Externe Kosten des Verkehrs Der Preis des Lärms

25. Juli 2019, 13:03 Uhr

Schlafstörungen, Stress, schlechte Laune. Lärm hat viele negative Folgen. Und die haben ihren Preis, den Wissenschaftler aus Dresden berechnen.

Was kostet es, wenn ein Auto nachts mit Vollgas durch eine Wohnsiedlung rast und mehrere Anwohner aus ihrem Schlaf reißt? Mal eine Nacht geweckt zu werden, ist kein Problem, aber Nacht für Nacht dauerhaftem Lärm ausgesetzt zu sein, ist gesundheitsgefährdend und damit auch ziemlich teuer.

Verkehrslärm zählt zu den so genannten externen Kosten, die nicht vom Verursacher getragen, sondern auf die Gesellschaft abgewälzt werden. Verkehr im Allgemeinen erzeugt jede Menge dieser externen Kosten: Unfälle und die Folgen; Abgase, die Gesundheit und Klima schädigen; der Verlust von Boden durch Versiegelung; Lärm mit seinen Folgen. An der Technischen Universität Dresden forscht Udo Becker, Professor für Verkehrsökologie an den Ausmaßen dieser Kosten. Für ein durchschnittliches deutsches Auto hat er mal nachgerechnet: „Der mittlere deutsche PKW verursacht jedes Jahr ungedeckte Kosten von 2200 Euro pro Jahr“. Der Anteil des Lärms an den Kosten hängt von verschiedenen Faktoren ab. Becker schätzt ihn zwischen 10 und 100 Euro pro Auto pro Jahr. Woher kommen diese Kosten? Immobilien, die an lauten Straßen, Bahntrassen oder in der Nähe von Flughäfen sind, in der Regel weniger wert. Hier zeigen zahlreiche Umfragen, dass Menschen weniger zu zahlen bereit sind, je lauter es an einer Immobilie ist. Schätzungen ergeben Kosten von ca. 40 Milliarden Euro pro Jahr durch den Wertverlust von Immobilien.

Gravierender sind allerdings die gesundheitlichen Auswirkungen von Lärm und die dadurch entstehenden medizinischen Behandlungskosten. Lärm begünstigt Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die behandelt werden und neben dem nicht quanitifzierbaren Leid auch Kosten für die Betroffenen und die Krankenkassen haben: „Das sind massive Kosten, bei einem mittleren Auto rechnet man 10 bis 100 Euro Lärmkosten je Jahr und wenn sie besonders viel nachts fahren, und sie haben einen kaputten Auspuff, dann ist das auch mal ein 500 Euro Schein, den sie jedes Jahr an Kosten produzieren“, so Udo Becker. Die Grundlagen für diese konkreten Zahlen findet Udo Becker in öffentlichen Statistiken oder in Studien der deutschen Krankenkassen.

Bei einem durchschnittlichen Auto rechnet man 10 bis 100 Euro Lärmkosten je Jahr.

Udo Becker - Professor für Verkehrsökologie

Die Kosten für Lärm und andere Umweltschäden will der Professor für Verkehrsökologie nicht dem einzelnen Autofahrer aufdrücken. Es geht ihm darum, die Verkehrsteilnehmer zu informieren: "Du verursachst hier Kosten, das ist nicht vollständig gedeckt. Überleg mal, was man ändern kann. Kannst du nicht mit dem Nachbarn fahren? Kannst du nicht in der Nähe einkaufen gehen? Kannst du nicht zwei Fahrten zusammenlegen? Würde das gemacht, würden Kosten nicht entstehen, für den Einzelnen und für die Gesellschaft nicht. Und damit die Menschen auch wirklich im Kopf richtig balancieren zwischen den Kosten und den Nutzen, da müsste es Preissignale geben."

Jedes Verkehrsmittel müsste laut der Verkehrsökologie alle Umweltschäden einpreisen. Pkw müssten mehr bezahlen, öffentliche Verkehrsmittel weniger, da sie mehr Menschen transportieren. Am Ende könnte so der 'wahre' Preis des Verkehrs stehen, der neben Anschaffungskosten, Benzinpreisen oder Fahrttickets eben auch Folgekosten enthält. Er könnte uns dazu bringen, über eine alternative Mobilität nachzudenken. Eine möglicherweise leisere und gesündere Mobilität.

Über dieses Thema berichtet MDR ... auch im ... : MDR LexiTV | 25.04.2018 | 15:00 Uhr