Unser Immunsystem | Teil 3 Teil 3 | Wie das Immunsystem genau funktioniert

26. Oktober 2021, 13:26 Uhr

Unser Immunsystem wird mit Krankheitserregern wie Viren, Bakterien oder auch Pilzen fertig. Doch was genau ist das Immunsystem und wie funktioniert es? Anhand wichtiger Kernfragen geht MDR WISSEN seiner Funktionsweise auf den Grund. Diesmal wollen wir genau wissen, welche biologischen Abläufe unser Immunsystem ausmachen? Welche Rolle spielen Fresszellen und T-Zellen? Und warum ist kein Immunsystem wie das andere?

Grafik: Antikörper attackieren und zesrtören Bakterien 4 min
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Mit dem Wunderwerk Immunsystem kommen wir Menschen schon auf die Welt. Nach einer "genetischen Lotterie" enthält es Milliarden von Immunantworten auf verschiedene potentielle Angreifer. In Form sogenannter Fresszellen wandert unser Immunsystem rund um die Uhr durch unseren Körper. Entdecken die Rezeptoren der Fresszellen bestimmte Krankheitserreger, starten sie ihren Vernichtungsprozess.

Einzigartig wie ein Fingerabdruck

Dabei ist kein Immunsystem wie das andere. Einzigartig wie ein Fingerabdruck ist es. Selbst die Immunsysteme eineiiger Zwillinge unterscheiden sich, weswegen auch diese Menschen ganz unterschiedlich auf Infektionen oder die Entstehung von Autoimmunkrankheiten reagieren. Die Unterschiede erklärt Prof. Dr. Thomas Boehm, Direktor am Max-Planck-Institut für Immunbiologie und Epigenetik in Freiburg im Breisgau, damit, dass das Repertoire der spezifischen Rezeptoren in jedem Individuum anders ausfällt.

"Das funktioniert so, dass wir in unseren genetischen Informationen eine Bauanleitung mitbekommen. Das sind dann sozusagen einzelne Lego-Bausteine, die während der Entwicklung unseres Immunsystems zu einem kleinen Häuschen zusammengebaut werden müssen." Und wie der eine gern mehr blaue und der andere lieber mehr rote Steinchen verbaue, sehe am Ende eben jedes Häuschen ein bisschen anders aus, so Boehm.

Spezifika der Rezeptoren unterschiedlich

Wissen

Text auf Zelle 51 min
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Auch die Spezifika der Rezeptoren, mit denen die Fresszellen die verschiedenen Erreger über deren Oberflächen-Proteinstruktur erkennen können, sind von Individuum zu Individuum unterschiedlich. Das führt dazu, dass viele der Fresszellen, die durch den Körper schwimmen, niemals eine Zelle zum Andocken finden. Andere wiederum finden eine Zelle, zu der sie passen wie der einzige Schlüssel zu einer geheimnisvollen Tür. Und was passiert dann? "Diese Fresszellen versuchen, dieses Bakterium zu eliminieren, geben aber auch Signale an die Umgebung ab, die dann das spezifische Immunsystem in Stellung bringen", erklärt Boehm.

Passende Fresszelle nicht sofort vor Ort

Illustration - Immunzellen 3 min
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Wie unser Immunsystem funktioniert ist weitgehend bekannt. Aber wir wissen noch lange nicht alles. Wie zum Beispiel schaffen es Immunzellen, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein?

MDR AKTUELL Mo 06.01.2020 09:56Uhr 02:52 min

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Fresszellen gibt es für alle Eindringlinge. Letztere kommen über die Haut oder auch über das Blut in den Körper. Meist dringen sie aber dort ein, wo sich gerade keine Fresszelle befindet. Obendrein ist die Chance, dass sich zum Zeitpunkt der Infektion genau die passende Fresszelle an der richtigen Stelle des Körpers befindet, relativ gering, erklärt Boehm: "Das heißt also, wenn mich jetzt Sars-Cov-2 in der Nase infiziert und die Zelle, die dieses Virus erkennen kann, zufällig gerade an der linken Kniescheibe vorbeikommt, dann dauert es eine Weile, bis diese Zelle in der Nase angekommen ist, um diese Immunreaktion in Gang zu setzen."

Angeborenes Immunsystem schlägt zuerst Alarm

In diesem Falle, so Boehm, müsse erst durch das unspezifische, angeborene Immunsystem, das zuallererst auf Eindringlinge reagiert, die ganze Sache in Alarmbereitschaft versetzt werden. "Dann sind die Zellen alle irgendwie, sagen wir mal salopp, aufgeregt, beschleunigen dann ihre Wanderungen, kommen dann in die Gegend, wo tatsächlich etwas ist. Und dann kann plötzlich diese Zelle erkannt werden, die das Virus in sich trägt und zur Vermehrung gebracht hat." Haben die Fresszellen erst einmal Alarm geschlagen, wandeln sich andere Zellen in richtige Antikörper-Fabriken, die dann vor allem im Blut dafür sorgen, dass der Eindringling unschädlich gemacht wird.

T-Zellen bohren befallene Zellen an

Andere Helfer wie die sogenannten T-Zellen befreien bereits befallene Zellen von einem Virus. Dafür haben sie eine Art "Handwerkerkoffer" dabei, wie es Prof. Dr. Fred Zepp, ehemaliger Direktor des Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin der Universität Mainz, umschreibt: "Denn die T-Zellen sind in der Lage zu erkennen, dass eine unserer Körperzellen [...] durch ein Virus infiziert wurde. Und dann setzen sie sich außen drauf und bohren kleine Löcher in die Wand dieser virusinfizierten Zelle, sodass die anderen Abwehrsysteme wieder eingreifen können. Also alles greift ineinander, es ist hochkomplex, und zum Zeitpunkt der Geburt sollte es fertig sein."

Und sich von dem Tag an auch weiterentwickeln. Denn das ganze Leben lang lernt unser Immunsystem. Nur wenn wir alt werden, so etwa ab dem 50. Lebensjahr, wird auch unser Immunsystem müde und lässt nach. Das ist übrigens der Grund, warum Mediziner stets empfehlen, die Abwehrkräfte zu stärken. Dazu gehört zum Beispiel ein gesunder Darm, viel Trinken und immer in Bewegung bleiben.

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