Sonnenaufgang im nebeligen Hochmoor Kendlmuehlfilzen
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Klimaschutz und Landnutzung Wir brauchen neue "nasse" Moore

14. September 2019, 15:00 Uhr

Fünf Prozent der Fläche Deutschlands sind Moorgebiete. Ein wichtiger Faktor für unsere Umwelt und den Klimaschutz. Aber leider sind die meisten von ihnen bereits ausgetrocknet. Das hat Folgen für unser Klima. Wissenschaftler fordern deshalb eine Wiederbelebung der Moore, eine neue, "nasse" Nutzung.

„Moore wachsen sehr langsam“, sagt Dominik Zak vom Berliner Leibniz- Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei. „Ein bis zwei Millimeter pro Jahr ist so eine Zahl.“ In den letzten 10.000 Jahren, also nach der letzten Eiszeit, haben sie eine Moormächtigkeit von bis zu 10 Metern entwickelt, rechnet Zak vor.

Diese Moore sind entwässert worden.

Dominik Zak, Leibniz- Institut für Gewässerökologie

Viele Hochmoore haben sich durch Niederschläge seit der letzten Eiszeit gebildet. Andere durch wasserundurchlässige Erdschichten, auf denen sich Schmelzwasser bildete. Einst waren mehr als fünf Prozent Landfläche in Deutschland von Hoch- und Niedermooren, Überflutungs-, Verlandungs-, Quell- und anderen Moortypen bedeckt. In Sachsen etwa ist das Dubringer Moor ein sogenanntes Durchströmungsmoor, in Thüringen gilt das Schützenbergmoor als Hochmoortyp.

Die meisten Moore sind ökologisch "tot"

Holzweg durch das Schwarze Moor in der Thüringer Rhön
Ein Holzweg durch das schwarze Moor (Thüringen, Hessen, Bayern) Bildrechte: imago images / blickwinkel

Doch egal wo: 95 Prozent aller deutschen Moore sind ökologisch „tot“. Da Moore nur durch sie gefiltertes, nährstofffreies Wasser an die unterliegenden Grundwasserschichten, Seen, Bäche und Flüsse abgeben, werden sie oft auch als "Nieren der Landschaft" bezeichnet. Diese Filterflächen funktionieren nicht mehr, sie sind entwässert worden, werden zum Teil land- und forstwirtschaftlich genutzt, oder sind bebaut. Mit erheblichen Folgen sagt Franziska Tanneberger vom "Greifswald-Moor-Centrum" an der Universität Greifswald.

Denn heute wissen wir, so Tanneberger, dass die trockenen Moore massive Mengen an CO2 emittieren. "Also der Kohlenstoff wird sozusagen aufgebraucht, es tritt Sauerstoff heran, das Wasser ist nicht mehr da, was den Torf geschützt hat, und dadurch entstehen sehr sehr hohe CO2-Emissionen."

Das können 30 bis 40 Tonnen pro Hektar und Jahr eines entwässerten Moorbodens sein, hier in unseren Breiten. Und mit diesem Wissen heißt es jetzt einfach, diese Böden anders zu nutzen als in der Vergangenheit.

Franziska Tanneberger, Universität Greifswald

Darum ging es bei der Internationalen Konferenz "Wetscapes", die vor kurzem an der Universität Rostock stattfand. 150 internationale Moorexperten diskutieren, wie sich eine Wiedervernässung der Moore auf Boden, Pflanzen und Treibhausgasemissionen auswirkt, und wie diese mit land- und forstwirtschaftlichen neuen Methoden kombiniert werden kann. Denn es reicht nicht, einfach wieder Wasser auf die einstigen Moorflächen zu schütten, sagt die Biologin Nicole Wrage-Mönnig von der Universität Rostock, dann das Wasser würde einfach an der Seite ablaufen.

Das Andere ist, das sind Flächen, die landwirtschaftlich genutzt wurden und werden, und man kann den Landwirten nicht einfach sagen, so, wir machen da jetzt Wiedervernässung, sucht euch was anderes, wo ihr arbeiten könnt.

