Sie fliegen mit einer Geschwindigkeit von 80 Stundenkilometer und beschleunigen in nur sechs Sekunden von null auf 70 Kilometer pro Stunde. Das gelingt manchen Autos nicht." Für diese Geschwindigkeiten benötigt der Falter viel Energie. Deswegen schwirrt er Tag und Nacht. "Sonst würde er gar nicht satt werden", sagt Dörfler.

Die Wanderfalter fliegen aus dem Süden über die Alpen

Taubenschwänzchen Raupe
Schon mal gesehen? Die Raupe eines Taubenschwänzchens lässt nicht erhanen, dass hier ein eleganter Langstreckenflieger heranreift. Bildrechte: IMAGO / imagebroker

Doch warum der ganze Aufwand? Das Taubenschwänzchen ist ein Wanderfalter. Bis zu 2.000 Kilometer fliegt er aus Südeuropa und Nordafrika über die Alpen bis nach Deutschland. "Wenn die Taubenschwänzchen hier ankommen, müssen sie erstmal auftanken und essen", erklärt Dörfler. "Ist der Falter satt, sucht er sich als nächstes einen Partner, eine Partnerin, um sich zu paaren." Nach zwei Wochen legt das Weibchen seine Eier auf einer so genannten Fresspflanze ab.

Das ist eine Pflanze, von der die kleinen Raupen sich ernähren. Beim Taubenschwänzchen ist es Labkraut.

Seltsame Insekten

Leuchtzikaden
Die Zikadenart "Fulgora laternaria" - deutsch manchmal „Laternenträger“ genannt - lebt im tropischen Süd- und Mittelamerika. Die Zikade kann bis zu zehn Zentimeter groß werden. Ihr Kopf erinnert an ein Reptil. Bildrechte: imago/blickwinkel
Leuchtzikaden
Die Zikadenart "Fulgora laternaria" - deutsch manchmal „Laternenträger“ genannt - lebt im tropischen Süd- und Mittelamerika. Die Zikade kann bis zu zehn Zentimeter groß werden. Ihr Kopf erinnert an ein Reptil. Bildrechte: imago/blickwinkel
Eine Blaue Holzbiene (Xylocopa violacea)
Sie ist fast drei Zentimeter groß, hat einen schwarzen Pelz und blau schimmernde Flügel. Die Blaue Holzbiene ist die größte Wildbiene in unserer Region. Eigentlich stammt sie aus dem Mittelmeerraum, jetzt ist sie auch bei uns heimisch geworden. Bildrechte: imago/blickwinkel
Eine Spitzkopfzikade
Spitzkopfzikade (Phromnia intacta), Ankarafantsika Nationalpark, Madagaskar, Afrika. Bildrechte: imago images / imagebroker
Giraffenhalskäfer (Trachelophorus giraffa), Männchen sitzt auf Blatt
Giraffenhalskäfer (Trachelophorus giraffa) gehören zur Familie der Blattroller (Attelabidae) und leben in Wäldern von Madagaskar. Ihr Name ist von ihrem auffallend langen Hals abgeleitet. Bildrechte: imago/imagebroker
Männchen der Gemeinen Skorpionsfliege (Panorpa communis)sitzt auf einem Blatt,
Die Skorpionsfliege (Panorpa communis) ist in Europa weit verbreitet und wurde 2018 "Insekt des Jahres". Das zu den Schnabelfliegen gehörende Insekt zeichnet sich neben seinen exotisch anmutenden Äußeren auch durch einen komplizierten Liebesakt aus. Bildrechte: imago images / blickwinkel
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Männchen der Gemeinen Skorpionsfliege (Panorpa communis)sitzt auf einem Blatt,
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Eier auf der Waldmeisterpflanze

"Das Labkraut heißt ja Labkraut, weil man es verwendet hat als Lab zum Gerinnen der Milch, zur Käseherstellung", erläutert Dörfler. "Es gibt viele Arten von Labkraut, zum Beispiel Waldmeister. Auch da legen die Taubenschwänzchen ihre Eier ab." Nach sechs bis acht Tagen schlüpft die Raupe aus dem Ei, frisst sich am Labkraut dick und fett und verpuppt sich nach ungefähr zwei Wochen. Aus dieser Puppe schält sich dann das fertige Taubenschwänzchen. Die Lebenserwartung beträgt drei bis vier Monate. Und der Schlafplatz? Das sollte eine warme Steinmauer sein. Ist das richtige Revier einmal gefunden, ordentliches Futter, gute Bedingungen für die Kinder und ein gemütlicher Schlafplatz, bleibt das Taubenschwänzchen seinem Revier treu und zieht nicht mehr um.

Waldmeister auf einer Wiese
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Der Artist unter den Schmetterlingen

Wer diesen besonderen Falter also nahe seines Garten oder Balkons sichtet, kann sich über längeren Besuch freuen. Und ganz nebenbei eine paar artistische Schmetterling-Kunststücke beobachten: Das Taubenschwänzchen fliegt nicht nur rückwärts und mit 60 Flügelschlägen pro Sekunde. "Der Falter kann auch navigieren und mitschwingen, wenn sich Blüten im Wind bewegen", beschreibt Umweltschützer Dörfler die Fähigkeiten des seltenen Falters. Mitte August schlüpfen die ersten Puppen. Dann wird auch der Nachwuchs der Taubenschwänzchen über unsere Blüten schwirren.