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AstronomieVenus und Mond – die Bilder vom Rendezvous

28. April 2020, 13:59 Uhr

Venus ist Ende April der hellste Stern am Himmel und Sonntagabend hatte er eine Rendezvous mit dem Mond. Falls Sie es verpasst haben: Hier bekommen Sie die Bilder. Außerdem lüften wir ein Geheimnis. Forscher haben endlich herausgefunden, warum sich die Atmosphäre der Venus 60 Mal schneller dreht als der Planet selbst.

von Patrick Klapetz

Eine Computersimulation des zweiten Planeten unseres Sonnensystems: der Venus. Zu sehen ist die nördliche Hemisphäre. Bildrechte: NASA/JPL-Caltech

Schon jetzt strahlt die Venus jeden Abend. Am 30. April wird sie ihren größten Glanz haben. Mit -4,7 mag erreicht der zweite Planet unseres Sonnensystems seine höchste abendliche Leuchtkraft. Hinter der Bezeichnung "mag" verbirgt sich Magnitude, die scheinbare Helligkeit eines Objektes.  

Doch trotz ihrer Helligkeit verbirgt die Venus ein Geheimnis: Bereits in den 1960er-Jahren wurde auf der Venus eine Superrotation der Atmosphäre entdeckt. Diese bewegt sich 60-mal schneller um den Planeten als dieser sich um seine eigene Achse dreht. Nun haben japanische Forscher herausgefunden, was hinter diesem Phänomen steckt. 

Venus trifft Mond

Schon kurz nach Sonnenuntergang näherten sich Mond un Venus an. Bildrechte: MDR / Gerald Perschke
Die Venus ist zur Zeit der hellste Stern am Abendhimmel. Bildrechte: MDR / Gerald Perschke
Drei Tage nach Neumond nimmt er langsam wieder zu. Bildrechte: MDR / Gerald Perschke
Länger belichtet erahnt man auch ein wenig die Mondoberfläche. Bildrechte: MDR / Gerald Perschke
Romantisch? Vielleicht. Aber das Bild zeigt auch, wie hell die Venus derzeit ist. Bildrechte: MDR / Gerald Perschke
Leider ein wenig verwackelt. Der Fotograf war völlig überrascht, als ein Flugzeug Mond und Venus passierte - der Streifen mit den wiederkehrenden Lichtpunkten unten. Bildrechte: MDR / Gerald Perschke

Der Venustag ist länger als das Venusjahr

Dass sich die Atmosphäre schneller bewegt als der Planet selbst, klingt erst einmal nicht spektakulär. 60 Mal schneller ist jedoch merkwürdig. Im Fall der Venus wird klar, was das bedeutet: Unsere innere Nachbarin hat eine sehr langsame Eigenrotation. Ungefähr 243 Erdentage brauchte sie für eine Drehung um sich selbst und das auch noch in Ost-West-Richtung – die meisten anderen Planeten drehen sich entgegengesetzt. Um einmal um die Sonne zu wandern, braucht der Planet 225 Tage. Ein Tag auf der Venus ist somit länger als ein Venusjahr. 

Ihre dichte Atmosphäre braucht dagegen für eine Umrundung der Venus nur vier Erdentage – die sechszigfache Geschwindigkeit der Eigenrotation. Je nachdem in welcher Höhe man dieses Phänomen beobachtet, nimmt die Rotationsgeschwindigkeit der Atmosphäre zu oder ab. Langsamer wird sie in Bodennähe. Durch die schnelle Bewegung der Atmosphäre bleibt die Temperatur der Oberfläche relativ konstant bei glühenden 450 Grad Celsius – egal ob bei Tag oder bei Nacht. Damit ist die Venus der heißeste Planet in unserem Sonnensystem. In den oberen Atmosphären herrscht dagegen klirrende Kälte bei durchschnittlich -43 bis -173 Grad Celsius. Der venuseigene Treibhauseffekt ist außer Kontrolle.

Morgendämmerung im Einsatz

Um die Vorgänge auf der Venus besser zu verstehen, hat die japanische Raumfahrtbehörde JAXA im Jahr 2010 eine Raumsonde zur steinernen Liebesgöttin geschickt. Die Venussonde Akatsuki (dt.: Morgendämmerung) kam pünktlich bei ihrem Objekt der Begierde an, konnte jedoch fünf Jahre lang nicht wie geplant funktionieren. Erst 2015 gelang es, sie in die Venusumlaufbahn zu lenken. Seitdem untersucht die Morgendämmerung das Klima und die Atmosphäre des Planeten.  

Das Forschungsteam entwickelte dafür eine neue und hochpräzise Methode: Mit den Ultraviolett- und Infrarotkameras des Raumschiffs können Wolken in einer Höhe von 50 Kilometern über dem Boden verfolgt werden. Dadurch lassen sich über die Bildauswertung die Windgeschwindigkeiten berechnen. Dies ermöglicht, die Turbulenzen der Superrotation und die atmosphärischen Wellen genauer zu ergründen.

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Eine Flutwelle aus Tag und Nacht

Der Projektleiter des internationalen Forschungsteams, Takeshi Horinouchi von der Hokkaido-Universität, beschreibt: "Seit die Superrotation in den 1960er-Jahren entdeckt wurde, ist der Mechanismus hinter ihrer Bildung und Erhaltung ein Rätsel.“ Nun, nach über einem halben Jahrhundert, zeigt sich, dass diese Superrotation vermutlich ewig währen wird. Atmosphärische Flutwellen aus Luft in Äquatornähe sind Schuld daran. Angetrieben werden sie von der Sonne.