Nicole Wrage-Mönnig, Universität Rostock

Dass überhaupt die Wiedervernässung der Moore in Gang kommt, hat auch mit einer neuen Erkenntnislage zu tun. Wissenschaftler verstehen heute die Klimawirkung der Moore viel besser. Trockene Moore emittieren entweder Kohlendioxid, oder wenn sie nass sind Methan.

Auch "neue" Moore erzeugen Methan

Zeitweise können wiedervernässte Moore erhebliche Mengen des klimaschädlichen Gases Methan freisetzen, so ist ein Punkt, "dass man viel besser weiß bei diesen Flächen, wo hohe Methanemissionen entstanden sind, wo das herkam", so Moor-Expertin Tanneberger. "Das lag zum Teil an Biomasse, die einfach noch auf der Fläche drauf war, und dann war das wie ein Biogasreaktor, dass das Ganze dort verwertet wurde."

Das heißt, man kann identifizieren, an welchen Schrauben man drehen kann, so dass bei einer Wiedervernässung ein optimales Klimaergebnis rauskommt. Mit möglichst wenig Methanemissionen.

Franziska Tanneberger

Wie wichtig dieser Aspekt ist, zeigt der Blick nach Mecklenburg-Vorpommern. Hier sind 13 Prozent der Fläche mit entwässerten Mooren bedeckt. Von ihnen stammen derzeit ein Drittel der gesamten Treibhausgasemissionen. Auch darum ist das Projekt "Wetscapes" der Unis Greifswald und Rostock ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz. Zugleich wird aber auch im Rahmen von "Wetscapes" an neuen Nutzungsmöglichkeiten der wiedervernässten Moore geforscht.

Wir haben verschiedene Varianten, wie man diese Moore dort nutzen könnte. Wenn man diese Biomasse, die dort wächst, also Rohrkolben, Schilf als Baumaterial verwendet. Viele kennen Reetdächer auf den Häusern, das ist ein Baumaterial aus einem nassen Moor.

Nicole Wrage-Mönnig

Letztlich dient das “Wetscape“-Projekt nicht nur den deutschen Mooren, sondern ist auch international Teil des Pariser-Klimaschutz-Abkommens, so Biologin Nicole Wrage-Mönnig: "Wir haben hochgerechnet, seit 1980 sind in Deutschland 70.000 Hektar wiedervernässt worden. Das war eine erhebliche Anstrengung, aber es reicht bei Weitem nicht aus, wenn wir die Pariser Ziele erreichen wollen. Dann müssen wir in den kommenden Jahren jährlich 50.000 Hektar wiedervernässen, um diese 1,8 Millionen Hektar in Deutschland zu erreichen."

(gp)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 15. September 2019 | 09:20 Uhr

2 Kommentare

MDR-Team am 16.09.2019

Vermutlich meinen Sie den Moorbrand in Meppen, bei dem der Abschlussbericht des Verteidigungsministeriums zeigte: Es gab viele Fehler. Wir entnehmen Ihrem Kommentar, dass Ihrer Meinung nach Konsequenzen für Frau von der Leyen hätten folgen müssen, die es ihr nicht ermöglicht hätten, Präsidentin der Europäischen Kommission zu werden. Das mag Sie sehr verärgern, steht aber in keinem Zusammenhang zu unserem Artikel. Für die hier erwähnte Austrocknung der Moore ist Frau von der Leyen nicht verantwortlich.
Viele Grüße aus der MDR-Wissen-Redaktion

part am 14.09.2019

Es gab da letztes Jahr in der BRD einen ausgedehnten Moorbrand, der Wochen andauerte und sogar von der ISS aus sichtbar war. Leider hat dieses Land zu viele Truppenübungsplätze, die zwar kleine ökologischen Nischen bilden aber keine Beständigkeit im Umweltschutz. Leider wurde die Hauptverantwortliche für die Raketenübungen als Aulöser der Umweltkatastrophe in diesem Jahr weggelobt nach Brüssel, Folgen hatte die Dienstpflichtvernachlässigung wohl keine?