Diese erwärmt die Atmosphäre auf der Tagseite des Planeten. Durch die Sonnenerwärmung werden die atmosphärischen Flutwellen befeuert und rasen auf die Nachseite hinzu. Dort treffen sie auf die kältere Atmosphäre der Nachtseite. Normalerweise würde die atmosphärische Rotation allmählich ihr Ende finden. Doch durch die ständige Erwärmung der Sonne und die langsame Eigenrotation des Planeten, ist dies nicht der Fall.  

So haben Sie die Venus noch nie gesehen

Die nördliche Hemisphäre der Venus als computersimuliertes Gesamtbild. Bildrechte: NASA JPL
Ein 3D-Modell der Venus. Zu sehen ist das Gebiet des Sapas Mons, eines 1,5 km hohen Schildvulkans in der Nähe des Äquators. Bildrechte: NASA JPL
Auf dieser 3D-Aufnahme erkennt man die Region des Maat Mons, des höchsten Vulkans der Venus. Er erhebt sich rund acht km über den mittleren Planetenradius. Bildrechte: NASA JPL
Auf diesem hochauflösenden Bild der Venus ist das System der Lavaströme zu beobachten. Aufgenommen wurde es per Radar durch die dichten Wolkenschichten. Bildrechte: NASA JPL
Das hochauflösende Foto zeigt den Wheatley Krater der Venus. Er hat einen Durchmesser von 72 Kilometern. Bildrechte: NASA Planetary Photojournal
Zum Abschluss noch eine andere Perspektive auf die Venus. Bildrechte: NASA JPL

Auf der Erde könnte dieses Phänomen ebenfalls geschehen. Jedoch dreht sich unser Planet schneller und es gibt riesengroße Ozeane, die einfache Windströme auflösen. Auf der Venus gibt es diese Faktoren nicht. In 70 Kilometer Höhe jagt ein heftiger Ostwind mit 360 Stundenkilometern die Schwefelsäurewolken über den Planeten – die atmosphärische Superrotation. Ein Orkan der Windstärke zwölf hat dagegen nur ein Drittel der Geschwindigkeit. 

Zwei Luftströme halten sich am Leben

Ein weiterer Grund für die Superrotation sind zwei thermische Wellen. In Nord-Süd-Richtung (meridionale Strömung) verlaufen diese langsamer. Doch entlang der Tag-Nacht-Seite wird der Wärmeaustausch viel schneller vorangetrieben. Darüber hinaus drücken diese meridionalen Ströme, die von den Polen kommen, die zonale Zirkulation zusammen. Diese bewegt sich entlang des Äquators. Beide Ströme sind aneinander gekoppelt und halten sich gegenseitig am Leben.  

Dise Grafik zeigt die unteren Venuswolken (links), die mit der Akatsuki IR2-Kamera beobachtet wurden. Die hellen Teile zeigen, wo die Wolkendecke dünn ist. Sie können die Streifenstruktur im Planetenmaßstab innerhalb der gelb gepunkteten Linien sehen. (rechts) Die durch AFES-Venus-Simulationen rekonstruierte Streifenstruktur im Planetenmaßstab. Die hellen Teile zeigen einen starken Abfluss. Bildrechte: JAXA/ Takeshi Horinouchi / Yoshi-Yuki Hayashi / Shigeto Watanabe / Manabu Yamada / Atsushi Yamazaki /Toru Kouyama / Makoto Taguchi / Tetsuya Fukuhara / Masahiro Takagi /Kazunori Ogohara / Shin-ya Murakami / Javier Peralta / Sanjay S. Limaye / Takeshi Imamura / Masato Nakamura / Takao M. Sato / Takehiko Satoh

Javier Peralta, einer der beteiligten Forscher, vermutet, dass sich die Windgeschwindigkeit je nach Oberfläche ebenfalls verändert. Grund dafür können Gebirgswellen und Reibungswiderstände sein. Da die oberen Wolkenschichten den größten Teil der Sonnenenergie aufnehmen, ist die atmosphärische Superrotation in den oberen Schichten schneller als in Bodennähe. 

Diese Grafik zeigt den Mechanismus, der für die Streifenstruktur im Planetenmaßstab verantwortlich ist. Die durch Rossby-Wellen verursachten Riesenwirbel (links) werden von den Jet-Streams hoher Breite gekippt und dehnen sich aus (rechts). Innerhalb der gestreckten Wirbel wird die Konvergenzzone der Streifenstruktur gebildet, es kommt zu einer Abwärtsströmung und die unteren Wolken werden dünn. Die Venus dreht sich nach Westen, sodass die Jetstreams auch nach Westen blasen. Bildrechte: JAXA/ Takeshi Horinouchi / Yoshi-Yuki Hayashi / Shigeto Watanabe / Manabu Yamada / Atsushi Yamazaki /Toru Kouyama / Makoto Taguchi / Tetsuya Fukuhara / Masahiro Takagi /Kazunori Ogohara / Shin-ya Murakami / Javier Peralta / Sanjay S. Limaye / Takeshi Imamura / Masato Nakamura / Takao M. Sato / Takehiko Satoh

Veröffentlicht wurden die Projektdaten in der Studie "How waves and turbulence maintain the super-rotation of Venus’ atmosphere“ im Science-Magazin.

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